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Film: LINDENBERG! MACH DEIN DING

13.01.2020 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 17. Jänner 2020
LINDENBERG! MACH DEIN DING
Deutschland / 2020
Regie: Hermine Huntgeburth
Mit: Jan Bülow, Detlev Buck, Max von der Groeben, Charly Hübner u.a.

Udo Lindenberg ist eine Art deutscher Vorzeigemusiker, politisch immer auf der richtigen Seite, und zu mindest in einer Hinsicht besonders – als jener Künstler, der den Deutschen ihre deutsche Sprache für Songs zurück gegeben hat, als man in der Nachkriegszeit meinte, singen sei nur noch auf Englisch möglich. Heute in seinen Siebzigern ist er, mit Hut auf dem Kopf, Sonnenbrille, rauchiger Stimme und noch immer voll im Alt-Rocker-Look mit Widerstandsimage, schon eine ziemliche Legende. Wenn auch nicht jedermann die Inhalte seiner Songs, zwischen tiefgründig und banal (und wahrscheinlich beides) allzu hoch schätzt…

Dennoch – wenn man Hape Kerkeling oder Andrè Heller Filme über ihre Kindheit und Jugend widmet, die Geschichten, wie aus den Jungs dann die „Genies“ (cum grano salis) wurden, geht das natürlich auch für Lindenberg. Und Regisseurin Hermine Huntgeburth erzählt nach einem Drehbuch, das nicht weniger als drei Herren gebastelt haben, brav die Geschichte des Buben (Benjamin Friedhoff), des Halbwüchsigen (Claude Heinrich) und schließlich des jungen Mannes (Jan Bülow), aus dem dann „der Udo“ wurde. Was gar nicht selbstverständlich war. Denn „die Lindenbergs werden Klempner und sonst nichts“, sagt der Vater.

Deutsche Geschichten sind immer auch Familiengeschichten, die mit Generationenkonflikten zu tun haben. So ist es auch bei Klein-Udo, Jahrgang 1948, der in der Westfälischen Provinz aufwächst. Aber der Vater ist ein begeisterter Opernliebhaber, dirigiert zu den Schallplattenaufnahmen mit, Söhnchen sieht verständnisvoll zu. Und später (immer wieder kommen Rückblenden, machen die Erzählung unruhig, wollen Erklärungen liefern) erfährt man auch, dass er schon mit dem Vater gemeinsam Gedichte gemacht hat und lernte, Verse zu schmieden… Eines ist jedenfalls fix: Klempner will der Udo nicht werden, Musiker liegt ihm in Blut, als der Vater ihm ein Schlagzeug schenkt, ist das das „schönste Geschenk seines Lebens“, und er wird lange sein Geld als Musiker in der Szene verdienen. Von der Jugend an in kleinen Clubs. Die Szene aus der „Glenn Miller-Story“, wo Jimmy Stewart sagt, er werde eine Band gründen, die ihm gehört, kann er auswendig.

Jedenfalls wollen er und sein Freund Steffi Stephan (Max von der Groeben) – sie krachen sich, trennen sich, gehen doch ein weites Stück ihrer Karrieren miteinander – einfach etwas Besonderes sein. Keinesfalls irgendwelche Schlager-Fuzzis. Das geht natürlich nicht ganz so schnell, wie man es sich vorstellt. Da wird man Kellner im Hotel-Restaurant (und die Szene, wo die Lady – „Zimmerservice“ – ihn verführen will, wirkt eigentlich nur albern und überflüssig), da läuft man weg zu den Amerikanern, Truppenbetreuung in Libyen, aber dann versucht er es wieder. Zuhause, in Deutschland.

Udo möchte gerne Songs schreiben – auf Deutsch. Geht nicht, sagt man ihm, das ist die Nazi-Sprache, die Nazis haben uns unsere Sprache genommen. Es ist meine Sprache, sagt Udo, ich träume auf Deutsch, denke auf Deutsch, quatsche auf Deutsch, holen wir uns die deutsche Sprache zurück. Ein Sprachkünstler ist er ja, wie man weiß (andere mögen das anders beurteilen) nicht geworden, aber er erreichte, dass die Leute ihm zuhören. Wenn er nach einer Liebschaft mit einem Mädchen in Ost-Berlin, die durch die Politik unmöglich gemacht ist, einfach von den Politikern Versöhnung postuliert.

Ein Film wie dieser muss natürlich auch die aufgeplusterten Ratschläge bringen – „erfinde dich neu, zeig der Welt deine Seele“, und das klappt dann ja auch. Irgendwann tauchen die zynischen Produzenten auf, Detlev Buck (der vor der Kamera immer dieselbe Show abzuziehen scheint) ist Teldec-Boß Mattheisen, er hat Erfolge,aber den Vater (Charly Hübner als Gustav Lindenberg) kann er doch nicht überzeugen. Der Zorn der Jugend kocht hoch gegen den „Nazi-Befehlston“ der älteren Generation…

Man erlebt noch ein paar Krisen mit seiner Band, bis man dann bei seinem großen Bühnenauftritt in Hamburg 1973 ist, von da an ist er der deutsche Rockstar. Der Film blendet auf den älteren Udo über, hat eigentlich nur die Anfänge gezeigt und zweieinviertel Stunden dafür gebraucht, was eigentlich zu lange ist.

Es ist ein Film für Fans, und die werden wohl auch finden, dass Jan Bülow (derzeit live in Wien als Mitglied von Kusejs Burgtheater) mit seinem trotzigen Gesicht und dem klassischen Außenseiter-Look wahrscheinlich eine sehr glaubhafte Besetzung für den jungen Mann ist, der sich durchkämpfte und von dem, was er war, nämlich einem begabten Jazz-Musiker, dann zum Star eigener Prägung aufstiegt. Besonders aufregend ist die Geschichte nicht. Gewissermaßen brav deutsch gestrickt. Aber alles andere wäre ja wohl auch unecht gewesen?

Renate Wagner

 

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