Filmstart: 30. Juni 2023
DIE UNSCHÄRFERELATION DER LIEBE
Deutschland / 2022
Regie: Lars Kraume
Mit: Caroline Peters, Burghart Klaußner, Carmen-Maja Antoni
Als das noch ein (nicht sonderlich überzeugendes) Theaterstück war, hieß es „Heisenberg“ und stammte von dem britischen Vielschreiber Simon Stephens. Wenn es nun unter dem Titel „Die Unschärferelation der Liebe“ (Unschärfe! Heisenberg! Im übrigen ist von ihm nicht die Rede) auf die Leinwand kommt, hat das nur einen Grund: .die Idealbesetzung mit Caroline Peters und Burghart Klaußner, die ihre Rollen in Düsseldorf kreiert haben und damit auf Reisen gingen (u.a. konnte man sie damit 2018 auch im Wiener Akademietheater sehen). Als Stück hat es trotzdem nicht überzeugt.
Regisseur Lars Kraume leistet vieles, um den Filmauftritt der durch und durch künstlichen Geschichte einigermaßen erträglich zu machen. Er versetzte sie von England nach Berlin und musste sich nicht, wie auf dem Theater, mit allerlei Schauplatzwechseln plagen – im Kino ist alles da, U-Bahn Station, Fleischerei (hier gibt es eine Berliner Charge mit Carmen-Maja Antoni), Restaurant, Schule, am Ende sogar der Trip in die USA – wo Greta ihr armes Opfer eben vor sich hin treibt. Das nimmt einiges von der Mühseligkeit, die die Theaterfassung belastete.
Natürlich, dass die Figur der Greta ein Krampf bleibt, lässt sich nicht vermeiden. Eine notorische Dampfplauderin, Lügnerin, Stalkerin, die sich an Alexander, einen alten Fleischer mit eigenem Geschäft. hängt, der aus Höflichkeit nicht imstande ist, sie abzuschütteln – das muss man einmal aushalten. Und die Darstellerin muss es schaffen, die unerträgliche Quasselstrippe unwiderstehlich zu machen, so dass tatsächlich die Geschichte einer Annäherung zwischen einem pathologischen Fall von gesuchter Nähe und einem distanzierten Einzelgänger funktioniert. Wer könnte das besser als Caroline Peters (sicher eine der faszinierendsten Schauspielerinnen unserer Tage – und rätselhaft aus Kusejs Burgtheater verschwunden)?
Und Burghart Klaußner ist ebenso ideal als der alte Mann, der sich in seiner Einsamkeit eingerichtet hat. Aber, wie es Dramatiker so wollen, muss er daraus erlöst werden – und sei es durch eine Nervensäge. Hauptsache, es menschelt ausreichend. Hauptsache Theater, und nicht einmal besonders gutes. Auch im Kino nicht, aber wenigstens noch viel besser als auf der Bühne. Und zwei darstellerische Virtuosenstücke für die Ewigkeit festgehalten (weil dem Film eben nicht das transitorische Element des Theaters innewohnt).
Am Ende hat Greta ihn also aus seinem Käfig der Einsamkeit heraus geholt – was die Meta-Ebene der Außenseiter-Geschichte ist. Betrachtete man sie real, so müsste man aber bedenken, dass er sich nun bis zu seinem Lebensende ihren nie endenden Redeschwall anhören muss. Und dann weiß man nicht, ob man sich für ihn freuen soll…
Renate Wagner