FANO/ Pesaro /Corte Malatestiana : I NOSTRI PER ROSSINI
am 24.8.2023 (im Rahmen des neuen Festivals Il Belcanto ritrovato)
Foto: Luigi Angelucci
Die Idee ist so watscheneinfach, dass man sich wundert, dass noch niemand vorher drauf gekommen ist.
Es ist ja allgemein bekannt, dass Gioacchino Rossini, wenn er einen Abgabetermin einzuhalten hatte und ihn „die zehnte Muse“ (= die Eile) auch noch nicht ausgiebig genug geküsst hatte, die Komposition einiger fehlender Neben-Arien delegierte, „outsourcete“, an ihm nahestehende Mitarbeiter und Kollegen (die alle hochstehende Musiker waren !) als Sub-Unternehmer in Auftrag gab.
Was läge also näher, als alle diese zwar eindeutig nicht vom Meister selbst stammenden, teilweise aber noch immer nicht einem Komponisten zuordenbaren Arien einmal an einem Abend aufzuführen?
Das dachte sich auch das Leading Team des noch jungen Festivals Il Belcanto Ritrovato und startete seine zweite Saison im wunderschönen und wunderschön renovierten „Corte Malatestiana“ in Pesaros Nachbarstadt Fano.
Dargeboten wurden: Einlagearien von Domenico Mombelli („Demetrio e Polibio“), Pietro Romani (il Barbiere di Siviglia“), Luca Agolini („ La Cenerentola“), Michele Carafa („Mosè in Egitto“) und Giovanni Tadolini („Stabat Mater“) aber auch von bis heute unbekannten Mit-Komponisten (für „Adina“, „Tancredi“ und „L‘Italiana in Algeri“ etc.)
Die Initiative ist äusserst lobenswert und äußerst spannend. Nicht sehr überraschenderweise war der Erkenntnisgewinn dieses Abends aber ein ähnlicher wie bei der Birraio-Oper am Tag darauf: nämlich der, uns den Qualitätsunterschied zwischen dem Meister aller Meister und seinen unmittelbaren Zeitgenossen (die ja mit seinem Werk engstens vertraut waren) vor Ohren zu führen.
Es gibt ihn halt, den Götterfunken, es gibt sie halt, die Inspiration, es gibt es halt, das Genie…
Außerdem müssten die Festivalmacher bei der Auswahl der Sänger eine größere Sorgfalt an den Tag legen. Wenn da nicht absolute Qualität vorherrscht (was bei diesem Konzert leider nicht der Fall war) wird man selbst die geneigtesten Musikfreunde nicht von auch noch so interessanten Wieder-Entdeckungen überzeugen können…
Aber die Nacht war lau, der Mond nahm zu, und der Corte Malatestiana bezauberte uns alle…
Robert Quitta, Fano