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Film: HEXEN HEXEN

25.10.2020 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 30. Oktober 2020
HEXEN HEXEN
The Witches / USA / 2020
Regie: Robert Zemeckis
Mit: Anne Hathaway, Octavia Spencer, Stanley Tucci, Jahzir Kadeem Bruno u.a.

Eine Stimme aus dem Off erklingt, sie ist unverkennbar afroamerikanisch (im Original gehört sie Chris Rock), und er blendet in seine Kindheit zurück und erzählt, wie er in den 1960er Jahren beide Eltern verlor und zu seiner Großmutter nach Alabama kam. Aber was für eine Großmutter (nicht nur, weil Octavia Spencer sie mit der vollen Power ihrer Persönlichkeit spielt)! Diese Frau weiß mehr vom Leben und von einigem darüber hinaus als die meisten. Vor allem weiß sie eines – Hexen gibt es wirklich!

Und damit ist man mitten in der Geschichte, die ja nicht unbekannt ist. Wenn schon nicht von dem 1978 erschienenen Fantasy-Buch von Roald Dahl her, so doch von der voran gegangenen Verfilmung aus dem Jahr 1990, wo Anjelica Huston als schaurige Oberhexe brillierte und Regisseur Nicolaus Roeg den Helden und seine Oma noch weiß sein ließ. Bei Regisseur Robert Zemeckis sind der Junge und seine Oma nun zwar schwarz, und die Geschichte spielt noch in einer Zeit der Rassentrennung in den USA, aber man setzt sich nicht mit belehrendem Zeigefinger auf das Thema. Es reicht, dass die schwarze Oma als wackere Gegnerin einer wüsten Hexenschar ihren stolzen Platz behauptet…

Als der Junge in einem Supermarkt eine Hexe sieht, glaubt ihm die Großmutter aufs Wort, und wir lassen uns von ihr belehren, denn sie weiß offenbar alles über dieses gefährliche Weibergezücht, das eine besondere Abneigung gegen kleine Kinder hegt. Wie das Leben so spielt, beschließt sie, zum Schutz des Jungen vor den Hexen zu fliehen. Da sich diese angeblich nur an die armen Leute heran machen, bucht sie ein Luxushotel am Golf von Mexiko. Aber die Geschichte fände nicht statt, wenn nicht dort, ausgerechnet dort ein Hexenkongress statt fände…

Auftritt Anne Hathaway, die man normalerweise schwarzhaarig kennt und die hier eine Menge blonder Perücken und auch verrückter Hüte trägt (wenn sie nicht kahlköpfig agiert) – und vor allem eine Show abzieht, die gänzlich unter die Kategorie „Schmiere“ fällt. Mit dickstem „russischen“ Akzent (in der Originalfassung) gibt sich die Oberhexe so künstlich-exzentrisch, so knurrend-schaurig, dass sich die Kindermärchen-Gänsehaut aufstellt. Gleich beim Einzug in das Hotel (die anderen Hexen im Gefolge) kriecht ihr eine schwarze Katze über die Schulter, und der Hotelmanager (Stanley Tucci) weiß nicht, wie er alle anfallenden Forderungen befriedigen und alle kommenden Probleme lösen soll…

Gut. Allerdings passiert dann nicht so sehr viel – gerade dass der Junge vor den Hexen davonläuft, zusammen mit seinem gleichaltrigen dicklichen Freund Bruno (Codie-Lei Eastick). Natürlich werden sie gejagt – und ja, man verrät wohl kein Geheimnis, in Mäuse verwandelt. Die Großmama erkennt ihren Enkel auch in dieser Gestalt, während die Eltern von Bruno begreiflich entsetzt sind, dass diese kleine Maus ihr Sohn sein soll… Nun ist die Animation gefragt, mittlerweile fügt man Menschen und Computerisiertes fugenlos in einander… und wenn sie als Mäuse nicht gestorben sind – dann leben sie heute noch? Wobei Hexen und Mäuse zusammen, seien wir ehrlich, letztlich auch nur eine etwas dürftige Kinomischung ergeben…

In einer Zeit, da alle Filmgesellschaften ihre projektierten Blockbuster entweder zurück halten (wie MGM den neuen James Bond) oder gleich in den Bezahl-Streaming-Dienst geben (wie Disney „Mulan“) – grundlegend falsche Entscheidungen für einen austrocknenden Kinomarkt, der entweder mit B-Produktionen oder Arthaus-Filmen keine Publikumsmassen anzieht -, kann Warner stolz sagen, dass man zwar „Dune“ zurückhalte, dafür aber „Hexen hexen“ nun im Kino starte. Gewiß ist Anne Hathaway nicht niemand, und zumindest in den USA hat eine schwarze Schauspielerin vom Format der Octavia Spencer ihr Publikum, aber wenn dieser Film das Spektakulärste sein soll, was der Markt zu bieten hat – dann sind wir tief gefallen…

Renate Wagner

 

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