Filmstart: 4. Juli 2024
KINDS OF KINDNESS
USA / 2024
Drehbuch und Regie: Yorgos Lanthimos
Mit: Emma Stone, Jesse Plemons, Willem Dafoe u.a.
Strikt für Arthaus-Publikum
Seit der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos 2015 mit „The Lobster“ in das Bewusstsein der Cineasten eingetreten ist, hat er nicht mehr so ratlos gemacht wie hier mit „Kinds of Kindness“. Immerhin hat er dazwischen vor allem mit „The Favourite“ und zuletzt mit „Poor Things“ zwei Filme vorgelegt, die zwar schräg genug, aber in ihrem Handlungsansatz noch erkennbar waren. Beide Male übrigens mit dem „Oscar“ für die Hauptdarstellerin, also verwundert es nicht, dass die für „Poor Things“ solcherart ausgezeichnete Emma Stone wieder dabei ist. Man kann zwar im Internet nachlesen, dass sie eingesteht, die Zusammenhänge der Geschichten des Films auch nicht ganz verstanden zu haben… also muss man sich als Kinobesucher nicht ganz dumm vorkommen, wenn man stellenweise ratlos durch das Geschehen des mit zweidreiviertel Stunden überlangen Films zu „schwimmen“ schein…
Die formale Idee von Yorgos Lanthimos, der gemeinsam mit Efthymis Filippou das Drehbuch schrieb, ist im Grunde nicht neu, „Patchwork“-Filme mit verschiedenen Geschichten, die nur locker zusammen hängen, gab es immer wieder. Seine verwirrende Idee bestand darin, dass die Hauptdarsteller – hauptsächlich drei, verkörpert von Emma Stone, Jesse Plemons und Willem Dafoe, in allen Geschichten dabei sind – aber nicht als „sie selbst“, wie man sie anfangs kennen lernt, sondern immer als eine neue Figur. Und das macht es den Zuschauern wahrlich nicht leicht, ist aber auch keinesfalls so „spannend“ gestaltet, dass man den Reiz des Rätsellösens reklamieren könnte. Wobei der Titel reine Irreführung ist – „Kindness“ findet man hier nie!
Anfangs ist es noch einfach, wenn man die verquere Geschichte eines Mannes (Plemons) erlebt, der in geradezu unnatürlicher Weise von seinem Chef (Dafoe) abhängig ist, sich alles von ihm sagen und vorschreiben lassen will. Ein ziemlich pathologischer Fall. Der nächste Mann (wieder Plemons) bekommt seine verloren geglaubte Frau (Stone) zurück, hält sie aber für eine andere, eine Lügnerin, Betrügerin und behandelt sie entsprechend, was sie zurück zu weisen versucht. Im dritten Teil, wo es um Sektenmitglieder auf der Suche nach Spiritualität und einem Heiland geht, Zwillinge eine Rolle spielen und man den Atem anhält, wie eine junge Frau mit Schwung in einen leeren Swimmingpool springt, um dann tot am Boden zu liegen, ist man so ratlos wie zuvor. Es sei denn, das Rätselraten darüber, was der Regisseur wohl gemeint hat (Theaterfreunde kennen das Gefühl), sei ein privates Hobby.
Oder man akzeptiert einfach die Surrealität, die Exzesse und Unauflösbarkeit der Geschichte angesichts dessen, dass Yorgos Lanthimos selbstverständlich sein Handwerk versteht und exzellente Darsteller hat, wobei vor allem Jesse Plemons die innere Verwirrung aller seiner Figuren glänzend und berührend vermittelt.
Aber jedermanns Sache ist das nicht… weil nicht jedermann erkennen wird, warum diese Geschichten überhaupt erzählt werden.
Renate Wagner