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Film: DRIVE AWAY DOLLS

Zwei Girls lohnen den Trip

05.03.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 7.  März 2024 
DRIVE AWAY DOLLS
USA  /  2024 
Drehbuch und Regie: Ethan Coen
Mit: Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan u.a.
Prädikat: Sehenswert

 

 

 

 

 

 

Zwei Girls lohnen den Trip 

Früher gab es sie im nicht auseinander zu dividierenden Doppelpack und als vielfach preisgekröntes Erfolgsduo: die „Coen Brothers“. Was in Familien vor sich geht, weiß man ja nicht, aber mittlerweile kocht jeder von ihnen sein eigenes Süppchen. Joel Coen hat eine „Macbeth“-Verfilmung geliefert, und Ethan Coen stellt sich nun, im Team mit seiner Ehefrau Tricia Cooke, die stark an Idee, Entwicklung und Drehbuch dieser Geschichte beteiligt war, mit der schrägen Komödie „Drive-Away Dolls“ als Solo-Regisseur vor. Das ist kein Film für konventionelle Gemüter, die eine Geschichte geradeaus erzählt bekommen wollen – das ist ein kruder, wirrer, aber auch sehr komischer Genre-Mix.

Erstens und vor allem ist es ein Lesben-Film. Dabei ist das Lesbentum der beiden jungen Heldinnen nicht eine Sekunde lang das Problem. Sie sind es, sie leben es, Jamie, die eine, ganz ungehemmt und fröhlich, Marian, die andere, anfangs eher gehemmt, bis auch sie sich dem Spaß am weiblichen Sex hingibt. Davon gibt es viel, gewiß auch voyeuristisch dargebracht, aber immer als Spaß- und nie als Problemkiste.

Zweitens lässt Coen, wie er es in den Filmen mit seinem Bruder schon oft getan hat, eine Handvoll strohdummer, wenn auch scheußlich brutaler Mini-Gangster los. Als die beiden Mädchen für ihren Trip nach Tallahassee in Florida von dem verdächtigen Autovermieter irrtümlich den falschen Wagen bekommen, in dem sich Schmuggelgut befindet, setzen sich die Kunst-Bösewichte (so dumm darf man im wahren Leben nicht sein)  auf die Spur der beiden. Absolut jeder Blödsinn inbegriffen…

Solcherart ist es drittens ein klassisches amerikanisches Road Movie, nur dass man hier meist in Lesben-Bars und anderen einschlägigen Lokalitäten Station macht. Das Drehbuch wird mit seinen mittelmäßigen Einfällen keinen Preis gewinnen, aber die Machart ist „Coen“, nämlich hemmungslos, nicht für jeden Geschmack (für guten schon gar nicht zuständig), aber wer Sinn dafür hat, wird sich unterhalten.

Als sehenswert erweisen sich vor allem die beiden Darstellerinnen, auf ganz verschiedene Art hübsch, ganz verschiedene Charaktere und solcherart in der Mischung einfach trefflich. Margaret Qualley ist die Tochter der Schauspielerin Andie MacDowell, weit lebendiger als die Mutter, von der man meist nur ein schiefes, säuerliches  Lächeln am schönen Gesicht geliefert bekam. Man glaubt dieser Jamie die totale Hemmungslosigkeit der Lebensführung, die sie auszeichnet. Hingegen ist die australische Schauspielerin Geraldine Viswanathan hinreißend in ihrer anfänglichen Verkrampftheit, aber wenn man lange gemeinsam im Auto sitzt und dann gemeinsam von einer Katastrophe in die andere taumelt, dann taut man schon auf, und sie tut es ergötzlich. Die beiden sind jedenfalls einen Film wert. Ja, und dazu kommen noch ein paar komische Gangster-Figuren, und wenn Matt Damon in einer Art Cameo als Politiker auftaucht, erkennt man ihn kaum.

Im übrigen fällt auf, dass die ganze Sache vor der Jahrtausendwende angesiedelt ist, wo den Menschen das Smartphone noch nicht in der Handfläche angewachsen war und man noch nicht ahnte, was die Sozialen Medien mit den Menschen anrichten würden. Kurz, man kann eine gar nicht normale Geschichte ganz „normal“ erzählen.

Ja, und im übrigen ist es, wie gesagt, ein Film für Lesben – und für Männer, die den Damen bei ihren sexuellen Verrichtungen gerne zusehen. Da hat sich Ethan Coen wirklich keinerlei Zurückhaltung auferlegt.

Renate Wagner

 

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