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Film: DARK GLASSES

15.06.2022 | FILM/TV, KRITIKEN

film dark classes

Filmstart: 17. Juni 2022 
DARK GLASSES
Occhiali Neri  /  Italien  /  2022 
Drehbuch und Regie: Dario Argento
Mit: Ilenia Pastorelli, Asia Argento, Andrea Zhang u.a.

Gleich zu Beginn setzt die schwarzhaarige Diana, eine typische italienische Schönheit, schwarze Sonnengläser auf, da allerdings noch, um eine Sonnenfinsternis zu betrachten. Wenig später gerät die schöne Prostituierte, die allerdings keine zynische Hure, sondern ein nobles, seelenvolles Geschöpf ist, in das Visier eines Frauenmörders, der Rom unsicher macht. Er drängt sie mit seinem weißen Lieferwagen in einen Autounfall, bei dem auch ein chinesisches  Ehepaar ums Leben kommt – nur Chin, der siebenjährige Sohn des Paares überlebt. Und Diana ist danach blind…

Das klingt nicht nach einem Horrorfilm, und es wird auch keiner, trotz einer kleinen Blutorgie am Ende. Man ist erstaunt, dass Italiens Kultregisseur Dario Argento  einen so simplen Ausgangspunkt wählt: die Blinde, sprich Behinderte, und das Kind, sprich zusätzlich der Ausländer. Das ist, wenn die beiden zusammen kommen, weit eher konventionell rührend als in irgendeiner Weise interessant oder dramatisch.

Nun hat Argento seit zehn Jahren keinen Film mehr gedreht und ist mittlerweile über 80, was seinen sanften Zugang zur Geschichte erklären mag. Die glitzernde Exzentrik früherer Argento-Streifen geht diesem völlig ab.

Und auch als die Blinde und das Kind, die faktisch nur einander haben, auf die Flucht vor dem sadistischen Killer geschickt werden, gibt es wenige echt horrormäßige Elemente (na, ein paar Wasserschlangen, die sich – allerdings folgenlos –  um den Hals der Heldin schlingen, vielleicht für ein paar Schrecksekunden).

Das Blutbad am Ende verdankt man, nur das sei verraten, dem Blindenhund der Dame, dabei entdeckt man, dass man dem Täter schon früher begegnet ist, und nach einiger Zeit mäßiger bis gar keiner Spannung ist alles vorbei, und Diana und Chin müssen sich trennen, wenn er von seiner Cousine nach China gebracht wird. Abschied am Flughafen, Umarmung des Hundes als einzigem Freund, der Diana bleibt, und Kopf schüttelnde Zuschauer, die mit Versprechen ins Kino gelockt wurden, die nicht eingehalten werden.

Tatsächlich wirken manche Szenen (etwa auf der Flucht durch den Wald) seltsam ungeschickt, und es ist nur die wirklich bildschöne Römerin Ilenia Pastorelli, die das Interesse aufrecht erhält – und natürlich der kleine Chinese Andrea Zhang, der verhältnismäßig un-niedlich und unsentimental geführt ist, wofür man nur dankbar sein kann. Wie so oft hat die Tochter des Regisseurs, Asia Argento, eine sympathische Nebenrolle, ist aber bald eine der Leichen, die herumkollern.                              

Von Horror ist nicht die Rede, von großer Filmkunst auch nicht. „Warte bis es dunkel wird“ war spannender – blind allein reicht ja doch nicht.

Renate Wagner

 

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