Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Film: MUFASA

Die vermenschlichten Löwen…

28.12.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

film mufasa vs2nhc0wih~1

Filmstart: 19. Dezember 2024 
MUFASA
USA  /  2024 
Regie: Barry Jenkins

 

 

 

 

 

Die vermenschlichten Löwen…

Der Zauber des Originals ist unvergänglich. Dreißig Jahre ist es her, dass Disney den „König der Löwen“ auf die Leinwand brachte, noch echter „Zeichentrick“, wie damals üblich, eine herrliche Geschichte mit tollen Figuren und der magischen Musik von Elton John. Heute eine Legende, die man immer wieder sehen kann – und seither ein Franchise, das in zahlreichen Versionen wieder verwertet wurde.

Vor einigen Jahren wagte man, die alte Geschichte neu zu erzählen, und zwar in der mittlerweile höchst entwickelten Technik des Fotorealismus – total künstlich und dabei völlig echt wirkend. Als gäbe es die sprechenden, liebenden und leidenden, quasi.-menschlichen Tiere wirklich. Denn das war ja immer Disneys Geheimnis, Tiere wie Menschen reagieren zu lassen – so dass das Publikum alle Gefühle in deren Miene und Gesten „lesen“ kann. So auch hier.

Wir kennen Mufasa, den nunmehrigen zentralen Helden, aus dem ersten „König der Löwen“, damals noch er König und liebevoller Vater des kleinen Simba. Dass Mufasa von seinem bösen Bruder Scar in den Tod getrieben wird, ist eines jener herzzerreißenden Todes-Ereignisse (man erinnert sich an den Tod von Bambis Mutter, über den man als Kind herzzerrissen geweint hat), mit denen Disney die Emotionen immer hochschaukelt. Nun, im ersten Film darf der erwachsen gewordene Simba den bösen Onkel, der den Thron usurpiert, stürzen und selbst der titelgebende König der Löwen werden.

Aber Hollywood hat das System der Sequels, der Fortsetzungen, und der Prequels, der Vorgeschichten, bis zur Meisterschaft ausgeschlachtet. Also hier die Vorgeschichte – wie Mufasa zum König der Löwen wurde, obwohl er doch ein Findelkind ohne königliches Blut war. Erzählt wird diese Geschichte für die kleine Kiara, die Tochter von Simba und seiner Gattin Nala, und der Erzähler ist Rafiki, der bekannte, bunte, weise Affe. Nun haben ja Animationen den Vorteil, dass sie nicht wie Menschen altern oder gar sterben und man nicht weiß, wie man sie wieder beleben kann (na ja, KI wird es schon machen). Aber jedenfalls können hier Timon und Pumbaa, das Erdmännchen und das Warzenschwein, wieder ihre Scherze treiben (wer hätte ihr „Hakuna Matata“ je vergessen?), und auch ein skurriler Vogel, der  Rotschnabeltoko Zazu, wird das Paradies der drolligen Tiere ergänzen.

Abgesehen davon, dass die afrikanische Steppe (herrliche „Landschaftsbilder“, wie echt!) natürlich ihre ganze „echte“ Tierwelt von Giraffe zu Elefant und alle anderen aufbietet. Der Film ist auch ein optisches Ereignis, wenn man sich nicht innerlich gegen Kunstwelten sperrt, die gegebenenfalls viel spektakulärer sind als die echten… Regisseur Barry Jenkins leistet auch in dieser Hinsicht Fabelhaftes.

Kiara hört also die Geschichte ihres Großvaters Mufasa, der als kleiner Junge als einziger eine Naturkatastrophe überlebt und von Taka gerettet wird. Man möchte es nicht glauben, dass dieser liebe Löwenjunge, der sich so freut, hier einen Bruder gefunden zu haben, später der böse Scar sein wird – aber im Lauf des Erwachsenwerdens bauen sich eben Rivalitäten um Rang und Frauen auf, und aus der innigsten Liebe kann unversöhnlicher Haß werden. Ist ja auch manchmal im Leben so.

Bis die Brüder auseinander driften, gibt es allerdings noch einen gemeinsamen Feind in Gestalt der „weißen Löwen“ (ein bißchen Putin, tauchen einfach auf und beanspruchen Land und Herrschaft), und wie immer macht es Disney den Zuschauern einfach – man weiß, wo die Guten und wo die Bösen sind (wenn sich nicht überraschende Wendungen ergeben). Die „Weißen“ sehen jedenfalls so erschreckend aus, wie die guten Löwen „putzig“ sind, vor allem im Kindesalter. Auch das darf sein, es gibt ja auch putzige Menschenkinder.

Und so läuft die menschliche Tierparabel nach allen Regeln der Dramaturgie-Kunst, und das einzige Rätsel, das der Film aufgibt, ist die Tatsache, dass er vom amerikanischen Publikum nicht angenommen wurde – er hat seine Entstehungskosten noch lange nicht eingespielt. Europäern kann man diesen Film für die Feiertage als geradlinige Familienunterhaltung empfehlen, es gibt Elemente, die jede Generation auf ihre Weise ansprechen werden.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken