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Film: BERLIN NOBODY

Sophie, ach Sophie, was bist Du so fad?

30.07.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart.  1. August 2024 
BERLIN NOBODY
A Sacrifice  /  USA, Deutschland  /  2024 
Drehbuch und  Regie: Jordan Scott
Mit: Eric Bana, Sadie Sink, Sylvia Hoeks u.a.

Sophie, ach Sophie,
was bist Du so fad?

Natürlich schadet es in Hollywood nicht, wenn man einen berühmten Vater hat. Projekte realisieren sich leichter, wenn dieser sich für den Nachwuchs auf den Produzentensessel schwingt. Aber die Nachteile sind evident – Vergleiche bleiben nicht aus, und man kennt kein Beispiel, wo diese zugunsten der jüngeren Generation ausgefallen wären…

Kürzlich erst hat sich Ishana; die Tochter von M. Night Shyamalan: mit „The Watchers“ im Horrorgenre des Papas versucht und ist gescheitert. Nun wählte Jordan Scott (der undefinierbare Vorname verweist auf eine Frau) ein Thema, das Papa Ridley Scott vermutlich nicht angegriffen oder, wenn überhaupt, zu einer grandiosen Gänsehaut-Show gestaltet hätte. So hingegen ist „Berlin Nobody“ zu einem Film geworden, der das schale Gefühl hinterlässt, sein Thema ziemlich versenkt und verschenkt zu haben.

Vielleicht wäre es sinnvoller geworden, den zugrunde liegenden Roman („Tokyo“ von Nicholas Hogg) tatsächlich in Tokyo spielen zu lassen, denn das Sektenwesen, um das es geht, ist in Japan vermutlich präsenter als in Deutschland. Und Berlin, so sehr man es mag, wirkt hier als Hintergrund-Schauplatz nicht wirklich dämonisch.

Der Film, im Original „A Sacrifice“ (weil es auf die Selbstmord-Opfer von Sektenmitgliedern hinausläuft), erzählt parallel die Geschichte von Vater und Tochter, zwei Amerikaner in Berlin. Ben Monroe (ein solide-farbloser Eric Bana) ist Soziologie-Professor, nach seiner Scheidung in Amerika nach Deutschland gekommen, um über Sekten zu forschen und zu lehren. Die 17jährige Tochter Mazczy (rothaarig und liebenswert: Sadie Sink) besucht ihn und erlebt durch Martin, einen deutschen Jungen, den sie kennen lernt (ist Jonas Dassler sympathisch oder hintergründig?), das Gleiten in eine Sekte am eigenen Leib.

Später stellt sich auch heraus, dass Menschen, die man für durchaus vernünftig hielt wie die Polizistin Nina, mit der Ben ein Verhältnis beginnt (attraktiv: die Holländerin Sylvia Hoeks), auch Gefahr laufen, in die Fänge der Sekte zu geraten, die bloß vorgibt, als Retter der Erde  die Menschen und unsere Welt besser machen zu wollen…

Für uns ist an der oberflächlichen Geschichte, wo die Drehbuchautorin / Regisseurin gerne in irreale Traumsequenzen ausweicht, statt das Problem scharf zu analysieren, einzig die Besetzung der Sekten-Führerin mit Sophie Rois interessant. Diese hat sich allerdings entschlossen, die Figur nicht zu einer intensiven Verführerin zu machen, sondern mit übersanftem Ton all die unglücklichen, einsamen, verlorenen Schichten ihrer Opfer anzusprechen, denen sie Gemeinschaft und  ein erfülltes Leben für ein höheres Ziel verspricht (das dann in der Selbstverbrennung gipfeln wird…wobei Opfer mit Drogen gefüttert werden, um sie gefügig zu machen).

Nun ist man ein Rois-Fan der ersten Stunde,  seit man sie auf der Bühne gesehen hat, vor allem für ihre Fähigkeit des Exzesses – hier mündet die selbst gewählte Blässe der Figur nicht in Grusel, sondern mangelnder Überzeugungskraft…

Was soll man sagen? An Ende brennt jemand, jemand anderer wird aus dem Wasser gerettet (das in den Träumen eine so große Rolle gespielt hat), und man erhebt sich unbewegt und intellektuell unbefriedigt aus dem Kinosessel.

Renate Wagner

 

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