Filmstart: 10. August 2023
GRAN TURISMO
USA / 2023
Regie: Neill Blomkamp
Mit: Archie Madekwe, David Harbour, Orlando Bloom u.a.
Das ist ein Film für jene Zeitgenossen, die es sonntags unwiderstehlich vor den Fernsehapparat zieht, wenn die Formel 1-Rennen gefahren werden. Der ganze „Zirkus“ rund um Fahrer, Teams, Journalisten, das Jaulen der Motoren, der Rausch der Geschwindigkeit – das ist für viele eine Droge, der sie normalerweise allerdings nur passiv frönen können. Andere leben ihre Leidenschaft am Computer aus – und davon handelt dieser Film, dessen Inhalt man nicht glauben wollte, wäre es nicht wieder einmal der erstaunliche Fall einer „wahren Begebenheit“…
„Gran Turismo“ist ein Computerspiel, das seinen Spielern am Steuer ihres fiktiven Rennautos alles an Geschicklichkeit, Mut, Kühnheit, Übersicht abverlangt, was „echte“ Rennfahrer mitbringen müssen, nur dass sie das Quentchen Sicherheit im Hinterkopf haben dürfen, dass nichts „wirklich“ passiert, wenn denn am Simulator tatsächlich etwas passiert.
Also, der totale, der letale Kick ist es nicht. Deshalb hatte ein Werbefuzzi die an sich völlig verantwortungslose Idee, dass junge Leute, die bei den Gaming-Contests unter ca, 100.000 Teilnehmern (!) siegreich hervorgegangen waren, das Angebot erhalten sollten, „echte“ Rennen zu fahren…
Noch einmal: Man würde es nicht glauben ,aber es fand statt. Erzählt wird die Geschichte des 1991 geborenen Jann Mardenborough, Sohn einer weißen Mutter und eines schwarzafrikanischen Vaters, geboren in England, leidenschaftlicher und begabter Gamer, der tatsächlich den Sprung in echte Rennautos, auf echte Rennstrecken (der Red Bull-Ring spielt auch mit), in echte Rennen schaffte, wenn auch nicht Formel 1, aber doch in anderen wichtigen Klassen. Obwohl Mardenborough den Rennzirkus nur wenige Jahre (von 2012 bis 2015) mitmachte, ist darin genügend „dramatisches“ Potential, um einen Spielfilm für Racing-Fans zusammen zu basteln, wenn auch das zentrale Charakterporträt weniger stark ausfällt.
Es beginnt mit Jugendlichen, die von ihren Eltern kaum von den PlayStations wegzubekommen sind, und dem Manager Danny Moore, der das weltweite Interesse für „Gran Turismo“ in ungeahnte Höhen treiben will, indem er den Quantensprung vom Digitalen in die Realität schafft. Die Rolle ist mit Orlando Bloom besetzt, der die Attraktivität seiner Jugend eingebüßt hat und nun als wenig interessanter Mann im mittleren Alter keine besonderen Aufgaben mehr bekommt. Als Danny Moore bleibt er weitgehend im Hintergrund, während David Harbour als Jack Salter viel Raum bekommt, der selbst gescheiterte Rennfahrer und problematische Charakter, der es auf sich nimmt, die jugendlichen Digital-Kids für den Ernstfall vorzubereiten.
Die Schwäche des Films ist wohl die Besetzung des Jann Mardenborough mit Archie Madekwe, der vielleicht den armen Jungen aus bescheidenen Verhältnissen glaubhaft macht, aber keinen Moment lang die mentale Stärke und die eiserne Entschlossenheit ausstrahlt, die den originalen Jann beseelt haben müssen, der so Unglaubliches erreicht hat. Der Gegner, den er auch für seinen Mentor besiegen muss, wird von Darren Barnet als klassischer „Unsympathler“ dargestellt.
Regisseur Neill Blomkamp, der keinen „Reißer“ plante, sondern wohl vor allem ein Bio-Pic, führt Schritt für Schritt und eher unaufgeregt durch die Story von Wettkampf und Sieg, von Auswahl der jugendlichen, divers besetzten Sieger für das Training, nebenbei die verständlichen Sorgen der Eltern, Konkurrenz unter den jungen Fahrern, Wettkampf, Rückschläge, Unfall und Sieg. Rennsequenzen sind bei jeder Gelegenheit eingefügt. Sony, die Firma, die die Rechte an dem „Gran Turismo“-Spiel besitzt, verdoppelt mit dem Film nun Publicity und Einnahmen. Auch wenn das Leinwand-Erlebnis nicht übermäßig aufregend ist.
Renate Wagner