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Film: BULLET TRAIN

04.08.2022 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart:  4. August 2022 
BULLET TRAIN
USA  / 2022
Regie: David Leitch
Mit: Brad Pitt, Joey King, Sandra Bullock u.a.

Brad Pitt ist nicht wirklich sein übliches, strahlendes Selbst mit einem verknautschten,, schlappigen Touristenhut, das Blondhaar halblang-speckig, fast patschert wirkend, als er dahinschlendert und einen Anruf entgegennimmt. Auftrag: Im Nachtzug von Kyoto nach Tokyo einen Koffer an sich nehmen, einfache Sache. Er mault ein wenig und tut es.

Damit besteigt der Kinobesucher mit Ladybug (ein seltsamer Kosename, der etwas wie „weibliches Insekt“ bedeutet) den legendären Shinkansen und begibt sich in die Verfilmung des japanischen Romans „Bullet Train“ (Maria Beetle) von Kōtarō Isaka. Viel Japanisches ist nicht geblieben bei einer hollywood-gemäß gemischten Besetzung (Weiße, Afroamerikaner, Asiaten). Wer je in Japan war und als Tourist dann natürlich selbst mit dem Shinkansen gefahren ist, wird ziemlich enttäuscht, wie schwach der Milieu-Faktor ausgefallen ist – aber man musste ja im amerikanischen Atelier drehen, weil Corona die Reise nach Japan nicht zuließ. Ist auch nicht so wichtig, um Japan geht es ja nicht.

Worum es überhaupt geht, fragt man sich in den folgenden zwei Stunden immer wieder, wenn man in ein schreckliches Gewure von Auftragskillern gerät, die vollmundig Blödsinn reden und einander umbringen wollen. Man hat eigentlich gar keine Lust auf die Rätselspiele, wer wer ist und wer wen um die Ecke bringen  will – am Ende gibt es dann einen wahren Erklärungsmarathon, wobei es meist um Rache gegangen sein soll. Aber – eh egal.

Regisseur David Leitch, vom einst berühmten Stunt-Koordinator zum Action-Film-Macher aufgestiegen, will ja ohnedies nur eine Prügelei nach der anderen inszenieren. Perfekt auf engstem Raum (der Zug ist zwar lang, aber schmal) und so hart, wie es Kinofans des Genres lieben. Und dabei immer ironisch – da hören die Herren höflich auf, sich die Schädel einschlagen zu wollen, wenn die japanische Stewardess mit ihrem Essenswägelchen durchfährt, fangen aber gleich wieder an, wenn sie weg ist – um sich dann vom Klingeln ihres Smartphones davon abhalten zu lassen, die Tat zu vollenden. Das ist hie und da komisch. Aber da es einfach nur meist undurchsichtiges Geblödel gibt (alle Nebenrollen benehmen sich, wie Drehbuchautoren sich skurrile Auftragsmörder vorstellen), ist die Sache bald langweilig.

Tatsache scheint jedenfalls, dass „Bullet Train“ unter irgendwelchen Tschin-Bumm-Movies unbeachtet untergehen würde, wäre da  nicht Brad Pitt. Ende nächstes Jahr kratzt er an den Sechziger, hat sich aber viel glaubwürdiger „jung“ erhalten als der starrgesichtige Tom Cruise.  Durch und durch selbstironisch als Killer wider Willen, der lieber einen milden Gutmenschenspruch loslässt, bevor er nolens volens losprügelt, ist er das Vergnügen des Films. Er hat auch wohl dafür gesorgt, dass er der einzige Starname ist, der Publikum in die Kinos holt.

Mit Ausnahme von Sandra Bullock, aber was hier passiert, ist wohl ein klassisches Joint Venture: Hat Brad Pitt vor einiger Zeit in ihrem Film „Lost City“ einen köstlichen Cameo-Auftritt hingelegt, kommt sie (in der englischen Fassung unverkennbar) hier als seine Agentin meist als Stimme aus dem Telefon. Nur am Ende taucht sie schätzungweise eine Minute lang auf, um ihn aus dem allgemeinen Chaos aufzupflücken. Fortsetzung dafür braucht es aber wirklich keine.

Renate Wagner

 

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