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Film: GREENLAND

25.10.2020 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 30. Oktober 2020
GREENLAND
USA / 2020
Regie: Ric Roman Waugh
Mit: Gerald Butler, Morena Baccarin, Roger Dale Floyd, Scott Glenn u.u.

Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang, heißt es bei Johann Nestroy, und warum? Na, weil der Komet kommt! Wir haben gelernt, über diese Zeile des Knieriem zu lachen, es einfach als Wienerisches Endzeitgefühl zu nehmen, aber es ist eine Tatsache: Zu den Katastrophen, vor denen sich die Menschheit schon immer gefürchtet hat – Erdbeben, Feuersbrünste, Seuchen – zählen die Kometeneinschläge.

Freilich fragt man sich, ob Hollywood nichts Besseres zu tun hat, als in Zeiten wie diesen, wo es wirklich ernst ist (außer für jene, die meinen, Corona sei ohnedies nur eine Grippe), Katastrophenfilme zu produzieren. Denn diese sind für gemütliche Zeiten gedacht, wo man sich in den Kinosessel kuschelt, zuschaut, wie andere Leute schrecklichen Gefahren begegnen und sie hoffentlich überstehen – und man dann noch einen Kaffee oder ein Bier trinken geht (und ganz normal eng nebeneinander sitzt)…

Gedreht wurde der Film im Sommer 2019, wo man Verhältnisse, wie sie heute herrschen, wohl in die Science-Fiction-Welt verbannt hätte, unglaublich, dass so etwas „in echt“ passieren kann. Der Start war für Sommer 2020 vorgesehen, wurde verschoben, es gab Video on Demand – warum man jetzt doch noch damit ins Kino kommt, ist schwer einzusehen. Gerard Butler ist eine solide Besetzung, aber kein Kassenstar, sonst findet sich kaum ein bekanntes Gesicht, und das Thema, wie gesagt… Und, wie auch gesagt: Die Filmindustrie macht in ihrer Kopflosigkeit angesichts der Situation viele Fehler.

Dass John Garrity (Gerard Butler) sich von seiner Frau Allison (Morena Baccarin) eigentlich enfremdet hat, zählt nicht mehr, als die Fernsehschirme die Katastrophe verkünden: Fragmente eines Kometen (die Medien nennen ihn „Clark“) stürzen auf die Erde – und machen, wo sie treffen, alles dem Erdboden gleich. Florida hat es schon erlitten…

Da kann ein Mann nur seine Frau und den kleinen Sohn (Roger Dale Floyd) nehmen und Schutz suchen. Aber wo? Wo sind die Bunker? Wohin wendet man sich und wie kommt man weiter, wenn alle anderen auch schreiend auf der Flucht sind und jeder den Nächsten wegstößt und wegtritt? Da ist nichts von Solidarität und Nächstenliebe zu merken, nur von der Bestie im Menschen, die ohne Rücksicht auf Verluste ans eigene Überleben denkt. Da greift man „in der Not“ dann auch selbst zur Waffe… Ja, das ist eine Situation, die Regisseur Ric Roman Waugh hier genüsslich ausmalt, wobei sich sozusagen eine schaurige Episode an die andere reiht. Nein, damit will man im „wahren Leben“ wahrlich nicht konfrontiert sein …

Zuerst geht es zu Verwandten aufs Land, die zwischenzeitlich auseinander gerissene Familie trifft bei Opa (Scott Glenn) wieder zusammen, der allerdings nicht mit ihnen weiter flüchten will (die Alten haben das Gefühl, das Überleben zahlt sich nicht mehr aus). Flugzeuge sollen in Richtung Grönland (sprich „Greenland“, rettender Hafen, Hoffnungsname und Titel des Films) unterwegs sein (offenbar gibt es dort genügend Unterschlupf), aber wie kommt man hinein? Wer hat einen Evakuierungsplatz zugeteilt bekommen? Oder muss man froh sein, dass man nicht drinnen ist, wenn eines der Flugzeuge abstürzt?

Am Ende war’s auch ein „Familienfilm“ darüber, wie Papa alles wacker zusammen hält, aber nichtsdestoweniger haben wir eine Weltuntergangsvision vor uns. Genau das, was man in Zeiten wie diesen zur Aufmunterung braucht.

Renate Wagner

 

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