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Film: HENRY FONDA FOR PRESIDENT

Mehr Politik als Henry…

09.01.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 9. Jänner 2025
HENRY FONDA FOR PRESIDENT
Österreich  /  2024
Dokumentation
Drehbuch und Regie: Alexander Horwath

Mehr Politik als Henry…

Im Jahre 1980 geriet der damals noch nicht 16jährige  Alexander Horwath in den Bann des Schauspielers Henry Fonda. Man kann sicher sein, dass er sich in den nächsten 40 und mehr Jahren alle Filme angesehen hat, die Fonda je drehte, alles Material aufspüre, das über ihn existiert, die Stationen seines Lebens nachgereist ist. Anders wäre das dreistündige Epos „Henry Fonda for President“, das er nun vorlegt, gar nicht möglich,

Es ist eine Materialsammlung ohnegleichen, aber es geht weit weniger um Fonda als Person an sich oder um das Genre Film an sich, sondern darum, was Horwath angesichts des Schauspielers und seiner Arbeit für die politische Geschichte der USA erzählen (und beweisen) will.

Aus dem Off kommentierend (dabei aber mehr analytisch als faktisch erklärend) holt Horwath weit aus, hat zu Beginn ein niederländisches Gemälde aus dem 17. Jahrhundert aufgespürt, wo eine Magd namens Fonda porträtiert wurde. Die Familie wanderte in die USA aus und bewährte sich in Pionierzeiten in führenden Positionen, es gibt sogar ein Dorf namens Fonda im Montgomery County (New York), das nach Douw Fonda, einem Vorfahren von Henry, benannt wurde. Man kann sicher sein, dass man in diesem Film hingeführt wird (es ist auch ein Road Movie durch die USA), so wie zu zahlreichen anderen Orten, die mit Henry Fonda in Verbindung stehen.

Was fasziniert Horwath so an diesem Schauspieler mit dem glatten Gesicht, der meist für die „Guten“ stand, gelegentlich etwas oszillierte, aber so richtig „böse“ hat diesen Henry Fonda erst Sergio Leone in der Spätzeit seiner Karriere eingesetzt. Sonst ist er, ob als Tom Joad in „The Grapes of Wrath“ (die Verfilmung von John Steinbecks „Die Früchte des Zorns“), ob als Geschworener Nr. 8 in „Die zwölf Geschworenen“ der Mann, der auf der richtigen Seite steht, liberal gegen alle schädlichen Tendenzen (sind die nicht überall dieselben?) auftretend.

Wobei sich ein Spalt ergibt – obwohl Henry Fonda, der als alter Mann 1981 in einem langen Interview zu Wort kommt, immer wieder betont, dass für seine Rollen nicht er, sondern die Drehbuchautoren zuständig seien, neigt Horwath dazu, den Mann mit seinen Rollen zu identifizieren (obwohl man diesen im Gespräch keineswegs als Intellektuellen erlebt, der sich mit politischen Statements aufplustern würde). Natürlich betont Horwath nur jene Rollen, die in sein Konzept passen (Fonda spielte auch einmal Präsident Abraham Lincoln), mit den Themen von Fonda-Filmen gewissermaßen die amerikanische Geschichte entlang zu fahren.

Das geschieht in vielen Szenenausschnitten, und man hat manchmal das Gefühl, dass es weniger um Henry Fonda geht als um Reflexion amerikanischer Politik. Von Henry Fonda selbst (1905 in Nebraska geboren, 1982 in Los Angeles gestorben) erfährt man gar nicht so viel. Von fünf Ehefrauen werden gerade zwei erwähnt (wobei er sich gegenüber der Mutter seiner Kinder nicht sehr gut benommen  hat). Tochter Jane und Sohn Peter bleiben absolut am Rande. Gelegentlich ufert Horwath allzu sehr in amerikanische Geschichte aus, vor allem, wenn es darum geht, Ronald Reagan – der Schauspieler, der tatsächlich Präsident wurde – herab zu würdigen. Fonda hat damals in einer Fernseh-Comedy-Serie mitgewirkt und war bereit, sich als er selbst, als „Henry Fonda, unser aller Wunschpräsident“ (was er entschieden ablehnte) vorführen zu lassen.

Der späte Fonda, der auch nicht anders konnte, als in Hollywood-Mainstream à la Weinstein-Filmen dabei zu sein, kommt fast nicht vor. Nur jener der frühen und mittleren Jahre, wo man in der „Traumstadt“ die eigene frühe Geschichte aufarbeitete und für Fonda da stets signifikante Rollen fand.

Es ist ein langer Weg, den man mit Alexander Horwath geht, und wer sich für Geschichte ebenso interessiert wie für Film, der wird die drei Stunden lang interessiert bei der Stange bleiben. Für andere ist das Gebotene vermutlich doch zu theoretisch. Vor allem wird man das Gefühl nicht los, dass Henry Fonda ipse – so sehr Horwath ihn fraglos bewundert und so viel unendliche Mühe er für ihn aufgewendet hat – eigentlich zu kurz kommt.

Renate Wagner

 

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