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Film: KNOCK AT THE CABIN

11.02.2023 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 9. Februar 2023
KNOCK AT THE CABIN
USA  /  2023 
Drehbuch, Regie, Produktion:  M. Night Shyamalan
Mit: Dave Bautista, Ben Aldridg, Jonathan Grof, Kristen Cui u.a.

Filmfans gehen auch (manche von ihnen vor allem) wegen der Regisseure ins Kino. Da hält man die Treue auch durch Flops, hindurch, immer in der Erwartung, vielleicht doch wieder etwas Besonderes zu erleben. M. Night Shyamalan, Jahrgang 1970, amerikanischer Regisseur indischer Herkunft, hatte das „Pech“, mit einem Film berühmt zu werden, dessen  Qualität er selbst nie wieder erreicht hat. In „The Sixth Sense“ (1999) irrte Bruce Willis als Toter durch die Welt der Lebenden und konnte nur von einem kleinen Jungen mit besonderen medialen Fähigkeiten gesehen werden. Ein Thriller ohnegleichen, der zeigte, dass dieser Regisseur anders denkt und mehr kann als viele andere.

Seither hat er viele Filme gedreht, die selbst gelegte Latte nie wieder erreicht, manches ganz gut, vieles durchschnittlich, auch Schlechtes (etwa zuletzt vor zwei Jahren „Old“). Und dennoch geht man immer wieder hinein, wenn es einen neuen Film von M. Night Shyamalan gibt, denn eines kann er wirklich: mit den Ängsten der Menschen spielen.

Diesmal beginnt es allzu idyllisch. Ein kleines siebenjähriges asiatisches Mädchen schlendert glücklich durch einen sonnigen Wald und hascht nach Heuschrecken. Und schon hört man bedrohliche Schritte, ein gewaltiger tätowierter Mann in schweren Stiefeln taucht auf, aber er wirkt ganz freundlich, als er das Kind anspricht. Sie sollen „ihren Dads“ erzählen, dass es schreckliche Entscheidungen zu treffen gilt…

In der an sich gleichfalls idyllischen Holzhütte einsam im Wald, wo die kleine Familie Ferien machen wollte, stellt sich heraus, dass die Eltern ein schwules Paar sind, zwei sympathische Männer um die 30, die miteinander und dem Kind überaus liebevoll umgehen. Die Identifikation des Publikums ist gegeben – was ihnen geschieht, passiert einem selbst im Kinosessel, obwohl man es wahrlich nicht erleben wollte.

Es klopft an das Tor der Hütte. „Klopf, klopf: Wer ist da? Die  Apokalypse“, titelte die New York Tines ironisch und hat es damit kurz auf den Punkt gebracht- Der große Mann ist wieder da, mit zwei Frauen und einem Mann im Schlepptau, alle bewaffnet (wenn auch nicht mit Schießeisen, sondern mit gefährlichem Alltagsgerät wie Kette oder Hammer). Sie begehren Einlass und lassen sich nicht abweisen.

Die Eindringlinge erzwingen ihre Anwesenheit in der Hütte, aber sie wollen kein Geld, wie bei solchen Überfällen anzunehmen, vielmehr ist der Sadismus, der nun die Handlung beherrscht, von ungewöhnlicher Art. Denn sie erklären, sie wollten die Welt retten – und dafür bedarf es eines Menschenopfers. Die beiden Väter sollen entscheiden, wer von ihnen dreien von der Hand eines von ihnen sterben muss, um die Apokalypse abzuwenden…

Hier finden sich also vernünftige, normale Menschen, die den Wahnsinn, der da vor ihnen steht, kaum glauben wollen, unter der tödlichen Bedrohung von einer Art religiösen Fanatikern, von „Auserwählten“, die offenbar ehrlich die Welt retten wollen – und die von ihrem Wahn nicht abzubringen sind. Gefesselt in Sesseln wissen die beiden Männer nicht, was sie tun sollen. Tatsächlich schildern wenige diese Art von Horror und Entsetzen, von Unausweichlichkeit und blanker Verzweiflung so wie M. Night Shyamalan.

Dennoch – der Film dreht sich im Kreis, hat zu wenig Substanz für seine Länge (dabei ist er mit 100 Minuten  nicht überlang), hält sich nicht mit Begründungen dafür auf, was da geschieht, und bietet im fast ausschließlichen Handlungsraum der Hütte vor allem das Gerede der Fanatiker  – es ist halt lebensbedrohender Wahnsinn (ungeachtet dessen, dass am Fernsehschirm Meldungen von weltweiten Katastrophen eintreffen).

Man ist froh, als doch eine Art Befreiungsschlag erfolgt, wenn auch nach alter Horror-Manier es immer noch eine schrecklich-überraschende Wendung gibt. Da jagen einander zum Finale die „Pointen“ nur so – und die eine oder andere überrascht tatsächlich. Jedenfalls zieht der Regisseur (als sein eigener Drehbuchautor) das Ende viel zu weit hinaus, er hätte dieselbe Aussage kürzer und prägnanter erreichen können.

Eric (Ben Aldridge) und Andrew (Jonathan Groff) sind die allerdings nicht sehr persönlichkeitsstarken Sympathieträger, das Mädchen Wen (Kristen Cui) erfüllt die dramaturgische Funktion, die Kinder in Filmen dieser Art haben (da wird alles noch viel schrecklicher).

Aber der Film gehört dem „Bösewicht“, der ein Fanatiker der besonderen Art ist – Dave Bautista, dessen gewaltige Statur den Ex-Wrestler verrät, ist als schrecklich milde artikulierender Überzeugungstäter entsetzlich glaubhaft, obwohl man nicht weiß, von wem er berufen wurde und wie er auf die Idee kommt, die Selbstmord / Mord-Forderung zu stellen (die dann im Lauf der Handlung öfter erfüllt wird, als man es für möglich hält).

Allen Einwänden zum Trotz – es ist einer der besseren Filme  von M. Night Shyamalan, wenn auch leider kein Ereignis..

Renate Wagner

 

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