Filmstart: 10. April 2025
PARTHENOPE
Italien, Frankreich / 2024
Drehbuch und Regie: Paolo Sorrentino
Mit: Celeste Dalla Porta, Peppe Lanzetta, Stefania Sandrelli u.a.
Wenn Regisseure träumen
Parthenope war eine der Sirenen, die versuchten, Odysseus mit ihrem Gesang an Land zu locken. Das gelang bekanntlich nicht, weil der kluge Mann sich an einen Mast seines Schiffes festbinden ließ. Trotz dieses Mißerfolgs gilt Parthenope heute als die Muse Neapels, der „schönsten Stadt der Welt“. Und Regisseur Paolo Sorrentino hat sie als die verführerische Traumfrau schlechthin auf die Leinwand gezaubert. Wobei er zugleich seiner Heimatstadt Neapel huldigt. Hochglanz. Sexy. Und oft und oft pervers, skurril, absurd.
Gerade hört man ihre Mutter noch bei der Geburt schreien, da ist – Schnitt – Parthenope 18 und in Gestalt von Celeste Dalla Porta („celeste“ heißt himmlisch!) die Schönheit schlechthin. Sie schlendert gelassen und lasziv durch den Film, die Kamera zelebriert ihr Aussehen von allen Seiten, und so, wie sie sich geheimnisvoll gibt, ist sie keine Frau aus Fleisch und Blut, sondern ein Männertraum, auf Zelluloid gebannt (wie man früher gesagt hätte – man weiß schon, dass Filme heutzutage nur noch digital sind).
Die längste Zeit gleitet sie von Mann zu Mann, becirct alle (auch in einer kurzen Episode Gary Oldman als ältlichen amerikanischen Schriftsteller), bleibt aber immer quasi unerreichbar, was ja der älteste aller Frauentricks ist.
Nach und nach nimmt Paolo Sorrentino (der auch das schwelgerische Drehbuch geschrieben hat) sie in drei Welten mit, die mit Neapel zusammen hängen (die Antike lässt er seltsamerweise aus). Die Welt des Films, wo in einer schrecklichen Szene zwei nackte, verschreckte junge Leute vor einer geilen Zuseherschaft kopulieren müssen und eine alte Diva, Sophia Loren wie aus dem Gesicht geschnitten, ihre Heimatstadt Neapel beschimpft (die Loren ist bekanntlich in Neapels Nebenort Pozzuoli aufgewachsen).
Die Welt der Religion, wo – ganz schön pervers – eine nackte, mit Kirchenjuwelen behängte Parthenope sich von einem Kardinal (der eingestandenerweise Papst werden will) lüstern betrachten und befummeln lassen muss, während er sie in roter Unterhose umkreist.
Die Welt der Universität schließlich, wo ein alter Professor ihrem klugen Köpfchen erliegt, scheint solider, aber wenn der alte Mann ihr seinen Sohn zeigt, der ein aufgeblähtes Monster ist (aus Wasser und Salz, wie es heißt), kann es einem schon den Magen umdrehen.
Hat man zweieinviertel Stunden lang mit Parthenope also mehr Seltsames als Reales erlebt, sieht man sie – und sie ist es nicht mehr, sondern Stefania Sandrelli, die ihr zwar nicht wirklich ähnlich sieht, aber auch in späteren Jahren noch eine schöne Frau ist – als von ihren Studenten akklamierte, aber einsame Uni-Professorin. Sie lächelt allerdings so geheimnisvoll wie immer…
Wenn der Regisseur meint, dass der Kinobesucher dem Zauber seiner Hauptdarstellerin erliegt, so geht seine Rechnung auf. Der Film, den er um sie gebaut hat, ist allerdings so artifiziell (und das auch noch so zerdehnt), dass man immer wieder die Lust daran verliert.
Renate Wagner