Filmstart: 18. September 2025
DOWNTON ABBEY: DAS GROSSE FINALE
Downton Abbey: The Grand Finale / GB / 2025
Regie: Simon Curtis
Mit: Michelle Dockery, Hugh Bonneville, Paul Giamatti u.a.
Österreichisches Prädikat: Sehenswert
As Time Goes By
Es ist eine so elementare wie selbstverständliche Wahrheit und Erkenntnis: Alles, was einen Anfang hat, muss auch ein Ende haben. Als Julian Fellowes (selbst adelig, der Mann weiß, wovon er schreibt) nach dem Erfolgsfilm „Gosford Park“, der ihm einen Drehbuch-„Oscar“ eintrug und englischen Adel und Dienerschaft nebeneinander zeigte, eine neue Serie erfand, die fürs Fernsehen weniger scharf und satirisch gedacht war, erfüllte er für ein „Normalpublikum“ den sehnsuchtsvollen Blick hinter die Kulissen der „Reichen und Schönen“, Sich zwischen 2010 und 2015 sechs Staffeln von „Downton Abbey“ anzusehen, die Schicksale der adligen Familie Crawley und ihres Personals, erfüllte für viele die Berichte aus ihrer Yellow Press und „House and Garden“ mit lebendigen Bildern.
Zwischen den Zehner und den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts war man dabei, und als die Fernsehserie geendet hatte, merkte man, dass diese Kuh noch lange nicht ausgemolken war. Also folgten zwei Filme („Downton Abbey“. 2019, und „Downton Abbey II: Eine neue Ära“ 2022) Und nun hat man sich entschlossen, mit dem .Großen Finale“ tatsächlich Schluß zu machen, und das ist rein dramaturgisch eine gute Entscheidung. Denn was nun, nach dem amerikanischen Börsenkrach der dreißiger Jahre und – ach! – der Verarmung der Crawleys folgen könnte, wäre wohl nicht mehr so schön wie das Bisherige: ein Zweiter Weltkrieg, eine für England schwierige Nachkriegszeit. Und wer wollte schon zusehen, wie Lady Mary am Ende an der Kasse sitzen müsste, um amerikanischen Touristen Tickets für den Besuch des Schlosses zu verkaufen, das sie sich vermutlich gar nicht mehr leisten kann?
Da gibt es im letzten Teil doch noch Glanz und Eleganz, die Mode, die Räume, an der Opulenz man sich nicht sattsehen kann (wenn man Sinn dafür hat). die Umwelt (selbstverständlich Ascot) – all das funktioniert noch immer, auch wenn der Drehbuchautor das Bild sanft düsterer malt…
Der Beginn ist typisch – eine Londoner Theateraufführung im Westend, die Adeligen sitzen im ersten Rang, erste Reihe, die Dienerschaft auf der Galerie hinten, aber bitte, sie sind dabei, sie gehören zur Familie, wenn sie auch ungeheuer brav und unproblematisch sind, also gar nichts zur Dramatik beitragen dürfen, eher zu dem nostalgischen Gefühl, dass es früher mehr „anständige Menschen“ gegeben haben mag…
Für Probleme sorgen die Herrschaften selbst und ihre Umwelt. Es gibt ja leider die alte Lady Violet nicht mehr, da ihre unvergleichliche Darstellerin Maggie Smith gestorben ist. Am Ende taucht sie in kurzen Rückblick-Szenen auf, und ein Insert besagt, dass der Film ihr gewidmet sei. Eine Geste, die sie wahrlich verdient hat… Nun hat die Geschichte mit Lady Mary einen eleganten, noblen Mittelpunkt – aber ach, sie ist geschieden, und also wirft eine adelige Gastgeberin sie glatt hinaus, wenn eine königliche Hoheit erwartet wird, der man nicht zumuten kann, mit einer geschiedenen Frau in einem Raum zu sein. (Wenn die wüssten, was die Schwester und die Kinder von Queen Elizabeth II. sich später punkto Scheidungen geleistet haben!) Sonst geschieht nicht so wahnsinnig viel Substanzielles, bloß dass der Adel nur den Kopf darüber schütteln kann, wie sich die Welt verändert…
Dann bricht die Weltwirtschaftskrise auch über die Crawleys herein, auch weil der Onkel aus Amerika nicht so gut gewirtschaftet hat, und wenn Lady Marys Vater, Sir Hugh, sein Stadthaus verkaufen muss (schier undenkbar!) und mit der Tochter eine Wohnung besichtigt, kann er sich gar nicht vorstellen, in einer Umgebung zu leben, wo es noch andere Mieter gibt und für das Personal kein Platz ist… Das schmerzt ihn, wenn auch nicht die Kinobesucher.
Am Ende zieht der alte Lord mit Gattin in ein Ausgedinge, die Dienerschaft muss sich verabschieden, und wie es mit Lady Mary in dem einsamen Schloß weiter geht, will man eigentlich nicht wissen. Gut, dass es zu Ende ist, melancholisch, selbstverständlich mit Haltung, man bleibt, was man ist, auch wenn man kein Geld mehr hat…
Michelle Dockery hat als vornehme Lady Mary (auch wenn sie zu einem One Night Stand mit einem Amerikanier bereit ist) Würde und Eleganz zu bieten, Hugh Bonneville ist als ihr Vater im Lauf der Serie rührend gealtert, von seiner Gattin (Elizabeth McGovern) sieht man kaum etwas, Paul Giamatti als unglückseliger Onkel aus Amerika schaut vorbei, und im übrigen hat man es mit einer total unübersichtlichen Masse von Bekannten, Verwandten und Personal zu tun, die von Regisseur Simon Curtis in Zaum gehalen werden. Übrigens – auch Noel Coward (Arty Froushan) darf dabei sein, damals ein großer Bühnenstar, der sich behände, singend und klavierspielende unter dem Adel bewegte und sich hier angesichts dieser Herrschaften die Idee zu seiner Komödie „Private Lives“ holte…
Das war’s also. Der vorige Film, als ein paar Familienmitglieder nach Frankreich gereist sind, wo Lady Violet eine Villa geerbt hatte, war lustiger. Aber damals war eben noch nicht alles zu Ende.
Renate Wagner