ESC-Sieger Måneskin in Köln
Von Andrea Matzker und Egon Schlesinger
Die Fans vor dem Studio. Foto: Andrea Matzker
Am 17. Juli 2021 fand nach langer Pandemie-Pause zum ersten Mal wieder eine Fernsehsendung mit Live-Publikum im Kölner Studio an der Schanzenstraße statt. Es handelte sich um das Format „Schlag den Star“, bei dem diesmal der Extremreporter Jenke von Wilmsdorff (55) gegen den Comedian Bülent Ceylan (45) antrat und am Ende besiegte. Aber das Publikum im Studio und vor den Fernsehbildschirmen hatte zum größten Teil etwas ganz Anderes erwartet als die Konkurrenten der Show, nämlich den diesjährigen Eurovision Song Contest Sieger Måneskin, der zu einem Gastauftritt in der Sendung geladen war. Allerdings mussten sie sehr lange auf diesen Auftritt warten, denn erst nach über 2 Stunden nach Beginn der Sendung kamen sie auf ihre Kosten. Bülent Ceylan musste sich in dieser Show gleich zweifach warm anziehen, denn in den folgenden ca. 4 Stunden der Sendung nach dem Auftritt der Römer sprach man fast nur noch davon, dass der 20-jährige Schlagzeuger Ethan Torchio eine noch viel schönere Haarpracht als der deutsch-türkische Comedian hätte.
Alle vier Mitglieder, umringt von den Fans. Foto: Andrea Matzker
Bereits nachmittags waren Fans der Gruppe mit Insiderwissen trotz widriger Schwierigkeiten auf Autobahnen und bei der Deutschen Bahn infolge des Jahrhundert-Unwetters von weither in der Hoffnung angereist, wenigstens einen Blick auf die beliebten Musiker werfen zu können. Garantie dafür gab es keine, da sie völlig abgeschirmt wurden, aber die begeisterten Anhänger verließen sich darauf, dass Måneskin regelmäßig ausgesprochen freundlich zu ihren Fans seien und sich ausführlich um sie kümmern würden, wenn diese sich versammelt hätten, um sie zu sehen. Demnach nahmen sich die Musiker auch nach ihrer Probe am Nachmittag des Tages, bevor sie ins Hotel zurückgefahren wurden, ausreichend Zeit, ihre Verehrer zu begrüßen, ihnen Autogramme zu geben und Selfies mit ihnen zu machen.
Am Abend traten sie mit ihrem Gewinner-Hit „Zitti e buoni“ („Halt die Klappe und benimm dich“ aus ihrem zweiten Album) vom 23. Mai des Jahres beim Eurovision Song Contest auf, mit dem sie bereits kurz davor beim San Remo Festival den ersten Preis gemacht hatten. Weiterhin stellten sie ihren neuen Song „I Wanna Be Your Slave“ vor. Kennern der Materie war die Band aber schon lange zuvor bekannt. Noch im Schulalter hatten sie bereits erste informelle Live-Erfahrungen auf den Straßen Roms gesammelt. Nachdem sie bei einem Highschool-Wettbewerb und in der Castingshow X-Faktor gewonnen hatten, traten sie als Vorband bei einem großen Konzert in Mailand auf, und dann ging es immer weiter rasant bis an die Spitze der Charts. Mit ihrem ESC-Song traf die erfrischend authentische Combo genau den wunden Punkt der Zeit. Der Text appelliert daran, das Negative auszublenden, zum Schweigen zu bringen und mit rockiger Aggressivität gegen die Unbeweglichkeit des Corona-Jahres anzugehen. Damit errang sie den ersten ESC-Sieg Italiens seit Toto Cotugno im Jahr 1990 und ist damit zugleich Vertreter des ersten Landes, dass verdientermaßen den ESC und die Fußball-Europameisterschaft in einem Jahr gleichzeitig gewonnen hat.
Maneskin. Damiano David und Ethan Torchio. Foto: Andrea Matzker
Der Erfolg der Rockband aus Rom resultiert auch daraus, dass das kreative Quartett klar und deutlich ein visuelles Statement gegen Geschlechterkonventionen in Mode (vom Weltklasse-Designer Etro) und Maquillage vertritt. Die Musiker möchten ihre Freiheit ausdrücken, ohne sich an feste Rollen halten zu müssen. Das zeigen sie nach ihrem erfolgreichen Album „Il ballo della vita“ („Der Tanz des Lebens“, auch als Tattoo in gotischen Lettern bei Hauptsänger Damiano David zu sehen) von 2018 auch in ihrem 2. Studioalbum „Teatro d’ira“ („Theater des Zorns“) aus 2021, in dem sie ihre flexible und eigenartige Stilmixtur weiterentwickelt haben und mit Elementen des Rap-Metal, Rock-Pop und Funk-Rock gegen eingefahrene akustische Musikkonventionen ansingen und anspielen. Sie möchten mit ihrem originellen und einzigartigen Mix aus verschiedenen Einflüssen und Stilen Vorurteile bekämpfen, Geschlechterklischees zunichtemachen und die Welt verändern. Dafür wurden sie allein bisher mit unzähligen Platin- und Gold-Awards ausgezeichnet und erhielten auch einen Doppel-Platin-Award. Ihre außerordentliche Sympathie allerdings bewirkt die Tatsache, dass sie, außer mit Talent und Verstand, auch mit ausgesprochener Bescheidenheit begabt sind, und all dies ungeachtet ihrer großen Attraktivität, die Mädchen und Jungs reihenweise in Ohnmacht fallen lässt.
Victoria De Angelis. Foto: Andrea Matzker
Wie inzwischen allgemein bekannt sein dürfte, kommt der Name der Band ursprünglich aus Dänemark, da Bassistin Victoria De Angelis – die mit ihrem engelhaften Aussehen ihrem Namen alle Ehre macht – dänische Wurzeln hat, und bedeutet „Mondschein“. Im Juni 2022 treten sie in Deutschland bei den Musikfestivals Rock im Park in Nürnberg und Rock am Ring am Nürburgring auf.
Damiano David. Foto: Andrea Matzker
Damiano David während der Show. Foto: Andrea Matzker
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