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Film: DAS GEHEIMNIS VON VELÁZQUEZ

Können, Inspiration, Genie

25.12.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 25. Dezember 2025
DAS GEHEIMNIS VON VELÁZQUEZ
L’énigme Velázquez / Frankreich / 2025
Regie: Stéphane Sorlat
Dokumentarfilm

Können, Inspiration, Genie

Velasquez ist ein magischer Name in der Kunst. Geboren 1599 in Sevilla, gestorben 1660 in Madrid, war er (mit Ausnahme von zwei Italienreisen) ganz in Spanien verhaftet, zudem ganz ein Mann des 17. Jahrhunderts, der damaligen Barockzeit. Als Hofmaler bei den letzten Habsburgern in Spanien schuf er nicht nur die Gemälde der königlichen Familie, sondern wandte auch – was ihn für die Nachwelt besonders interessant macht – sein Interesse den Outcasts und Underdogs zu, den Kleinwüchsigen und Mißgebildeten, wie sie damals an europäischen Höfen zur brutalen Unterhaltung „gehalten“ wurden.

Die Bewunderung, die Malerkollegen späterer Zeiten gerade diesem Diego Velasquez zollten, ist überdurchschnittlich. Bis heute zählt er zu den meist geschätzten, meist geachteten, meist hochgelobten Malern der Geschichte.

Worin besteht nun sein „Geheimnis“, so es eines gibt (und die Faszination nicht einfach von der Mischung aus Können, Inspiration und Genie ausgeht)? Der französische Regisseur Stéphane Sorlat hat sich in einer Dokumentation des Themas angenommen, wobei das Ganze zweifellos besser in das arte-Programm passt als ins Kino. Es geht gar nicht so sehr um das Biographische (das ja nicht ohne Bedeutung wäre), sondern um die Interpretation. Dafür hat der französisch Regisseur zahlreiche Fachleute vor die Kamera geholt, der Film „spricht“ Spanisch, Französisch, Englisch (mit Untertiteln), er spricht aber vor allem in Bewunderung – und Klischees. Selbst wenn der Regisseur Maler vor die Kamera holt (die sich ja nicht verbal selbst interpretieren müssen), können sie nicht wirklich sagen, was die Essenz des Velasquez-Schaffen ist, nur dass sie von seiner Kunst berührt und inspiriert wurden.

22 Damen und Herren „Fachleute“ kommen in den eineinhalb Stunden zu Wort, und am Ende hat man sich nichts von dem, was sie sagten, gemerkt, weil nichts wirklich zielführend ist. Wenn Stéphane Sorlat auch (mittels Dokumentarmaterial) Künstler wie Picasso und Dali zu Wort kommen lässt, oder Francis Bacon und Julian Schnabel, kann man diese zumindest einordnen. Es gibt auch noch Ausschnitte aus Filmen, und am Ende hat die Überfülle zu keinerlei Einsicht geführt.

Immer wieder stellt der Film „«Las Meninas“ ins Zentrum, „Die Hoffräulein“, wie man das Bild auf Deutsch nennt, eine Preziose des Madrider Prado. Dieser Schwerpunkt ist natürlich zu Recht gesetzt, es ist ein Hauptwerk und man kann gar nicht genug daran herum interpretieren. Es zeigt nämlich nicht, wie auf vielen Porträts, die kleine Infantin Margarita Teresa allein, sondern während einer Sitzung (auch wenn sie steht) für den Maler. Velasquez hat sich, mit Pinsel, selbst ins Bild gestellt, er lässt die Eltern der Infantin im Hintergrund hereinsehen, und er umgibt das damals fünfjährige Mädchen mit dem Hofstaat, darunter einer Zwergin. Als Genrebild vom Hof von Madrid ist das unersetzlich, Velasquez wollte nicht nur die Porträts der Infantin malen, sondern einmal das ganze Umfeld zeigen, in dem sich so ein Malprozess abspielte. Er lässt in seine reale Welt blicken, was bei den stilisierten Fürstenbildnissen, der religiösen und historischen Thematik nicht möglich ist.

Die Wissenschaftler arbeiten sich an diesem Werk ab. Aber im Grunde wird wenig Faktisches ausgesagt – etwa, dass Velasquez in einer schier einmaligen Bilderfolge die Entwicklung eines Kindes zum jungen Mädchen festgehalten hat, damit der Bräutigam in Wien, der über ein Jahrzehnt lang auf die künftige Gattin wartete, über ihr Heranwachsen informiert wurde. Bis Margarita Teresa nach Wien geschickt wurde, um ihren leiblichen Onkel (Leopold I. war der Bruder ihrer Mutter!) zu heiraten. Eine Information, die der Film schuldig bleibt.

Kurz gesagt, diese zweifellos ambitionierte, aber dramaturgisch ziellose Dokumentation hat das angebliche „Geheimnis“ von Velasquez nicht einmal definiert, geschweige denn gelöst. Statt faktischer Information bekam man jede Menge „Wissenschaftler-Sprech“, der nur sich selbst umkreist Keine Frage, Velasquez verdient jeden, absolut jeden Superlativ. Aber die hätten Laien im Kinosessel ebenso überzeugend beisteuern können.

Renate Wagner

 

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