Filmstart. 7, August 2024
LONGLEGS
USA / 2024
Drehbuch und Regie: Oz Perkins
Mit: Nicolas Cage, Maika Monroe, Blair Underwood, Alicia Witt u.a.
Ein gruseliges Monster
Wenn man ein Sohn von „Psycho“-Darsteller Anthony Perkins ist, hat man Horror vermutlich schon in den Genen. Oz Perkins hat bisher als Regisseur nur Filme dieser Art gedreht, wirkliche Hits waren allerdings bislang nicht darunter. Das ändert sich nun mit „Longlegs“. In Amerika gab es in den Sozialen Medien viel Wirbel und Lob schon im Vorfeld. Aber nein, dem Urteil des besten Serienkiller-Films seit „Das Schweigen der Lämmer“ möchte man sich nicht anschließen. Es reicht ja, eine einigermaßen spannende Geschichte vor sich zu haben, wenn ihre Elemente auch nicht wirklich neu sind.
Auch die Hauptdarstellerin trägt einen berühmten Nanen, aber Maika Monroe hat nichts mit Marilyn zu tun und ist auch kein glamouröser Typ. Im Gegenteil, diese Lee Harker ist eine auf den ersten Blick unspektakuläre Frau, die als FBI-Agentin ihrem Vorgesetzten Agent Carter (Blair Underwood) auffällt, weil sie, wie man auf Englisch sagt, „psychic“ ist – also medial veranlagt (an sozialer Kompetenz mangelt es ihr allerdings – Kunststück, bei ihrer Geschichte…).
„Longlegs“ (wie er sich nennt), der Massenmörder, der es schafft, durch geheime Kraft Familienväter dazu zu bringen, ihre jungen Töchter zu töten, spielt (und das ist dramaturgisch wirklich nicht neu) ein Spielchen mit der Polizei. Briefe mit geheimen Chiffren sollen Hinweise geben – und Harker kann am ehesten etwas damit anfangen (zumal wenn Longlegs sie persönlich ins Visier nimmt).
Der Film ist sehr gut darin, permanent eine unheimliche Atmosphäre aufzubauen (die Geräusche-Dramaturgie funktioniert) und die Heldin darin zu verankern, die (auch das ist ein übliches Element dieser Horrorfilme) mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen hat (es gibt Rückblenden in ihre Kinderzeit) und die über eine recht seltsame Mutter (Alicia Witt) verfügt.
Lange Zeit gibt es mehr Stimmung als Handlung, und es dauert, bis man „Longlegs“ kennen lernt. Wüsste man nicht, dass sich unter dem langhaarigen Weißgesicht Nicholas Cage verbirgt, man würde ihn nicht erkennen. Man weiß, dass der einstige Star von billigen Kommerzfilmen zuletzt immer schrägere Rollen gesucht hat – im Vorjahr schlüpfte er grüngesichtig in das Kostüm des Grafen Dracula. Der irre Mörder, der mit seinen verschiedenen Stimmen verwirrt, kann auf der Leinwand wahrlich Schrecken erregen. Er ist kein verrücktes „Genie“, wie es Anthony Hopkins im „Schweigen der Lämmer“ gezeigt hat, vielmehr ein skurriles Monster, dem man wirklich nicht begegnen wollte…
Man hätte nur von dem Regisseur / Drehbuchautor etwas mehr Information erhofft, was hinter diesem Longlegs steckt. Nun, jedenfalls erfährt man, wie er sich an seine Opfer heran machte. Das hat dann wieder, keine Überraschung, persönlich mit der Agentin zu tun. Und am Ende kennt man auch die Familie, um deren Tochter als mögliches nächstes Opfer man mitbangen darf… Zweifellos ein Horrorkrimi, der den Zuschauer in den Bann zieht.
Renate Wagner