Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Film: KING’S LAND

Das böse, glanzlose 18. Jahrhundert…

16.07.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

fl kingsland poster a4 ccweb 427x600

Filmstart:  18. Juli 2024
KING’S LAND
Bastarden  /  Dänemark  /  2023
Drehbuch und Regie: Nikolaj Arcel
Mit: Mads Mikkelsen, Simon Bennebjerg, Amanda Collin u.a.

 

Das böse, glanzlose
18. Jahrhundert…

Im Jahr 2012 hat der dänische Regisseur Nikolaj Arcel schon einmal eine Geschichte aus seiner dänischen Heimat verfilmt – „Die Königin und der Leibarzt“ erzählte düster, unromantisch und fatal von der Beziehung der dänischen Königin Caroline Mathilde zu dem deutschen Arzt Struensee (in Deutschland einst verfilmt mit O. W. Fischer) und brachte dem Regisseur eine „Oscar“- und eine „Golden Globe“-Nominierung ein, was ihm nun mit „King’s Land“ erstaunlicher und ungerechter Weise nicht gelang.

Auch Ludwig Kahlen, dessen Schicksal hier erzählt wird, hat es wirklich gegeben. Ein Mann, der von der Herkunft her (wie der dänische Titel besagt) ein Bastard war, einer der unzähligen unehelichen Söhne von unzähligen Adeligen, die sich ganz selbstverständlich an ihrem Personal vergingen. („Die Hochzeit des Figaro“ erzählt Ähnliches…) Damit schon war er gesellschaftlich ein Niemand – aber offenbar ein Mann, der es durch eine militärische Karriere zu Bildung und Ambitionen gebracht hatte:

kingsland mikelsen v7 c8ac64341d~1

Man muss gleich erwähnen, dass der Film fest auf der außerordentlichen darstellerischen Leistung von Mads Mikkelsen ruht. Er hat zwar eine internationale Karriere gemacht (seines düsteren Aussehens wegen gern als „Bösewicht“ eingesetzt), aber seine besten Leistungen vollbringt er doch in seiner skandinavischen Heimat. Der Kampf, den Kahlen mit aller Entschlossenheit ausfocht, spiegelt sich in seinem Gesicht, in seiner Verwandlung – ein Kohlhaas, der angesichts der Mächtigen nicht klein beigeben will und seine Ambition nur mit Mühe gerade noch überlebt… Es ist jede Minute faszinierend, ihm zuzusehen. (Der Film ist in dänischer Sprache, in Szenen mit deutschen Siedlern spricht Mikkelsen gutes Deutsch.)

Kahlen, als Hauptmann aus Kriegen gekommen, hatte die Absicht, die unwirtliche Halbinsel Jütland zu Ackerland umzugestalten und die nutzlose Heide zu einer  Kolonie zu machen. Zu Beginn man schreibt das Jahr 1755 – werfen ihn die königlichen Räte mit seinem Ansinnen verächtlich hinaus (die Szenen einer hochmütigen Kamarilla, die über Menschenleben hinwegfegt, werden immer wieder in die Handlung eingebaut und sind teilweise hinreißend), dann aber meint man, es sei gewissermaßen kein Risiko, wenn dieser Kahlen es versuchen würde. Seine Forderung, am Ende mit einem Titel und einem eigenem Landgut belohnt zu werden, würde sich ohnedies nie erfüllen. Aber Kahlen kann sich als vom König beauftragt fühlen…

Was nun folgt, ist einerseits die Geschichte dieser harten Arbeit mit dem trockenen Boden, mit unendlichen Schwierigkeiten aller Art, Szenen, die an die Pioniertage Amerikas erinnern  – selten ist ein Historienfilm so ganz ohne den Reiz ausgekommen, den das 18. Jahrhundert sonst auf der Leinwand ausstrahlt. Abgesehen von den menschlichen Tragödien, die sich abspielen, während Kahlen um jeden Handbreit Boden kämpft, entfaltet sich jedoch das politische Drama.

Denn Kahlen steht dem „allmächtigen“ Landbesitzer Frederik De Schinkel gegenüber, der behauptet, das Land gehöre ihm, und der alles tut, um ihn daraus zu vertreiben. Wie der bislang noch nicht in Erscheinung getretene Simon Bennebjerg diesen Adeligen als hübschen Schnösel spielt, von dem man jede Sekunde weiß, dass er tödlich gefährlich ist und vor keiner Gräueltat zurück schreckt,  wird zu dem filmisch spannendsten Duell der Geschichte. Tatsächlich zeigt „King’s Land“wie hoffnungslos eine breite, machtlose  Bevölkerung der Willkür eines feudalen Systems und seiner oftmals überheblichen, sadistischen Repräsentanten ausgeliefert war. Es gibt schreckliche Szenen (schlimmer als „Des Teufels Bad“ als heimischer historischer Horror zum Vergleich sind sie allerdings auch nicht).

Ein atemberaubender Film, nicht gerade „Sommerkino“, aber in hohem Maße das, was dieses Genre im besten Fall leisten kann.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken