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Film: CYRANO

03.03.2022 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 3. März 2022 
CYRANO
GB  /  2022 
Regie: Joe Wright
Mit: Peter Dinklage, Haley Bennett, Kelvin Harrison Jr. u.a.
Österreichisches Prädikat: Wertvoll

Cyrano de Bergerac ist immer „in“, der historische französische Dichter, den Edmond Rostand mit seinem Theaterstück unsterblich gemacht hat. Immer wieder auf der Bühne (demnächst spielt das Burgtheater eine Fassung des modernen Engländers Martin Crimp), immer wieder auf der Leinwand, von José Ferrer bis Gerard Depardieu. Und nun wieder ein Film – ein bisschen anders.

Erstens ist Cyrano hier nicht durch die übergroße Nase gebrandmarkt, die gewissermaßen sein Markenzeichen ist und ihn als Objekt der Begierde für schöne Damen ausscheidet. Aber die Kleinwüchsigkeit von Peter Dinklage erzielt dasselbe Ergebnis: ein netter Kerl zum Plaudern, aber in so etwas verliebt man sich wirklich nicht…

So könnte man diese Geschichte neu erzählen, man tut es auch, aber aufgehübscht zum Musical. Es stammt von Aaron und Bryce Dessner, wurde 2018 in den USA aufgeführt, und langweilt mit der trivial-süßlichen, nichtssagenden Musik, die heute das Genre so oft begleitet. Und wer so etwas nicht wirklich mag, dem kann das den ganzen Film vergällen, wenn auch schöne, scharfe Dialogszenen (zumal so exakt gesprochen, wie sie sein sollten), dann endloses Song-Gesülze mit entsprechenden Tanzszenen im Hintergrund folgt…

Man fragt sich wirklich, warum Regisseur Joe Wright, der schon einige gelungene Literaturverfilmungen geliefert hat, diese „Fassung“ wählte, die der Qualität des Stücks Abbruch tut. Allerdings hat er einen schön ausgestatteten Historienschinken gewebt, der durchaus nicht auf der Oberfläche gefälliger Bilder tümpelt. Der Film hat auch jedes Verständnis für die Tragikomödie, die sich da in den Schicksalen der drei – vortrefflich besetzten – Hauptfiguren spiegelt.

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Cyrano, der Soldat und Dichter, liebt die schöne Roxane, die ihn gern zum Freund hat, weil man mit ihm so gut und auf hohem Niveau plaudern kann. Es gibt eine Szene, wo sie Cyrano gesteht, sie sei verliebt – und er ein paar Sekunden lang glauben kann, will, dass sie vielleicht ihn meint. Bevor die Enttäuschung, die ebenso wenig gezeigt werden darf wie die Hoffnung, ihn innerlich niederschmettert: Peter Dinklage ist wunderbar in dieser Rolle, und in Szenen wie dieser erst recht.

Da ist Roxane, die nicht nur ein schönes Gesicht, sondern auch ein Köpfchen hat, vielleicht ist sie ein bißchen auch eine lächerliche Preziöse, wie Molière die semi-gebildeten Frauen nannte, aber nein, Cyrano hat sie in der Bibliothek ihres Vaters kennen gelernt, von Literatur, Poesie und Worten versteht sie etwas. Natürlich verliebt sie sich in das hübsche Gesichte von Christian, aber man sehe sich nur an, wie Haley Bennett die Enttäuschung, ja, den Ärger spielt, als sie von ihm literarische Liebesbezeugungen erwartet und er nur ein „Ich liebe dich so sehr“ herausbringt… Das ist bezaubernd wie die ganze Figur, die sie da hinstellt.

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Ja, und der schöne Christian, der gleich zugibt, dass er mit Schöngeistigkeit nichts am Hut (und im Hirn) hat, weshalb Cyrano ja einspringen und ihm die richtigen Worte in den Mund legen muss. Kelvin Harrison Jr., PoC, hat genau das „pretty face“, in das man sich leicht verlieben kann, gibt der Figur aber auch ihren Charakter, wenn er erst übermütig meint, Cyrano nicht mehr zu brauchen, nachdem er Roxanes Liebe sicher ist – und reumütig zurückkehrt, wenn er merkt, dass doch noch etwas Verstand von ihm erwartet wird.

Kurz, Wright hatte eine vorzügliche Besetzung, hat in Sizilien gedreht und altes Gemäuer und schöne historische Kostüme mit großem Reiz umgesetzt, gibt dem Werk aber am Ende mit seinen Kriegsszenen und Cyranos Tod im Kloster auch die schöne Tragik. Kurz, alles wäre vorzüglich – wenn sie nicht singen würden!

Renate Wagner

 

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