Filmstart: 24. Februar 2022
KING RICHARD
USA / 2021
Regie: Reinaldo Marcus Green
Mit: Will Smith, Demi Singleton, Saniyya Sidney, Aunjanue Ellis u.a.
Dieser „König Richard“ ist nicht von Shakespeare und lebte nicht im Mittelalter. Er ist (es gibt ihn wirklich, er ist noch am Leben und ist 80 Jahre alt) eigentlich ein ganz normaler Amerikaner – oder so ganz „normal“ doch nicht. Richard Williams ist PoC, er hat noch erlebt, wie seinesgleichen in der Zeit, bevor die Bürgerrechtsbewegung einiges erreichte, von den Weißen verachtet und teilweise wie Dreck behandelt wurde. Wenn sein Schicksal nun auf die Leinwand kommt, das Leben eines Mannes, der zwei der besten Tennisspielerinnen der Welt zu ihrer Karriere „erzogen“ oder, genauer gesagt, gepeitscht hat, ist immer wieder die Rede davon, dass die Williams-Schwestern „schwarze“ Mädchen seien in einer „weißen“ Tennis-Welt, Es geht Richard Williams auch um die Asse, die er den Rassisten hinschmettert… Niemand hätte je Respekt vor ihm gehabt, sagte er, nicht der Ku Klux Klan, nicht die Polizei, kein einziger Weißer. Das wollte er ändern.
Richard Dove Williams Jr. stammte aus Louisiana, den amerikanischen Südstaaten. Er arbeitete nachts, damit er tagsüber Tennis spielen konnte, allerdings als Coach – und er wählte zwei Töchter aus einer zahlreichen Kinderschar, Venus (* 1980) und Serena (*1981), die aus seiner Ehe mit seiner zweiten Frau stammten. Beiden gab er Tennisunterricht, seit sie viereinhalb Jahre alt waren, und er zog diese „Karriereplanung“, die er für die Mädchen beschlossen hatte, mit eisernem Willen und, wie er Film von Regisseur Reinaldo Marcus Green ohne Beschönigung zeigt, geradezu gnadenlos durch.
Venus und Serena (Saniyya Sidney und Demi Singleton) wurden gleichsam „gehirngewaschen“ und bis an den Rand ihrer Kräfte getrieben, aber waren doch von der Familie liebevoll beschützt und unterstützt. Und Papa schaffte es, dass sie nichts anderes im Sinn hatten als ihre künftigen Karrieren. Wobei Richard Williams auch für die Erziehung der Töchter sorgte, weil er wusste, dass sie sich ohne Verstand und Bildung in der Welt des Profi-Tennis nicht würden durchsetzen können…
Gleichzeitig wird gezeigt, was er dem Rest seiner Familie mit all dem zumutete, wobei er, wo immer er mit den Mädchen hinzog, immer seinen gesamten Troß (Gattin und alle Kinder) mit sich nahm. Seine Ehefrau (Aunjanue Ellis) hat eine wunderbare Szene, in der sie den Power-Gatten hinterfragt und ihm seinen Egoismus und seine persönlichen Versagensängste vorwirft, „nur, damit man dich nicht bloß für einen Nigger hält“.
Vater Williams muss nicht nur gelegentlich für die Töchter, die er unendlich hart an die Kandare nahm, sondern auch immer für alle Funktionäre der Tenniswelt ein Alptraum gewesen sein. Denn irgendwann musste er mit Venus und Serena in die Profi-Welt, eine Trainer-Ausbildung kostete Unsummen, und immer wieder versuchten Leute, die die Talente der Mädchen erkannten, ihm ihr Schicksal aus der Hand zu nehmen. Was er allerdings nicht zuließ – und wenn man ihm beim Verhandeln und beim Tricksen zusieht, dann fährt Hauptdarsteller Will Smith zu seiner vollen Star-Power auf. „Sie sind der bockigste Mensch, den ich kenne“, sagt ihm ein Trainer, „und ich trainiere McEnroe!“
Aber es ist kein Sportfilm wie alle anderen, es ist die Ausnahmegeschichte eines Mannes, der aus eigener Kraft (und nur mit dieser, seinem Willen, einem Konzept und wohl auch einem „Traum“, wie ihn schwarze Menschen brauchten) hier zwei Spitzensportlerinnen formte. „Wir werden die Welt verändern“, war sein Ziel.
Dabei geht der Film nur bis zu den frühen Erfolgen der beiden Teenager, wenn der Weg in die Zukunft frei gemacht wird (wo dann die Dollars auch in Millionensummen zu rollen beginnen). Was Venus und Serena auf den Courts dieser Welt erreicht haben, wie sie sich jede bis zur Nr. 1 hocharbeiteten, das wissen Tennis-Fans, die diese „Killermaschinen“, diese „Kampfhunde“, wie man die Williams-Schwestern auch genannte hat,selbst in vielen Stunden fasziniert auf den Fernsehschirmen erlebt haben. Sie werden natürlich die interessiertesten Zuseher dieses Films sein.
Von denen es offensichtlich, um auch das zu erwähnen, nicht allzu viele gibt. Der Film ist seit vier Monaten auf dem Markt und hat seine für Hollywood-Verhältnisse ohnedies bescheidenen Kosten von 50 Millionen Dollar noch nicht annähernd eingespielt. Aber er hat Will Smith eine Rolle beschert, für die er den „Oscar“ verdiente und den man ihm von Herzen wünschen würde – trotz der bedeutenden PoC-Konkurrenz von Denzel Washington als Macbeth…(und der ist ein echter Shakespeare-König).
Renate Wagner