Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Film: ETERNALS

01.11.2021 | FILM/TV, KRITIKEN

eternals plakat ~1

Filmstart: 3. November 2021 
ETERNALS
USA  /  2020 
Regie: Chloé Zhao
Mit: Gemma Chan, Richard Madden, Angelina Jolie, Salma Hayek, Kumail Nanjiani u.a.

Film bedeutet  nicht nur interessante Themen, hervorragende Darsteller und innovative Regisseure. Film ist auch Kino, ist Hollywood, ist Blockbuster, ist eine Investition von oft Hunderten Millionen von Dollar, in der Hoffnung, ein Vielfaches an der Kinokasse zurück zu bekommen.

Dafür muss man schon etwas bieten, und Sci-Fi und Mystery haben sich bewährt. Leider hat man es nicht mit „Star Wars“ und „Lord of the Rings“ bewenden lassen, sondern kann nicht aufhören, in die Marvel Trickkiste zu greifen: Die so genannten LLC-Comics haben schon genügend Helden und Filme ausgespuckt, und ein Ende ist nicht abzusehen. Im Gegenteil, vermutlich sollen – nachdem „Black Widow“ und „Shang Chi“ ja noch in den Kinos sind – die „Eternals“ eine neue Endlos-Welle dieser Art von Filmen ankündigen.

Der schlichte Kinobesucher, der nicht bereit ist, sich in die Feinheiten dieser erfundenen, hoch komplexen Welten einzuarbeiten, muss nur so viel wissen: Über den Köpfen der armen Normalmenschen hinweg (solche wie wir, die ins Kino gehen) kämpfen die Guten, die „Eternals“, für deren Überleben gegen die Bösen, die Deviants, hier in Gestalt von seltsamen  fliegenden Drachenmonstern, die eher aus Muskeln und Sehnen zu bestehen scheinen denn als komplettem Predator-Material, aber gefährlich genug sind sie offenbar. Gleich zu Beginn kommen sie aus dem Meer, brechen über die armen Menschen dort herein und stellen ein Gemetzel an. Das ist die computergenerierte Action, wie man sie oft hatte, gut gemacht, aber im Grunde mäßig spannend…

Zeit allerdings für die „Eternals“ aufzutauchen, die, wie wir erfahren, schon seit Jahrtausenden über die Menschen wachen. Zuletzt dachten sie die Feinde besiegt, golhlivh haben sich in normale Menschenleben gefügt. Aber jetzt geht es los, sie sind wieder gefragt, die Gruppe muss sich zusammen finden… und dann?

Dann stellt sich erst einmal die Frage, was Regisseurin Chloé Zhao an diesem Film gereizt hat. Schließlich hat sie für ihr Arthaus-Movie „Nomadland“ den „Oscar“ bekommen, also Lob dafür, gegen den Mainstream zu erzählen. Und jetzt „Eternals“? Was kann sie daran interessiert haben? Die Story? Wohl kaum. Die Besetzung? Noch weniger. Die Möglichkeit, ein Budget von 200 Millionen Dollar verpulvern zu dürfen? Und damit in die finanzielle A-Liga aufzusteigen? Man kann es sich eigentlich nicht vorstellen.

Denn die Handlung des Films ist mehr als trübe: Erst einmal muss man die Figuren kennen lernen (es ist ja nicht jeder Comic Leser und hat dergleichen im kleinen Finger). Was macht die Regisseurin? Gibt sich Zeit für Sentimentalitäten – so viele Umarmungen erinnern man sich kaum je gesehen zu haben. Und hatte von Zeit zu Zeit ein bisschen (aber wirklich nur ein bisschen) Spaß an der Optik. Vor allem, wenn man (im Atelier oder im Computer) Babylon von einst nachgebaut hat, ganz so, wie man Ishtar-Tor und Prozessionsstraße auf dem Berliner Pergamon-Museum kennt. Aber auch wenn der Film (durch alle Zeitebenen von einst und heute, wild gemixt) von London nach Babylon nach Australien nach Tenochtitlan (die Azteken hätten mehr Beachtung verdient), an den Amazonas (diese Wälder sind nicht sehr überzeugend) und immer wieder nach South Dakota rast und kämpfend irgendwo in die Lüfte springt – von besonderem Reiz ist es nicht.

Und die Besetzung? Von ihr kann man zumindest eines sagen – sie ist „divers“. Gerade, dass sich ein paar Weiße unter der Übermacht von Asiaten (auch ein Pakistani ist dabei, der einen Inder spielt) verstecken dürfen. Außerdem ist ein PoC-Darsteller deklariert schwul (küsst seinen Partner innig auf den Mund und hat mir ihm einen kleinen Jungen adoptiert, na hoppla, wir sind ganz auf der Höhe der Zeit) und eine „Eternalin“ ist stumm – das übrigens auch im Leben. Hollywood muss sich nicht mehr fürchten, dass man ihm Vorwürfe macht. Aber sind die Herrschaften auch gut?

Zu Beginn eilt Sersi, per Definition „British Asian“, ins Londoner Naturhistorische Museum, wo sie an der Seite ihres Freundes Dane (Kit Harington) eine  Schulklasse unterrichten soll – ein Erdbeben treibt sie auf die Straße, sie muss ihrem Menschenfreund beichten, dass sie nur menschlich aussieht, aber eigentlich als „Eternal“ zu den Waffen gerufen wird…

eternals die zwie xx xx~1

Gemma Chan ist  ungemein sympathisch, aber in der Ausstrahlung zu durchschnittlich, um eine überzeugende Haupt-Heldin zu sein.

Nach und nach lernt man die anderen kennen: Ikaris kann nicht nur aus den Augen Feuer speien, er kann auch (der Name kommt nicht von ungefähr) fliegen, aber mehr als gutes Aussehen hat Richard Madden nicht zu bieten. Und als die Figur später eine dramatische Wendung nimmt, kann man sich nur wundern, wie wenig da von ihm kommt.

Als „große Mutter“ der Gruppe fungiert Salma Hayek, die mit Mitte 50 eigentlich noch nicht auf ihre einstige Schönheit und prickelnde Ausstrahlung verzichten müsste, es hier aber bis zur Farblosigkeit tut.

Angelina  Jolie verfügt (nachdem Salma Hayek zu viele schlechte Filme gemacht und ihren Ruf eingebüßt hat) über den einzig aktiven Starnamen der Besetzung (wenngleich er nur noch in den Klatschspalten existiert, wo eine längst geschiedene Ehe mit Brad Pitt immer noch medial zu melken ist). Dass sie keine gute Schauspielerin ist, wusste man immer, wie schlecht sie sein kann, zeigt sie hier als neurotische Kriegerin Thena  – große Augen, die aufgeworfenen Lippen und die (darstellerische) Hilflosigkeit in Person.

Eine witzig-schöne Bollywood-Tanzszene erlebt man, als Kingo, der indische Filmstar, ins Team beordert wird: Kumail Nanjiani und der füllige Harish Patel als sein durch und durch menschlicher Begleiter sorgen für ein wenig Comic Relief, während Barry Keoghan als Druig für Grimmigkeit sorgt, der Koreaner Don Lee den körperlich so mächtigen Gutmenschen Gilgamesch verkörpert, Brian Tyree Henry als Phastos (der sympathische Schwule) ihn dann ersetzt, und Lauren Ridloff sich als Makkari in Zeichensprache verständigt (auch Behinderte werden gebraucht). Ja, und da ist noch die undefinierbare Sprite (Lia McHugh), die mit karottenrotem Kopf wie ein Kobold wirkt und deren Alter man nicht einmal raten kann, so kindlich, wie sie wirkt, ist sie wohl nicht.

Es dauert seine Zeit, bis man jeden kennt, auch wenn sie sehr verschieden sind (die jeweiligen besonderen Fähigkeiten werden nicht so klar wie bei den X-Men), und was dann? Dann sind die Deviants nicht mehr so überragend wichtig, obwohl sie immer wieder mal auftauchen. Man merkt bald, dass die Gruppe gar nicht die Happy Family ist, für die man sie halten sollte, da gibt es Spaltpilze, da kommt es zu Gewalttaten (dass die „Ewigen“ einander auch umbringen und auch sterben können, ist schon seltsam), immer wieder redet ein höchster Gott dazwischen, den man (natürlich) nicht so recht definieren kann… Und wenn auch am Ende bei einigen der Überlebenden eine Art Harmonie auf Menschenebene zelebriert werden soll, so ganz stimmt das nicht… denn wenn man beim Beginn des Nachspanns nicht davonläuft, sondern brav sitzen bleibt, gibt es noch ein Nachspiel, dessen Sinn sich möglicherweise erst bei der Fortsetzung erschließt.

Die wird es geben, denn obwohl die US-Kritiken zögerlich waren, den Film herzlich zu loben, sein Geld wird er schon einspielen. Obwohl er, wenn man später über Marvel-Verfilmungen sprechen wird, in diesem Genre sicher nur unter „ferner liefen“ eingestuft wird.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken