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Film: DIE FOTOGRAFIN

Ganz flacher Bilderbogen

19.09.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 19. September 2024
DIE FOTOGRAFIN
Lee  /  Großbritannien  /  2023
Regie: Ellen Kuras
Mit: Kate Winslet, Alexander Skarsgård, Andy Samberg u.a.

Ganz flacher Bilderbogen

Man muss sich nur das Plakat zu dem Film „Die Fotografin“ ansehen, und man weiß Bescheid. Es zeigt die 45jährige Kate Winslet, weit entfernt von der Jugend und Schönheit der „Titanic“-Zeiten – hier eine Frau mit müdem, aber doch entschlossenem Gesicht. Man weiß: Da geht es um Bedeutendes. Übrigens auch für die Schauspielerin selbst, denn Kate Winslet hat fast zehn Jahre lang mitgekämpft, dass der Film über die Fotografin Lee Miller (1907–1977) Wirklichkeit wurde, Schade, dass das Ergebnis nicht interessanter ausgefallen, sondern zu einem ganz flachen Bilderbogen geworden ist,

Wer immer sich ein wenig in der Welt der Fotografie auskennt, dem ist Lee Miller  ein Begriff – nicht nur als Geliebte von Man Ray, sondern als Frau, die mit ihren Bildern zur „Erinnerungskultur“ des grausamen Zweiten Weltkriegs beigetragen hat. An ihrer Durchsetzungskraft ist auch ein Stück Emanzipation zu erzählen, was besonders gut in unsere Zeit passt, und dass sie sich nackt in Hitlers Badewanne setzte (und dabei fotografieren ließ), ist ein Clou der Fotogeschichte –dass sie schließlich nach dem Krieg die Leichenberge und die tragischen Überlebenden der Konzentrationslager festhielt, macht ihr bis heute Ehre.

Klingt toll, ist es auf der Leinwand aber nicht wirklich. Der Film von Ellen Kuras, früher Kate Winslet als Kamerafrau verbunden, hier bei ihrem Regiedebut, verzeichnet nicht weniger als vier Drehbuchautorinnen und Autoren, und allein das beweist, dass man sich über die Form der Geschichte nicht ganz einig war. Nun ist es die simpelste Version geworden.

In der Rahmenhandlung, irgendwann in den Siebziger Jahren, sitzt die alte Lee (rauchend, so wie sie sich durch den ganzen Film raucht) bei einem Interview mit einem jungen Mann. Wer er wirklich ist, erfährt man am Ende, und im Grunde macht diese Pointe wenig Sinn. Die Rückblenden werden immer wieder von den Interview-Szenen unterbrochen.

Die Geschichte beginnt nicht in den frühen Jahren, wo Lee Miller Teil der Pariser Künstlerwelt war, sondern kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, als sie mit ihren Freunden noch unbeschwert an der Cote d’Azur herumhing, noch ein Model war, das sich auch nackt fotografieren ließ, aber das Angebot des englischen Künstlers Roland Penrose (nach dem Krieg ihr Ehemann) annahm, mit ihm nach London zu gehen.

Von da an spulen sich in ziemlich rasender Geschwindigkeit, ohne besonderes „Hintergrunds“-Futter, die Stationen ihres Lebens ab – der „Blitz“ in London, ihr Karrierewechsel vom Model zur Fotografin, ihre „Abenteuer“ an der Front (einmal ins Gefecht geraten, und schon ist der Krieg aus), ihre Eindrücke des Nachkriegs-Deutschland (samt Hitlers Wohnung) und der Weg in die Konzentrationslager. Und ihr berechtigter Zorn, als die Zeitschrift ihre Bilder nicht bringt – sie wären zu verstörend, man wolle nicht zurück, sondern nach vorwärts blicken, versucht man ihr zu erklären …

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Das war’s auch schon, und man weiß, dass Lee Miller für ihre Fotografien längst die Anerkennung bekommen hat, die sie verdient (in Wien hat ihr die Albertina 2015 eine Ausstellung gewidmet). Der Film klappert die Stationen ab und scheint nur dazu da, Kate Winslet Emotionen aller Art auf und ab spielen zu lassen – das aber so vordergründig, dass es weht tut, als wolle sie quasi demonstrieren, wie man diese und jene Empfindung „spielt“. Wer sich davon beeindrucken lässt, wird sie für den „Oscar“ vorschlagen, aber die Geschichte wäre besser, hätte es auch die Hauptdarstellerin weniger plakativ gegeben.

Neben Kate Winslet gibt es eine Reihe braver Leistungen, Alexander Skarsgård als ihr so britischer Gatte, Andy Samberg als ihr jüdischer Fotografen-Kollege und Liebhaber, Josh O’Connor als ihr diskreter, verwirrter Sohn, Andrea Riseborough, die als Zeitungs-Chefin nicht so kann, wie sie wollte, Marion Cotillard als meist verzweifelte französische Freundin.

Aber vor allem ist der Film nicht nur als Huldigung an Lee Miller gedacht, die bei aller Erschütterung nie vergaß, auf den Auslöser zu drücken, sondern als großes Vehikel für Kate Winslet. Und das hat sie (vermutlich in der besten Absicht) vergeigt.

Renate Wagner

 

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