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Fakten zum Regisseur Kirill Serebrennikow vom April 2021 – Auszug aus „Plädoyer zur Kraft werkimmanenter surrealer Inszenierungen“ Teil 9

26.10.2021 | Themen Kultur

Fakten zum Regisseur Kirill Serebrennikow vom April 2021 – Auszug aus „Plädoyer zur Kraft werkimmanenter surrealer Inszenierungen“ Teil 9

https://onlinemerker.com/tim-theo-tinns-plaedoyer-zur-kraft-werkimmanenter-surrealer-inszenierungen-teil-9-beispiel-parsifal-wiener-staatsoper-alles-klar-nachts-ist-kaelter-als-draussen/

Die Karriere ist beeindruckend: er wird als Starregisseur, Dissident, politisch verfolgt und Alleskönner gehandelt. Er inszeniert Film, TV, Oper, Schauspiel, Ballett, gestaltet Bühnenbilder und Kostüme etc. Seit 2008 ist er Professor der Moskauer Theaterschule, 1992 hat er ein Physikstudium abgeschlossen. Seitdem ist er offensichtlich nach Anfängen im Amateurtheater in der etablierten russischen Theaterlandschaft und auch international unterwegs. Prominent hat er in Russland z. B. 2017 am Bolschoi- und auch am Mariinski-Theater Oper und Ballett inszeniert.

Serebrennikow hat im Ergebnis stundenlanger Recherche keinerlei theateradäquate Ausbildung, in keinem seiner Tätigkeitsbereiche, blieb bis Febr. 2021, also noch weit nach seiner Verurteilung, künstlerischer Leiter des Moskauer Gogol-Zentrums, obwohl schon seit 2017 strafrechtliche Ermittlungen wegen Unregelmäßigkeiten im Finanzhaushalt dieses Theaters bestanden.

Die Staatsanwaltschaft forderte im Juni 2020 wegen Veruntreuung staatlicher Millionen sechs Jahre Lagerhaft und 800.000 Rubel Geldstrafe.  Am 26. Juni 2020 wurde er wegen Veruntreuung schuldig gesprochen und zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe (also relativ milde an anderen russischen Schicksalen gemessen) verurteilt. Der Vorwurf, dass „die Kasse“ nicht stimmte wurde sachlich nie entkräftet.

Mögen es vergleichbare Umstände wie in unseligen Burgtheater-Zeiten gewesen sein. Geld fehlte, Serebrennikow war verantwortlich. Als buchhalterisch erfahren (Baubuchhalter Atomkraftwerke beim RWE) urteilt TTT aus der Ferne: Wenn Millionen fehlen, deren Verbleib durch normale Buchhaltung nachzuweisen wäre, eine Strafe verhängt wird, die unter BRD – Niveau liegt, darf man sich wundern.

Die erstaunliche Würdigung, z. B. mancher Theaterleiter, dies als Repressalien für staatsschädigendes, dessidentes Verhalten zu interpretieren, einen politisch Verfolgten zu kreieren, stellt sich als Alogismus dar. In der BRD wäre er nicht so glimpflich davongekommen.

In der gesamten Vita gibt es kein Zeugnis auch nur von ansatzweise fehlender Obrigkeitsorientierung. Wie hätte er auch sonst als Dilettant in und vor wenigen Jahren diese hochrangigen Positionen erreichen können. Immer noch gilt: „Anpassung schafft GratifikationsOptimierung“! Kritik schufen lediglich seine häufigen Nackten in Inszenierungen (aber „sex sells“ s. Parsifal WSTO)

Es besteht der Eindruck, dass dieses Dissidenten–Gerücht selbstgeschaffen ist, da sich keine Nachweise finden – und im Vergleich zu „Nawalny-Problematik“ ebenfalls zum Alogismus geriert. Tatsächlich offenbaren hier also wieder weite Kreise des Feuilletons, Theaterleiter u. a. fehlende Recherche.

Selbst Putin hat sich nach einer staatsanwaltlichen Hausdurchsuchung vor Serebrennikow gestellt, die Beamten als „Duraki“ (dt. Dummköpfe) bezeichnet. Dies vermutlich, weil der gewiefte Taktiker ahnte, dass Sebrennikow diese Umstände nutzen wird, um seinem Mutterland in diesem Fall totalitäres Unrecht anzudichten, damit Startpotenzial zur Befeuerung einer internationalen Karriere schöpft, ihn aber sonst für unwesentlich hielt, da er bisher auch vom System getragen wurde.

Und nach „Wiener Blut“: „Er ist zwar kein Gesandter, aber ein Geschickter!“ besteht der Eindruck, dass Serebernnikow’s erstaunliche Karriere auf Anderweitigem fußt. Mit dem Erschaffen einer eigenen tragischen Folklore kann man also auch Karriere machen.

Der Starregisseur ist von seinen Möglichkeiten abhängig – und die sind eingeschränkt. Nach Ausbildung als Physiker in mechanischer Wissenschaft (seit 1687 nach Isaac Newton ist Physik von mechanischen Kräften in völlig realen, handfesten, sichtbaren Wirkungen, Energien geprägt, im Unterschied zur Energetik der Quantenphysik), ist er klarer Stratege, weil Technokrat, der in rationalen, naturwissenschaftlichen Themen zu Hause ist. Ebenen, die mit den 5 Sinnen fassbar und bewältigt werden, entsprechen seiner Struktur. Der 6. Sinn (s. TTT Dramaturgische Schriften) z. B. nach Hans Sachs

Ich fühl’s und kann’s nicht versteh’n: –
kann’s nicht behalten, – doch auch nicht vergessen:
und fass‘ ich es ganz, kann ich’s nicht messen!
Doch wie wollt‘ ich auch fassen,
was unermesslich mir schien
?

ist offensichtlich verschlossen, wie z. B. der WSTO Parsifal belegt, ebenso wie seine strategisch bewundernswerte Karriere (manche schaffen imaginäre, beeindruckende dramatische Welten, andere haben, schaffen Beziehungen, Vitamin B). Er soll auch behauptet haben, dass den Parsifal ohnehin niemand versteht.

Abhängig von und Opfer seiner Möglichkeiten: der Starregisseur ist in Theatralem nicht ausgebildet, weder in Regie, Kostüm- oder Bühnenbildgestaltung, hat auch nie assistiert, um zu lernen. Man versucht es, wenn es nicht gelingt, bleibt man Dilettant. Es gibt und gab immer imposante Könner, die zum begnadeten Autodidakten avancierten. Als „Geschickter mit strategischem Talent“ lässt sich auch anderweitig Konsens finden.

Die Inszenierungen des Russen bewegen sich stereotyp im gleichen optischen Milieu.

Kostüme kann er nur aus Allerwelts-Katalogen abkupfern, mangels Ausbildung kann er wohl auch keine Figurinen kreieren, ebenso wenig wie Bühnenbilder zeichnerisch entstehen lassen. N. m. E. schafft er Wiedergaben realer Welten, also triviale Wirklichkeiten, die abfotografiert z. B. in Monumentalität umgesetzt werden.

Wenn schon im Hier und Heute, dann richtig und ehrlich: Im Gegensatz zu Serebrennikovs kindlich naiven Gewaltphantasien, die mglw. psychischer Disposition entsprechen, heute aber überholt sind:

Demokratie vs. Diktatur – Comeback der Autokraten
https://www.cicero.de/aussenpolitik/comeback-der-autokraten/51314

Der Diktator von heute hat begriffen, dass brutale Formen der Einschüchterung – Massenverhaftungen, Exekutionskommandos und gewaltsame Razzien – im Zeitalter der Globalisierung besser durch subtilere Formen von Zwang ersetzt werden.

Gesetze werden dehnbar formuliert und dann wie ein Skalpell dazu eingesetzt, um gegen Gruppen vorzugehen, von denen sich Regierungen bedroht fühlen. (In Venezuela scherzte ein Aktivist, Präsident Hugo Chávez regiere nach dem Motto: Für meine Freunde alles, für meine Feinde das Gesetz.) Anstatt alle Informationskanäle zu schließen, lässt man Schlupflöcher für kleine Medien – meist Zeitungen –, die eine sehr begrenzte öffentliche Diskussion ermöglichen. Heute würzt der Diktator seine Reden mit Verweisen auf Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit.

Tim Theo Tinn im Okt. 2021

TTT‘s Musiktheaterverständnis ist subjektiv davon geprägt keine Reduktion auf heutige Konsens – Realitäten, Yellow -Press (Revolverpresse) – Wirklichkeiten in Auflösung aller konkreten Umstände in Ort, Zeit und Handlung zuzulassen. Es geht um Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind.

Profil: 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Inszenierung/Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur= Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. (Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden). TTT kann man engagieren.

 

 

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