Filmstart: 5. November 2021
DIE GESCHICHTE MEINER FRAU
A feleségem története / The Story of My Wife
Ungarn und mehrere europäische Länder / 2021
Drehbuch und Regie: Ildikó Enyedi
Mit: Gijs Naber, Léa Seydoux, Udo Samel, Josef Hader u.a.
Er ist ein holländischer Kapitän, sie ist Lizzy, eine Französin, die weder wir noch der Kapitän so richtig kennen lernen – dabei hat er sie geheiratet. Allerdings unter den seltsamsten Voraussetzungen, die vielleicht in einem Roman durchgehen, kaum aber im Kino: Was ist das für ein Spiel, dass ein reifer Mann die Wette eingeht, die erste Frau zu heiraten, die bei der Türe hereinkommt – und was ist das für eine Frau, die darauf eingeht?
Schiefe Verhältnisse von Anfang an in dem Film, den die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi nach dem von ihr bearbeiteten Roman von Milán Füst (1942 erschienen) gedreht hat. Und das nahezu drei Stunden lang, mühsam und lähmend langsam erzählt, in dem vergeblichen Versuch, Spannung aufzubauen und Interesse für ihre Figuren zu erwecken. Kein Wunder, dass der Film aus allen Festivals ohne Preis heim gegangen ist.
Gijs Naber ist ein starker, blonder, sehr niederländisch wirkender Mann von Charakter, den man eigentlich nicht für dumm genug hält, sich mit dieser zwielichtigen (und, wie sich herausstellt, auch vielfach recht ekelhaft mit Psychospielchen agierenden) Lizzy einzulassen. Gespielt wird sie von Léa Seydoux, eben erst die letzte Liebe von James Bond, hier vergeblich gegen die Ratlosigkeit der Charakterzeichnung ankämpfend.
Man folgt dem bald sehr unglücklichen Paar durch seine Geschichte – er muss Geld verdienen, mit Schiffen hinaus fahren, sie bleibt zurück, er ist eifersüchtig: Udo Samel hat einen Auftritt als Privatdetektiv, den der eifersüchtige Gatte engagiert, aber er kann nur melden, dass er den absolut seltenen Fall einer treuen Frau gefunden hätte… was mitnichten stimmt. Auch noch ein bekanntes Gesicht als ordinärer Hamburger Hausmeister: der uns wohl bekannte Josef Hader.
Die Dialoge sind trockene Literatur, gespickt mit Lebensweisheiten aus der unteren Lade, und als sich der Kapitän aus der Beziehung befreit, weil Lizzy ihn natürlich doch dauernd betrügt und er eine Frau gefunden hat, mit der es sich besser leben lässt, hängt er doch bis Filmende manisch an der Verflossenen, die er überall zu sehen meint… dabei ist sie, wie man ihm später erzählt, doch schon vor Jahren gestorben?
Man hat schon genügend Filme über enigmatische Charaktere gesehen und sich von ihnen fesseln lassen. In diesem Fall ist das allerdings nicht gelungen. Diesmal hat sich Ildikó Enyedi (die schließlich schon einmal einen Berliner „Bären“ heimgetragen hat) eindeutig an der Geschichte entweder vergriffen – oder sie nicht in den Griff bekommen. Aber dass man nun den Roman nachlesen würde, um festzustellen, woran sie gescheitert ist – so sehr interessiert das Ganze auch wieder nicht.
Renate Wagner