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Film: CHILD’S PLAY

15.07.2019 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 18. Juli 2019
CHILD’S PLAY
USA / 2019
Regie: Lars Klevberg
Mit: Gabriel Bateman, Aubrey Plaza, Mark Hamill (Stimme) u.a.

Die Genres sind fix – also beispielsweise Horrorfilme -, die Accessoires wechseln. Mal schickt man Zombies aus, mal müssen junge Leute in den Wald, um sich dort zu fürchten. Dergleichen kommt in Schüben. Derzeit sind die dämonischen Puppen an der Reihe. Eben noch war die unheimliche „Annabelle“ schon im dritten ihr gewidmeten Film in den Kinos, und schon kommt „Chucky“, eine ähnlich mörderische, ähnlich „kultige“ Puppe, um das Publikum mit dem irrationalen „Bösen an sich“ zu konfrontieren.

Gehen wir davon aus, weder Fan noch intimer Kenner der originalen „Chucky“-Puppe (der Film von 1988) zu sein (denn da gab es schon die üblichen Proteste der Aficionados, die in unseren Zeiten durch die sozialen Medien dann immer so laut sind). An sich hat die Geschichte, wie der norwegische Regisseur Lars Klevberg (der schon in „The Wall“ ein Kind in eine Extremsituation versetzt hat) sie hier erzählt, einen absolut begreiflichen Ausgangspunkt. Man weiß, dass vernachlässigte Kinder ihre Spielzeuge zu „Partnern“ machen, mit ihnen reden, ihnen Nöte anvertrauen – nur dass hier keine Mutter (Aubrey Plaza als Karen Barclay) leichtfertig die Wohlstandsverwahrlosung ihres 13jährigen Sohns verursacht. Vielmehr ist sie schwer beschäftigt, sie beide über Wasser zu halten, und arbeitet als Verkäuferin in einem Warenhaus. Dort kommen immer wieder Dinge zurück, die dann niemand will und braucht.

Und so bringt sie ihrem Sohn Andy (Gabriel Bateman) seine HighTech-Puppe mit, als „Buddi“ für Kinder gedacht, große Augen, seltsames Aussehen – und die Fähigkeit zur verbalen Kommunikation. Das wundert heutzutage ja ohnedies niemanden mehr, dass „tote“ Dinge mit uns sprechen… obwohl es doch ein bisschen was Schauriges hat.

Eigentlich will der einsame Andy ja keine Puppe und würde sich mit „Chucky“ gar nicht beschäftigen – aber das lässt dieser nicht zu. In langen Sequenzen werden hier Psychoterror-Methoden angewendet, mit denen Chucky die Freundschaft mit Andy geradezu erzwingt (im Original ist es die Stimme von Mark Hamill). Man kennt diesen emotionalen Druck, den Menschen, die darin versiert sind, ausüben können, um ihren Willen durchzusetzen – hier ist es Chucky, und eigentlich will er nur „ein Freund“ sein. Aber er ist auch Beschützer, wenn jemand Andy was tut – na, dann fällt Chucky Schlimmes ein, um ihn zu rächen… Motto: Gib acht, was Du Dir wünschst.

Was dann kommt, braucht man nicht zu schildern, allerdings entwickelt sich der Horror irgendwie logisch, die titelgebenden „Kinderspiele“ sind schnell keine mehr – man gleitet von der psychologischen Studie in den Slasher-Thriller, und man vollzieht das Entsetzen von Andy mit, der von der enthemmten Puppe quasi im Würgegriff gehalten wird und ihre irren Taten mit ansehen muss. Logischerweise glaubt ihm ja auch keiner, dass Chucky die ekelhaften Morde begeht… Bis eine Mutter begreift, dass man seinem Kind zuhören muss. Und es sind schließlich echte Morde, mit deren Lösung der Detective (Brian Tyree) konfrontiert ist.

Klar, dass das Ende kein wirklich glückliches ist. In unendlicher Anzahl warten verpackte Chuckys im Warenhaus darauf, an Kinder ausgeliefert zu werden, Firmenboß Kaslan (Tim Matheson als unheimlicher Mogul) hat sie kreiert, sie sind da – und so mischt sich der Horror mit unseren Zukunftsängsten über die Dinge, die da auf uns zukommen und wir nicht mehr kontrollieren können (was Goethe schon beim „Zauberlehrling“ eingefallen ist).

Tatsache aber ist, dass diese Art von blutigem, perversem, gewissermaßen realem Horror (Fans des Genres werden ihn „einfallsreich“ finden) auch immer mit einer schrecklichen psychischen Meta-Ebene Hand in Hand geht – wo liegen überall die Abgründe, die Menschen in Horror-Filme treiben? Bannen wir damit unsere Ängste, indem wir sie auf die Filmleinwand („ist eh nicht wahr“) auslagern?

Renate Wagner

 

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