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Film: 3 ENGEL FÜR CHARLIE

30.12.2019 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 2. Jänner 2020
3 ENGEL FÜR CHARLIE
Charlie’s Angels / USA / 2019
Drehbuch und Regie: Elizabeth Banks
Mit: Kristen Stewart, Naomi Scott, Ella Balinska, Elizabeth Banks, Patrick Stewart u.a.

Man kennt die Damen in vielen Varianten, sie sind vom Fernsehschirm mehrfach schon auf die Kinoleinwand gewandert. Stets hat man sich an die neuen Engelchen gewöhnt, ohne ihnen besonderen Stellenwert in der Geschichte des Unterhaltungskinos einzuräumen. Daran wird sich auch diesmal nichts ändern, wenngleich das Trio durchaus taff und sympathisch ist. Es hat nur einen Fehler – die dunkelhaarigen Damen sind einander zu ähnlich…

Bisher hatte man für die Unterscheidbarkeit der Ladies gesorgt – im Fernsehen (Farrah Fawcett, Kate Jackson und Jaclyn Smith), im Film (Cameron Diaz, Drew Barrymore und Lucy Liu). Diesmal ist Kristen Stewart (erinnerlich aus der „Twilight-Saga“) die Blondine, die beiden anderen Ladies hingegen – Naomi Scott (indisch-britischer Abstammung) und Ella Balinska (karibisch-polnischer Abstammung), sind bildschöne junge Frauen, aber zumindest auf den ersten Blick verwechselbar. Nach all den Shitstorms in den Medien versteht man den Trend, zunehmend „farbig“ zu besetzen, aber es muss Sinn machen. Vielleicht hätte auch diesmal eine Asiatin als Dritte im Bunde den besten Kontrast geliefert…

Dennoch ist das, was Elizabeth Banks – selbst als Darstellerin bekannt und auch mitwirkend – als Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin liefert, ein bisschen anders als sonst. Die Frauenpower, um die es uns heute geht, kommt hier selbstverständlich daher. Und die Heldinnen werden nicht mehr als Sexobjekte ausgestellt, weder auf der Leinwand noch für die Zuschauer unten. Das ist ein sehr bewusster Akt. Also – manchmal ein bißchen wenig Glamour für diese Art von Film.

Apropos „sexy“ – die Geschichte beginnt, wie man es erwarten kann (aus früheren Gewohnheiten heraus): Eine Blondine mit aufreizender Haartracht flirtet einen Asiaten an, aber ganz schnell verwandelt sich das scheinbare Liebesspiel in einen ausgewachsenen Kampf, wobei die Dame keinesfalls der schwächere Teil ist. Dann wirft sie die langen Locken weg und steht mit Kurzhaarfrisur da. Und Patrick Stewart, der von Bill Murray (im letzten Film, 2000) den Engel-Anführer John Bosley übernommen hat, tritt auf (wer der „Charlie“-Boss im Hintergrund ist – wer weiß? Bosley ist ja nur der Vermittler zwischen dem Allerhöchsten und den Mädels…).

Von den Lady-Fighterinnen sind diesmal nur zwei aktiv im Status, Sabrina (besagte Kristen Stewart), die zu Beginn den Gangster Johnny unschädlich macht, und Jane (Ella Balinska, die Schönste und Komischste unter ihnen), während Elena (Naomi Scott) glaubhaft eine blitzgescheite Wissenschaflerin verkörpert (in Hamburg übrigens), die sich von den Männern herablassend behandeln lassen muss – bis #metoo war das so. Sie tritt erst am Ende in den „Engel“-Status ein, was zeigt, dass man a priori an eine Fortsetzung gedacht haben mag – bis die katastrophalen Einspielergebnisse in den USA dem Trio vermutlich, kaum geboren, schon wieder ein Ende gesetzt haben.

Elena weiß, dass „Calisto“, eine neu entdeckte Energiequelle, nicht nur angeblich umweltschonend ist („clean energy“, das Thema unserer Zeit! Politisch korrekt bis ins Detail), sondern, falsch eingesetzt, auch die Menschheit gefährdend sein kann (billiger gibt man es in dieser Art von Filmen nicht, die intellektuell immer auf Kindertheater-Niveau ablaufen). Als sie das verhindern will, wird sie von skrupellosen Männern fast umgebracht, von einem „Engel“ gerettet, wobei auch in deren Welt ein bisschen Kuddelmuddel herrscht, weil es mittlerweile viele „Bosleys“ gibt. Und weil der eine sich der Pension nähert, kommt die andere in Gestalt von Elizabeth Banks, der Regisseurin, und man kann ihr nicht übel nehmen, dass sie sich selbst ausführlich in Szene setzt. Und irgendwo ist auch da der Wurm, sprich ein Verräter, drin…

Übersichtlichkeit ist nie die Stärke dieser Filme, aber im Großen und Ganzen weiß man, wo die „Guten“ sind, und man hält sich an das, was geboten wird (übertrieben viel ist es nicht): In Rio hat’s begonnen, dann kam Deutschland, nächster Schauplatz Istanbul (wo man auf ein deutsch-fernsehbekanntes Gesicht stößt, Marie-Lou Sellem, weiß der Himmel, wie sie in diese Besetzung geraten ist), die tödliche Waffe Callisto soll verkauft werden, wenn da nicht die Engel wären…

Am Ende erfährt man, wer der Verräter war (immerhin), und schließlich darf auch Elena (nachdem sie einiges durchmachen musste, Stichwort: Hundehalsband) ein Engel werden. Und niemand verlange, dass man die Handlung genau verstehe und nacherzähle, darauf kommt es schließlich nicht an. Sondern auf die drei Darstellerinnen, die auch Frauen-Solidarität glaubhaft machen und sich um einander kümmern, und die zumindest als Charaktere verschieden genug sind. Und die Action-Szenen, die die Handlung immer voran treiben, zeigen: Merk’s, Frauen können alles, Kampf- und Prügelszenen werden keineswegs schüchtern angegangen, hart und schmutzig – klar!.

Am meisten Lob bei der amerikanischen Kritik bekam allerdings die Regisseurin – sie hat mit der Feminismus-Schiene genau den Weg gewählt, für den man heutzutage des Lobes sicher sein kann. Doch was nützt die “Bravheit”, wenn zu wenige Leute das sehen wollen? In Hollywood entscheidet nun einmal das Klingeln der Kinokasse.

Renate Wagner

 

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