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Film: JUST MERCY

25.02.2020 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 28. Februar 2020
JUST MERCY
USA / 2020
Regie: Destin Daniel Cretton
Mit: Michael B. Jordan, Brie Larson, Jamie Foxx u.u.
Prädikat: Besonders wertvoll

Es wird noch viele Filme geben, die uns zeigen, wie sehr die Schwarzen in der US-amerikanischen Gesellschaft benachteiligt werden – denn offenbar ist das noch nicht genügend erzählt (und wahrscheinlich auch noch lange nicht ausgestanden). Dass sie in den Gefängnissen und unter den zum Tode Verurteilten eine Majorität stellen, zeigen die Fakten. Hier geht es darum, wie leicht und gern die „Beweise“ für solche Todesurteile gestrickt werden…

Es ist ein realer Fall, der hier behandelt wird: Dem schwarzen Anwalt Bryan Stevenson ist es gelungen, den vor seiner Hinrichtung stehenden Afroamerikaner Walter McMillian geradezu im letzten Augenblick zu retten, einfach, indem er nicht locker ließ, obwohl der Druck und die Drohungen der weißen Gesellschaft gewaltig auf ihm lasteten…

Man lernt diesen Bryan Stevenson (sympathisch, aber eher blaß: Michael B. Jordan) kennen, dessen Mutter (die das Leben als Putzfrau bewältigt) unendlich stolz ist, dass er „wie die Weißen“ in Harvard studiert. Und so erfolgreich, dass er sich gute Jobs aussuchen könnte. Aber er folgt seinem sozialen Gewissen, er möchte helfen, möchte die Welt besser machen. Einer jener Idealisten, die von der Mitwelt belächelt werden – und einer, der als Schwarzer all die Demütigungen erfährt, die sich die Weißen für ihn ausdenken.

Bryan Stevenson ist nach Alabama gegangen, wo sich die weiße Anwältin Eva Ansley (Brie Larson) jener Fälle von Schwarzen annimmt, die, wie sie meint, zu Unrecht verurteilt wurden (Wenn sie dann mit dem „Nigger Lawyer“ zusammen arbeitet, bekommt sie Drohungen frei Haus.) Da ist vor allem der Fall von Walter McMillian (Jamie Foxx, ohne Hoffnung, aber dennoch immer seine Unschuld beteuernd), der angeblich ein 18jähriges Mädchen ermordet hat, obwohl er zum Tatzeitpunkt nicht nur mit seiner Familie, sondern auch zahlreichen Freunden zusammen war…

Man erlebt nun jene tragischen Szenen im Gefängnis (inklusive der brutal ausführlich gezeigten Hinrichtung eines anderen schwarzen Gefangenen), in denen Bryan diesem Walter McMillian gegenüber sitzt, der nicht glauben kann und will, dass man ihm helfen möchte. Und Bryan stößt auf weiße Staatsanwälte und Polizisten, die ihm – mehr drohend als freundlich – den Rat geben, die Finger von diesem Fall zu lassen. Er taumelt von einem Rückschlag zum nächsten, bis er endlich auf den Zeugen Ralph Myers (atemberaubend: Tim Blake Nelson) trifft, der – ein gebrochener Mann – sich mit der Falschaussage, die zu McMillians Verurteilung führte, Privilegien erkauft hat.

Wenn Bryan endlich den Prozeß neu aufrollen kann und Myers vor Gericht bringt… dann wird der Film von Regisseur Destin Daniel Cretton, der bis dahin in eher tragischer Einförmigkeit verläuft, tatsächlich spannend. Nur so viel, es ist schließlich ein historischer Fall: Es passiert noch viel Tragisches und Dramatisches, und eigentlich war es ein Wunder, dass Walter McMillian nicht am elektrischen Stuhl gelandet ist.

„We all need justice, mercy and some measure of grace“, ist die schöne Moral von der Geschichte. Und der bittere Beigeschmack bleibt, dass ein Einzelfall am System nicht viel ändert. Was nicht heißt, dass um jeden Einzelfall, der es wert ist, gekämpft werden muss – und sei es auch in einem gut gemeinten, braven, moralischen Film, der den Zuschauer wieder in das Bewusstsein der elementaren Ungerechtigkeiten zurückwirft, die in dieser Welt herrschen.

Renate Wagner

 

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