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Film: ONE TO ONE: JOHN & YOKO

Von der Bitch zur Witch

24.06.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 26. Juni 2025
ONE TO ONE: JOHN & YOKO
Dokumentation  / USA  / 2025
Regie: Kevin MacDonald
Mit: John Lennon, Yoko Ono und vielen ihrer Zeitgenossen

Von der Bitch zur Witch

Sie waren eines der berühmtesten Paare der Welt, beobachtet auf Schritt und Tritt, viel kritisiert auch, vor allem der weibliche Teil, denn nicht nur die Beatles standen der Japanerin Yoko Ono kritisch gegenüber, als sie in das Leben des um sieben Jahre jüngeren John Lennon trat. Das war wohl nicht nur Rassismus, wie auch behauptet wurde, sondern die Ahnung, die sich schnell bewahrheitete, dass sie der Spaltpilz der Beatles sein würde.

John heiratete die Performance-Künstlerin 1969, schon 1970 trennten sich die Beatles, und Yoko und John wurden auch künstlerisch ein Paar. Der schottische Regisseur Kevin MacDonald, von dem es verschiedene Spiel- und auch Dokumentarfilme gibt, die man nicht auf einen Nenner bringen kann, hat sich die beiden nun vorgenommen – in einer ganz bestimmten, signifikanten Periode ihres Lebens.

Es ist keine biographische Darstellung der üblichen Art geworden, die Beziehung vom Anfang bis zum Ende erzählt, aus dem Off kommentiert und dazu bildlich Bekanntes von einst mit gelegentlichen Selbstaussagen garniert. Vielmehr lässt der Regisseur (mit wenigen Ausnahmen) nur erhaltenes Filmmaterial von einst sprechen, sowohl dicht an John und Yoko, aber auch Zeitgenössisches aus jenem Anfang der 70er Jahre, auf die er seinen Film beschränkt.

Damals gingen John und Yoko nach New York und wandelten sich angesichts des Vietnam-Krieges und den gesellschaftlichen Unruhen zu unermüdlichen politischen Aktivisten. Dazu kann man viele ihrer Telefongespräche hören – als sie den Verdacht hatten, das FBI höre ihre Gespräche ab, haben sie diese auch selbst aufgezeichnet. Sie gehören zu den Unmengen von unbekanntem Materials, das Kevin MacDonald zur Verfügung stand.

lennon, john & ono, yoko

Lennon, John & Ono, Yoko

Krieg und Politik an der Spitze, aber auch andere Themen spielen prominent hinein, vor allem der Feminismus, wenn es um Yoko geht. An einer Stelle sagte sie, als sie als weibliche japanische Künstlerin im Westen arbeitete, nannte man sie „Bitch“, als sie an die Seite von John Lennon trat, wurde sie zur „Witsch– vom Miststück also zur Hexe…

Es geht auch um die Auseinandersetzung mit den Eltern (denen Lennon einiges vorzuwerfen hatte), um ihr soziales Mitleid etwa mit den geistig Behinderten, von denen viele unter erbarmungswürdigen Umständen in Heimen vegetierten, um ihren Einsatz für Homosexuelle. Kurz, sie waren nicht nur Menschen ihrer, sondern gewissermaßen auch unserer Zeit.

Immer wieder sind selbstverständlich die Songs von damals, John allein oder mit Yoko, in dem Film zu sehen und zu hören, schließlich gibt es Teile des damaligen, berühmt gebliebenen One-to-One-Konzerts der beiden. Man kann sie  als radikale künstlerische Kommentatoren ihrer Zeit bezeichnen.

Der Film schreitet das Schicksal der beiden nicht bis zu Johns Ermordung im Jahre 1980 aus. Vielmehr sind es die typischen Eltern-Home-Videos nach der Geburt des Sohnes Sean Taro Ono Lennon im Oktober 1975, die am Ende stehen.

Diesem Sohn verdankt der Regisseur auch einen Großteil des Materials, das er in diesem Film verarbeiten konnte – und der in seiner ungezügelten Wildheit und teilweise Unübersichtlichkeit wohl die Welt, in die sich John mit Yoko begab, atmosphärisch am besten wiedergibt.

Renate Wagner

 

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