Filmstart: 21. Dezember 2023
MONSIEUR BLAKE ZU DIENSTEN
Complètement cramé! (Well done!) / Frankreich / 2023
Buch und Regie: Gilles Legardinier
Mit: : John Malkovich, Fanny Ardant, Philippe Bas, Émilie Dequenne, Eugénie Anselin u.a.
Es soll ja auch im Leben manchmal, wenn auch selten, vorkommen, dass ein gänzlich unerwarteter Zufall sich als Glücksfall herausstellt. Das schilderte der französische Autor Gilles Legardinier in seinem Roman „Complètement cramé!“. den er nun – da er auch Filmemacher ist – selbst auf die Leinwand gebracht hat. Und da wird nicht nur von einem Glücksfall erzählt, sondern es ist auch der Glücksfall eines Films daraus geworden.
Es ist die Geschichte eines (ja, einst erfolgreichen und offenbar gut betuchten) Briten namens Andrew Blake, der nach dem Tod seiner französischen Frau in Trauer versunken ist. Also beschließt er unter dem Kopfschütteln seiner Freunde, London zu verlassen und nach Frankreich zu fahren, in jenes Schloss Beauvillier, wo er Diane einst kennen gelernt hat. Dort würde er, nimmt er an, ein Bed & Breakfast finden und sich in die Vergangenheit versenken können. Aber, wie das Leben (oder die Literatur oder ein Drehbuch) so spielt…
Im Schloß leben nur die verwitwete Schloßherrin Natalie (die absolut hinreißende Fanny Ardant, Inbegriff französischer Eleganz), ihre Haushälterin Odile (wunderbar, erst verschlossen, dann auftauend: Émilie Dequenne), und in ein Gartenhaus verbannt gibt es noch einen Gärtner / Jäger / Mann für alles (Philippe Bas). Das Hilfshausmädchen Manon (Eugénie Anselin muss meist weinen) wohnt nicht im großen Schloß. Also hat sich Odile entschlossen, ein Inserat für einen weiteren Angestellten aufzugeben. Und als Monsieur Blake, der recht gut Französisch spricht, vor der Tür steht, bugsiert sie ihn ohne Umstände ins Dienerzimmer und bietet eine viermonatige Probezeit an.
Er will bleiben, aber das Schloß vermietet keine Zimmer, die einzige Möglichkeit für ihn besteht also darin, sich als englischer Butler zu verdingen. Und da gibt es mehr zu tun, als nur die Zeitung der gnädigen Frau zu bügeln (!), was wohl bald jemandem so misslänge wie ihm. Aber vor allem geht es um die Menschen hier, und weil Monsieur Blake eine wirklich gute Seele ist, kann er sich bald aller Probleme annehmen und erfährt alle Sorgen.
Madame hat kein Geld, das Schloß zu erhalten, will Zimmer vermieten, steht aber unter dem Druck zu verkaufen. Odile ist innerlich verhärtet, weil es mit ihrer großen Liebe nicht geklappt hat, worauf sie all ihre übertriebene Zuneigung ihrem Kater Mephisto zuwendet. Der Gärtner, der Blake bei der ersten Begegnung im Wald erschießen will, erweist sich als unglücklicher Verehrer Odiles und bedrückter Mensch. Ja, und dann findet Blake noch das Hausmädchen Manon nächtlich in der Garage – sie ist schwanger, die Mutter hat sie hinaus geworfen, sie weiß nicht, wo sie hin soll…
Viel zu regeln für einen Mann, der offenbar gewöhnt ist, mit Problemen umzugehen, und der es mit Sensibilität und Humor tut. (Besonders köstlich die Szenen zwischen ihm und dem Gärtner, wenn sie sich nun in aller Freundschaft an den Kopf werfen, was Franzosen und Engländer als Nation von einander halten…)
Nun hätte manch einer der noblen englischen Schauspieler den Mr. Blake perfekt (und vielleicht vorhersehbar) spielen können. Aber Gilles Legardinier wählte für die Rolle erstaunlicherweise John Malkovich. Dass dieser ein waschechter Amerikaner ist, fällt nicht ins Gewicht, ein guter Schauspieler kann auch einen Engländer vorgeben, Aber Malkovich ist geradezu Spezialist für sinistere Charaktere (sein Höhepunkt waren zweifellos: die „Gefährlichen Liebschaften“) Ihn nun so locker, nobel, durch und durch humorvoll, anteilnehmend und dabei immer diskret, unsentimental gefühlvoll zu erleben, ist eine Überraschung der besonderen Art. So, wie er die Herzen der Schloßbewohner gewinnt, fängt er das Publikum ein, dass man sich an seiner britischen (!) Grandezza gar nicht sattsehen kann.
Die Geschichte freilich wird nach und nach zur Räuberpistole, wenn Blake und sein Gärtner-Buddy den Anwälten den unterschriebenen Kaufvertrag der Schloßherrin wieder abjagen, das Gewehr im Anschlag (sie schießen auch die Scheiben von deren Auto zu Scherben), und gar, wenn sie schwarz gekleidet nächtlich einbrechen, um den Ring zurück zu holen, den Madame verkaufen musste… Und das Ende wird knüppeldicke, wenn dann auch noch die ersehnte Tochter von Mr. Blake im Schloß eintrifft…
Aber bevor es zu sentimental wird, blendet der Autor/Regisseur glücklicherweise ab, und man kann sich alle kommenden Happyends (Monsieur Blake, der als versierter Geschäftsmann auch das Schloß retten wird, und Madame, sowie Köchin und Gärtner) noch genüsslich ausmalen, weil man sich in dem Film so wohl gefühlt hat, dass man ihn noch eine zeitlang mit sich herumträgt.
Wer sagt denn, dass „Weihnachtsfilme“ immer von irgendwelchen mehr oder weniger gelungen Weihnachtsfesten handeln müssen. Warum nicht eine so schöne Geschichte wie diese, wo Menschen vorkommen, denen man im wahren Leben gerne begegnen würde?
Renate Wagner