Filmstart: 15. Mai 2025
BLACK BAG – DOPPELTES SPIEL
Black Bag / USA / 2025
Regie: Steven Soderbergh
Mit: Michael Fassbender, Cate Blanchett, Marisa Abela, Naomie Harris, Pierce Brosnan u.a.
Hohe Schule der Spionage
Dass ein Ehepaar gemeinsam bei einem Geheimdienst (hier ist es der britische) angestellt ist, scheint nicht wirklich wahrscheinlich, wirkt aber als Vorgabe für ein Drehbuch nicht neu. Liebt man sich, vertraut man sich – und was tut man, wenn der Vorgesetzte die Gattin auf eine Liste von fünf Namen gesetzt hat, die alle verdächtig sind, ein Geheimdokument gestohlen zu haben? Kein Wunder, dass Michael Fassbender als der mit der Lösung des Falls beauftragte Agent so bedrückt und unbeweglich dreinsieht (was er übrigens den ganzen Film durchhält).
Auch ein Regisseur wie Steven Sonderbergh, der u.a. für die „Ocean’s“-Erfolgsfilme verantwortlich war, dessen „Oscar“ aber auch schon ein Vierteljahrhundert zurück liegt, produziert nicht nur Hits. Tatsächlich hat man seit Jahren nichts Besonderes von ihm gesehen – bis nun, bis „Black Bag“. Das ist übrigens ein Fachausdruck, den das Agenten-Ehepaar untereinander benutzt: Wenn es um etwas geht, das so streng geheim ist, dass sie auch mit dem Partner nicht darüber sprechen dürfen, sagen sie nur locker „Black Bag“, der andere nickt verständnisvoll, und die Sache ist erledigt. Allerdings nicht, wenn man als Ehemann der Ehefrau nachspionieren muss…
Michael Fassbender und Cate Blanchett spielen das beruflich hoch professionelle Paar George und Kathryn, die einander wirklich lieben. Jeder versichert dem anderen, dass er für ihn töten würde, und das glaubt man ohne weiteres. Was also, wenn die Partnerin die Gesuchte wäre – wie weit geht man als Gatte dann? George kommt aus der Zweifels- und Mißtrauensfalle jedenfalls nur heraus, indem er den Verräter findet. Das Drehbuch geht da Schritt für Schritt klug und keinesfalls effekthascherisch vor.
Es sind zwei Damen und zwei Herren, die außer Kathryn auf der Liste stehen, und vor allem die Frauen sind so glänzend besetzt und haben so prachtvolle Rollen, dass sie Cate Blanchett gelegentlich fast die Show stehlen. Marisa Abela als Clarissa ist eine junge, hoch nervöse Schönheit, die ihrem Liebhaber die Hölle heiß macht, aber durchaus zu Seitensprüngen bereit wäre. Sie ist fast enttäuscht, als George sie erpresst, ihre IT-Qualitäten einzusetzen, um Kathryn bei einer Schweiz-Reise zu beobachten (haben die Geheimdienste wirklich Zugriff auf alle Überwachungskameras in aller Welt???) und sonst nichts von ihr will…
Und Naomie Harris (sie war zweimal die Moneypenny von Daniel Craigs James Bond) ist gleich hübsch, geheimnisvoll und promiskuitiv als Psychologin Zoe, die sehr viel über die Geheimagenten weiß, die in ihrem Behandlungszimmer sitzen…
Und da ist noch der gute Freund von George, Freddie (Tom Burke) und der smarte Agent James (Rege-Jean Page), dem man ansieht, wie gezielt er agiert und zu manipulieren versucht.
Anfangs versammeln George und Kathryn die vier Kollegen zu einem Abendessen in ihrer Wohnung, wo es vor Spannung nur so knistert, zumal George („Ich hasse Lügner“) ein paar peinliche Wahrheiten (wer schläft mit wem) preis gibt. Später setzt er alle vier dem Lügendetektor aus… Kathryn nicht. Das kann er nicht.
Es wäre der Gipfel an Unfairness, den „Täter“ zu verraten, einer von den Fünf ist es jedenfalls, und klar wird auch, dass es, wie in jedem Korb, auch beim Geheimdienst faule Äpfel gibt. Am Ende zählt auch Pierce Brosnan, weißhaarig und unwiderstehlich elegant als einer der obersten Chefs, dazu?
Es ist ein Film, in dem es dem Regisseur „nur“ um gepflegte und elegante Spannung geht, und doch wird klar, was der Beruf eines Agenten alles verlangt, wenn man nie weiß, wem man trauen kann. Na, man muss ja nicht ins Spionagegeschäft gehen… viel schöner, sich im Kino angeregt dabei zu unterhalten, zumal, wenn so gut gespielt wird, wenn auch Kamera und Schnitt so vorzüglich sind (beides von Steven Soderbergh unter Pseudonymen selbst übernommen, was ohnedies jeder weiß…).
Wenn man bedenkt, wie viel Mittelmäßiges gerade in diesem Genre produziert wird, freut man sich über Gelungenes.
Renate Wagner