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Film: FOREVER YOUNG

15.08.2023 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 17. August 2023 
FOREVER YOUNG
Les Amandiers  /  Frankreich  /  2022
Drehbuch und Regie: Valeria Bruni Tedeschi
Mit: Nadia Tereszkiewicz, Sofiane Bennacer, Louis Garrel   i.a.

Wenn zu Beginn eine erregte Prostituierte mit ihrem Kunden streitet, tut sie es bis zur Selbstaufgabe und reißt sich dabei die Kleider vom Leib. Dann begreift man, dass hier eine hoffnungsvolle angehende Schauspielerin etwas für die Aufnahmsprüfung in der Schauspielschule gezeigt hat. Ob sie glaube, dass man als Schauspieler so exhibitionistisch sein müsse, fragt ein Lehrer. Und warum sie Schauspielerin werden will? Weil sie, so sagt die vermutlich 20jährige, zuhause bei ihren Eltern das Gefühl habe, das Leben und vor allem ihre unwiederbringliche Jugend zerrännen ihr unter den Fingern…

Man erfährt nicht viel über diese Stella, nur dass sie reich genug ist, um in einer Luxusvilla über einen eigenen Butler zu verfügen. Sie ist eingestandenerweise das Alter Ego der Regisseurin und Drehbuchautorin  Valeria Bruni Tedeschi (* 1964), die in den achtziger Jahren – wie Stella – in der Schauspielschule des in einem Pariser Vorort liegenden „Théâtre des Amandiers“ studierte, dessen Chef der berühmte Patrice Chereau war (der bekanntlich den interessantesten  Bayreuther „Ring“ aller Zeiten inszenierte).

Freilich fallen ihre Erinnerungen an diese Zeit möglicherweise doch noch um ein paar Dezibel exzentrischer, überdrehter, hektischer, lauter  und dramatischer aus, als das Leben sie ohnedies spielte.

Es geht vor allem um Stella, ihre Freundin Adèle (Clara Bretheau) wirft ihre roten Locken und zeigt bei jeder Gelegenheit ihr nacktes Hinterteil, bleibt aber am Rande. Stella wird von der Französin Nadia Tereszkiewicz (der Name kommt von dem polnischen Vater) gespielt.  Mit diesem Film und der darauf folgenden Hauptrolle in „Mein fabelhaftes Verbrechen“ (demnächst im Kino) hat sie sich mit einem Schwung in die allgemeine Beachtung katapultiert. Ein Blondinchen alten Zuschnitts mit groß aufgerissenen Augen und einem sinnlichen  Schmollmund – kein Zweifel, dass ihr als Elevin in der Schule jeder ihrer jungen Kollegen zuflüstert, dass er mit ihr schlafen will.

Sie entscheidet sich, wie Frauen ja oft einen schlechten Griff haben, für den problematischsten unter ihnen: Etienne (Sofiane Bennacer). Dass er sie warnt, er sei verrückt, wirklich verrückt, macht ihn nur noch reizvoller. Seine unkontrollierten Ausbrüche und sein exzessiver Drogenkonsum zeigen ihr aber bald, dass sie besser die Finger von ihm gelassen hätte…

Man sieht, was zu erwarten ist – wilde Partys, sehr viel Alkohol und Drogen. Man sieht lesbische Anmache zwischen Schülerinnen (die abgelehnt wird) und einen Fall, wie er damals angeblich (und jetzt natürlich nie wieder!) üblich war – die sexuelle Belästigung eines Schülers durch den Lehrer. Immerhin atmet der junge Mann nach dem erzwungen Kuß tief durch, steht auf und sagt, er werde von seiner Freundin erwartet… Und auch die Ängste der jungen Menschen, sich mit AIDS angesteckt zu haben, werden thematisiert.

Man sieht auch viel Theaterarbeit (inklusive eines Ausflugs nach New York). Da Valeria Bruni Tedeschi die Handlung in „ihre“ Zeit zurück versetzt hat (Mitte der achtziger Jahre, keine Smartphones und soziale Medien, noch Telefonhütten), wird hier anhand einer Aufführung von Tschechows „Platonow“, die mit den Schülern erarbeitet wird, das psychologische Theater gemacht, das damals noch üblich war.

Im Ganzen findet sich die Handlung mit unendlich viel Hektik und auch Pathos geladen, vor allem am Ende, wenn Stella tränenreich ihr privates Unglück quasi auf der Bühne ausspielt… Ja, es wird auch eine Menge über das Theater philosophiert. Man hätte nur gewünscht, die Regisseurin hatte auf etwas mehr Glaubhaftigkeit agiert, anstatt Klischees über das ach so wilde Schauspielerleben noch zu überdrehen.

Renate Wagner

 

 

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