Filmstart: 23. Jänner 2025
DER GRAF VON MONTE CHRISTO
Le Comte de Monte-Cristo / Frankreich / 2024
Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière
Mit: Pierre Niney, Anaïs Demoustier ; Pierfrancesco Favinou,a,
Geradezu wunderbar „original“
„Der Graf von Monte Christo“ ist neben den „Drei Musketieren“ nicht nur der bekannteste Roman des „alten“ Alexandre Dumas (so benannt, weil sein Sohn sich, nicht zuletzt mit der „Kameliendame“, einen eigenen Namen machte), sondern für die Franzosen mehr. Obzwar ein historischer „Abenteuerroman“, der 1815, in der politisch so unruhigen Zeit von Napoleons „Hundert Tagen“ anhebt (wo die Wendehälse nicht wissen, ob sie sich an den derzeitigen König oder an ihren ehemaligen Kaiser halten sollen) und dann über Jahrzehnte weiter geht, ist das Werk gewissermaßen ein nationales Monument und entsprechend oft verfilmt.
Falls Wikipedia richtig gezählt hat, ist die gegenwärtige Verfilmung die achtundzwanzigste. Jean Marais war der berühmteste Darsteller des Edmond Dantes, Louis Jordan vielleicht der schönste, Gerard Depardieu wohl der markigste. Mit Pierre Niney steht nun ein Mann in dieser Rolle vor der Kamera, der in unseren Breiten nicht berühmt ist, aber trotz seiner schlanken Physiognomie (als „stattlich“ könnte man ihn nicht bezeichnen) eine sehr überzeugende Darstellung dieser fabelhaften Figur, die so viel zu leiden hat, bietet.
Warum immer wieder „Der Graf von Monte Christo!? Vielleicht, weil es eine so überzeugende Geschichte von Unrecht, Rache und Gerechtigkeit ist, weil man ganz bei Edmond Dantes ist, der von seinen Feinden und Rivalen (auch, weil man ihm die geliebte Frau wegnehmen will) in das finsterste Gefängnis geworfen wird, das man sich vorstellen kann, auf der vor Marseille gelegenen Insel Chateau d’If (wo man als Tourist immer noch seine angebliche Zelle besichtigen kann… )In den 14 Jahren, die er dort schmachtet, gräbt er sich zu seinem Zellennachbarn durch, den Abbé Faria, der ihm durch seinen Tod zur Flucht und zu jenem sagenhaften Reichtum (dem Schatz der Templer…) verhilft, der Dantes seinen Rachefeldzug ermöglicht. Als Graf von Monte Christo kehrt er in seine frühere Welt zurück – und rechnet ab.
Immer schön, immer spannend, und den Franzosen zu wertvoll, um die Geschichte durch irgendwelche Mätzchen zu verhunzen (wenn man sich nicht irrt, brauchten sie nicht einmal digitale Hilfsmittel). Also stellen sie auch 2024 einen prachtvollen Historienfilm, der spürbar keine Kosten gescheut hat, in aller (dreistündiger!) Ausführlichkeit auf die Leinwand. So schützt die Grand Nation, der der Stolz auf die Heimat nicht verboten wird wie uns, ihr Kulturgut.
Zwei Regisseure, Matthieu Delaporte and Alexandre de La Patellière, sorgen dafür, dass der an Figuren überbordende Roman, der sich über mehr als zwei Jahrzehnte erstreckt, auch die entsprechend schönen und interessanten Menschen auf die Leinwand bringt – es gibt ein verdammt großes Personal in dem tausend-Seiten-Roman von Dumas, und da uns die französischen Darsteller wenig vertraut sind, reicht ein Pauschallob und ein Hinweis, dass Mercedes, die Liebe von Dantes, die ihm entrissen wird, in Anaïs Demoustier eine schöne Besetzung findet und der interessante Abbé Faria von Pierfrancesco Favin entsprechend verkörpert wird.
Und, was man heutzutage (vor allem im Theater) nicht immer sagen kann, wenn es um Vorlagen geht, hier bewahrheitet es sich: Sieht man den Film, bekommt man einen sehr guten Eindruck des Romans mit all seinem genialen Schwung.
Renate Wagner