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Film: DER FLOHMARKT VON MADAME CLAIRE

02.05.2019 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 3. Mai 2019
DER FLOHMARKT VON MADAME CLAIRE
Le dernier vide-grenier de Claire Darling / Frankreich / 2018
Regie: Julie Bertuccelli
Mit: Catherine Deneuve, Chiara Mastroianni u.a.

Als Filmfreund hat man ein langes Leben mit Catherine Deneuve, Jahrgang 1943, verbracht. Sie war eine der hinreißendsten, schönsten jungen Blondinen, die man je gesehen hat (nur Grace Kelly kam da mit), damals noch an der Seite ihrer dann früh verstorbenen Schwester Françoise Dorléac in „Die Regenschirme von Cherbourg“. Sie zeigte sich früh experimentierfreudig (in Polanskis „Ekel“, 1965, oder Bunuels „Belle de Jour, 1967), aber auch durchaus mainstreamfreudig (als Mary Vetsera in einem prunkvollen „Mayerling“-Kitsch 1968). Ihr Abstecher nach Hollywood blieb rudimentär, sie war durch und durch Europäerin, drehte bemerkenswerte Filme mit ihren französischen Kollegen Alain Delon, Yves Montand, Gerard Depardieu („Die letzte Metro“, 1980) oder Philippe Noiret und war in Prestige-Produktionen wie „Indochine“ mit dabei. Unter „Acht Frauen“ war sie der strahlende Mittelpunkt, hat aber dann in ihren späteren Jahren auch viel Belangloses gedreht, sich an den seichten französischen Lustspielen beteiligt.

Kurz, man wartet auf die große Altersrolle, und man fragt sich, ob die Madame Claire in dem Film „Der Flohmarkt von Madame Claire“ Anspruch darauf erheben kann. Die Rolle hat es in sich, das Thema auch – wenn nur die Ausführung durch Regisseurin Julie Bertuccelli ein bisschen weniger behäbig und repetetiv gewesen wäre…

Die Deneuve, 76jährig, weißhaarig, rauchend, unverändert attraktiv, ein wenig verwirrt und dann wieder fest entschlossen, spielt jene Madame Claire, die sich einbildet, das Ende ihres Lebens sein gekommen. Jetzt. Heute abend noch. Und vorher will sie Ordnung machen.

Es ist ein Gefühl, das vermutlich viele alte Leute kennen. Sie sind umgeben von den Dingen ihres Lebens – im Fall von Madame Claire wahre Kostbarkeiten, ob Möbel, Antiquitäten, Tiffany-Lampen, altes Spielzeug, Schmuck, besondere Bücher. Das letzte Hemd hat keine Taschen, was will sie noch damit? Und doch zeigt der Film, wie schmerzlich es ist, alles vors Haus schleppen zu lassen (die Geschichte spielt in einer kleinen französischen Stadt) und einen Flohmarkt zu veranstalten?

Es wird klar, wie viel Erinnerungen an diesen Dingen hängen – und was alles hervorgerufen wird, wenn die entfremdete Tochter (gespielt von Chiara Mastroianni, die auch im Leben die Tochter von Catherine Deneuve ist) herbei geeilt kommt und die Frauen manches an verdrängtem Schmerz und selbst verschuldeter Fremdheit aufarbeiten müssen. Wenn Madame Claire einem Priester mit seinen Phrasen heftig Paroli bietet, ist das noch stark – wenn dann im und am Spitalsbett die Sentimentalität ausbricht, überzeugt die Sache schon weniger.

Es ist die Schwäche des Films, dass er so langsam läuft und vor allem zu wenige Impulse bietet, die Geschichte bleibt die längste Zeit einförmig dieselbe. Bis zu einem überraschenden Ende, das mehr oder minder offen bleibt (und das man aus „Spoiler“-Gründen nicht verraten darf, obwohl man seine Berechtigung gern diskutieren würde): Was da eigentlich geschehen ist, macht der Film, der so vielfach in der Luft hängt, dann doch nicht klar.

Aber die Deneuve zwischen dem Schwinden der Kräfte und dem Mobilisieren letzter Entschlossenheit zum Abgang – das ist schon etwas.

Renate Wagner

 

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