Filmstart: 3. Januar 2020
KNIVES OUT
USA / 2019
Drehbuch und Regie: Rian Johnson
Mit: Daniel Craig, Jamie Lee Curtis. Toni Collette, Ana de Armas, Don Johnson, Chris Evans u.a.
Wenn ein sehr alter Mann seine Familie versammelt und verlauten lässt, er wolle sein Testament ändern – na dann, „Knives out!“, Messer gezückt, wie der Titel dieser Krimi-Komödie heißt, die man dennoch nicht mit Agatha Christie vergleichen sollte (was fälschlicherweise immer wieder geschehen ist). Bei dieser wären die Charaktere schärfer gezeichnet gewesen und die Lösung möglicherweise origineller. Dass es dieser Film auf drei „Golden Globe“-Nominierungen (darunter als bester Film in der Kategorie „Komödie“) gebracht hat, ist von der Qualität her absolut nicht zu vertreten…
Egal, Rian Johnson, der den Film als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent verantwortet, hat jedenfalls eine klassische Ausgangssituation gefunden, die jeder Krimifan (wir reden von der schönen, altmodischen Ausgabe des Genres) einfach genießen muss: Der 85jährige Patriarch ist tot (keine Angst, Christopher Plummer erscheint in Rückblenden immer wieder). Dieser Harlan Thrombrey war ein über die Maßen erfolgreicher und entsprechend reicher Verfasser von – natürlich, Kriminalromanen! Auf seinem Landsitz ist die ganze Familie versammelt. Papa ermordet? Die Familienmitglieder wissen auch schon, wer es gewesen sein muss – natürlich seine junge Pflegerin Marta Cabrera (die hübsche Ana de Armas, auch für den „Golden Globe“ nominiert), diese Mexikanerin, die sich erbschleicherisch in sein Vertrauen gedrängt hat! Pfui! Schon wieder eine klassische Situation.
Da bekommt man also eine – wenn auch nicht sehr ausgefeilte – Ahnung der Familienmitglieder. Da ist in der Rolle der ältesten, weißhaarigen Tochter diesmal Jamie Lee Curtis zu sehen (hat nicht ganz das Flair, das ältere Britinnen für eine solche Figur mitbringen), nach langer Zeit begegnet man wieder einmal Don Johnson als Richard Drysdale, ihr Gatte, der blaß bleibt, und Chris Evans als Hugh, der offenbar nichtsnutzige Sohn (bzw. Enkel des Alten). Sonst fällt nur noch Toni Collette als Schwiegertochter auf, weil sie gar so irre dreinsieht und sich so blöd benimmt. Na ja, Geldsorgen…
Aber bevor man sich noch innerlich beschweren will, dass das eigentlich keine Superbesetzung ist, kommt „er“, der alles entscheidet: An der Seite von Detective Lieutenant Elliot (Lakeith Stanfield), der von der lokalen Polizei zur Aufklärung des Todes geschickt ist, erscheint Detective Benoit Blanc, privater Ermittler, und er tut es in Gestalt von Daniel Craig (auch eine „Golden Globe“-Nominierung). Berühmter als dieser James Bond kann man nicht sein, alle Augen sind auf ihn gerichtet – und was sieht der Kinobesucher? Einen Darsteller, der seine Rolle (im Original auch sprachlich, „so britisch“ durch die Nase, so bedeutungsvoll agiert) dermaßen übertreibt, dass er einfach nur eine lächerliche Karikatur abgibt. Sicher, wenn man nicht mehr James Bond sein will, braucht man eine weitere Karriere – aber stellt Craig sich wirklich solche Rollen vor? Dann sollte er umdenken.
Immerhin, er (bzw. sein Name) ist es, der dem Film sein Interesse sichert. Der Krimifan ist zufrieden, wenn sich schnell herausstellt, dass absolut jedes Familienmitglied Grund hatte, den alten Mann umzubringen, denn er hat gedroht, jedem einzelnen den Geldhahn zuzudrehen. Allerdings staunt der Krimifan, wenn die schöne, dunkelhaarige Pflegerin ganz bald tränenreich erklärt, dass sie den alten Herrn mit einer Spritze umgebracht hat – dass da Gift statt Medizin drin war, hat sie allerdings nicht gewusst.
Nun, so früh werden Mordfälle nicht gelöst, ist schon klar, dass da noch einiges kommt, zumal als das Testament eröffnet wird und eine junge braunhäutige Frau, die sich bis dahin allerlei Rassistisches sagen lassen musste, einen neuen Stellenwert gewinnt. Jedenfalls schaut Daniel Craig bedeutungsschwer aus der Weste und ermittelt weiter – zu Recht, denn inmitten von blindwütigen Familienmitgliedern gibt es noch Verdächtige, ein weiterer Mord passiert, und schließlich darf der Detektiv – wie man es von Hercule Poirot gewohnt ist – alle zusammen rufen und ihnen den Täter präsentieren.
Was hat man nun gesehen? Eine Familie, die in jedem Mitglied unsympathisch ist, was nicht stören würde, wenn das interessante, farbige Persönlichkeiten wären, was aber nicht der Fall ist. Und einen Detektiv, der gerne so urig wäre wie Poirot, sich aber als Schauspieler mit seiner Schmiere nur lächerlich macht. Die Lösung der Geschichte ist nicht unwahrscheinlich, aber auch nicht sonderlich aufregend.
Kurz, „Knives out“ reicht gerade für mittlere Ansprüche und darunter. Man hätte sich mehr erhofft.
Renate Wagner