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Film: PFAU – BIN ICH ECHT?

Echt jetzt? Nein!

20.02.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 20, Februar 2025
PFAU – BIN ICH ECHT?
Österreich  /  2024
Drehbuch und Regie: Bernhard Wenger
‚Mit: Albrecht Schuch, Anton Noori, Julia Franz Richter, Maria Hofstätter u.a.

Echt jetzt? Nein!

Wie sehr sind Menschen bereit, anderen Menschen etwas vorzuspielen? Wie sehr sind Menschen bereit, das zu glauben, was andere Menschen ihnen vorspielen? Gehört es nicht zu den alltäglichen Lügen – dem Partner Liebe, dem Chef Bewunderung, dem Kunden Freundlichkeit, den Kindern Autorität, den Freunden Anteilnahme vorzumachen, obwohl man es gar nicht empfindet? Das Feld der Täuschung ist weit.

Was aber, wenn man es zum (lukrativen) Geschäftsmodell entwickelt? Das ist die Grundidee des österreichischen Regisseurs Bernhard Wenger, wenn es in „Pfau – Bin ich echt?“ darum geht, Notwendigkeiten für zahlende Kunden bereit zu stellen. Keine Täuschung, die sich nicht mit Schauspielern oder Matthias, dem Besitzer der Agentur My Companion“ selbst (Albrecht Schuch), souverän herstellen ließe. Rent a friend – Sie wünschen, wir liefern. Nun kann man den anderen Leuten so erscheinen, wie man wahrgenommen werden will. Muss das eigentlich so sein? Zwingt uns die Gesellschaft dazu? Reicht die unspektakuläre Realität nicht aus? Die Frage steht im Raum und ist letztendlich das Thema des Films.

Bei so viel Wirbel, Scheinwelten zu erzeugen, vergißt man leicht, dass es auch noch echtes Leben gibt. Und dass Freundin Sophia (Julia Franz Richter) es gern mit einem Echtmenschen zu tun hätte. Wenn sie weg ist und Matthias sie wieder gewinnen will, fällt ihm allerdings auch wiederum nichts anderes als eine Täuschung ein … die von Sophia gleich und dem Kinobesucher auch schnell durchschaut wird.

Das Problem unserer Zeit, dass Menschen sich selbst vor anderen beneidenswert ideal darstellen wollen (durch die Sozialen Medien zu einem Mega-Problem geworden), kristallisiert sich in vielen Episoden heraus, die manchmal etwas erratisch-sprunghaft verlaufen. In diesem Film, der auch immer wieder sehr amüsant ist, ragen zwei der Fälle dann heraus. Wenn Matthias einer unglücklichen Ehefrau (Maria Hofstätter) gewissermaßen Nachhilfeunterricht gibt, wie sie sich im Gespräch mit ihrem verständnislosen Mann durchsetzen könnte, gelingt das der Frau – sogar so weit, dass sie den Gatten verlässt. Dieser allerdings (in Gestalt des herrlich verzweifelten  Branko Samarowski) rastet aus und weiß, wer an seinem „Unglück“ schuld ist…

Wenn Matthias sich selbst nach und nach in Frage stellt und nach einem kurzen Abenteuer mit einer sympathischen Norwegerin (Theresa Frostad Eggesbø) zweifeln muss, ob sie vielleicht nur ein Fake war (was kann man glauben, wenn man selbst nie die Wahrheit sagt`?), kulminiert sein nach und nach erwachter Widerwille gegen den selbst geschaffenen Schein bei der Geburtstagsparty eines reichen alten Herren, der seinen Bekannten – um die nicht vorhandene heile Familie vorzuspielen – einen „aus Amerika eigens zum Fest angereisten“ erfolgreichen Sohn präsentieren möchte. Da will Matthias schon nicht mehr, zumal nicht, bei so widerlichen Leuten. Das Fest findet in einer Wellness-Oase statt, wo gerade Schlammbäder angeboten werden. Nach einer Provokation des Alten rauscht Matthias ab – und kommt nackt, über und über mit Schlamm bedeckt wieder. Aber was als Sprengung der Lüge gedacht war – ja, das wird rasch zur „Performance“ erklärt und heftig beklatscht… Womit Wenger nicht nur der Verlogenheit einer Gesellschaft, sondern auch der Verlogenheit moderner Künste eine schallende Ohrfeige versetzt. Und Albrecht Schuch, der diesen Film souverän auf seinen Schultern trägt, fährt zur Hochform auf.

Dabei ist all das mehr als nur eine Gesellschaftssatire. Es ist fast eine philosophische Frage: Sein und Schein. Sie begleitet den Menschen durch seine Geschichte.

Renate Wagner

 

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