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ERL/ Tiroler Festspiele: DIE WALKÜRE. „So blühe denn Wälsungenblut!“

09.07.2024 | Oper in Österreich

Tiroler Festspiele Erl: „DIE WALKÜRE“ – 6.7.2024
So blühe denn Wälsungenblut!“

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Foto: Xiomara Bender/Tiroler Festspiele

Ja, in diesem „Ring“ hat es geblüht! Auch alle anderen Sänger waren so vortrefflich, dass man jedem die darzustellende Person geglaubt hat und sich nicht genug wundern konnte, was da bis zum Ende der „Götterdämmerung“ noch alles die Zuhörer und Zuschauer in Bann schlug.

Beim „Rheingold“ konnte ich aus redaktionellen „Merker“-Gründen noch nicht in Erl sein. (Der Bericht vom 2. Erler „Rheinold“ kommt nach.) Dafür wusste ich, was mich gleich zu Beginn des zweiten „Ring“-Abends erwarten  würde: Wie zuletzt im Wiesbadener „Ring“ (Ende Mai) begann die Oper mit tenoraler Strahlkraft. Die Regisseurin Brigitte Fassbaender ließ uns ein bisschen länger warten, ehe sie den Sänger die Bühne betreten ließ, vielleicht um dem Orchester  mehr Gelegenheit zu geben, uns auf alles Kommende vorzubereiten, aber als dann Marco Jentzsch, sportlich, wie man ihn kennt, mit reizvollen langen Haaren und offenem Mantel, auf die Bühne sprang, da wusste man einmal mehr, welches Bühnenereignis sowie vokales und orchestrales Leben einen an diesem Abend erwartete.  Die optische und klangliche Übereinstimmung des gesamten Wagnerschen  Bühnengeschehens mit den vokalen und orchestralen Freuden blieb uns im ganzen „Ring“ erhalten!

Mit spontan erweckter Neugier und dann stets zunehmender Erregung konstatierte die Sieglinde – Irina Simmes, im Vorjahr  als „Sängerin des Jahres“  („Opernwelt“) und mit dem Musiktheaterpreis nominiert, sofort des Flüchtlings Mut ebenso wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Bereits aus der „kühlenden Labung“ hörte man Siegmunds erwachende Zuneigung zu dieser Frau herausDie tenorale Strahlkraft und die Leuchtkraft von Sieglindes Stimme waren ebenso faszinierend wie der Anblick der wachsenden  Zuneigung der beiden. Man glaubte diesem Sänger die Stabreim-gesättigte Formulierung des gesungenen Textes als Eigenschöpfung und auch seiner Partnerin alles Mitgefühl und Verständnis dafür. Das „blühende Wälsungenblut“ war mitreißend…
Und der Hunding, Anthony Robin Schneider, lässt mit seinem dunkel dräuenden Bass schon jetzt Böses ahnen, wie es Wagner ihm später dann als Fafner – köstlich mit ins Lächerliche ausartendem Verhalten auferlegt hat.  – Und bei allen Sängern dieses Abends bzw. an den beiden folgenden fand man sich angeregt, darüber nachzudenken, ob es solche Schicksale auch in Wirklichkeit gäbe…Ganz aus der Luft gegriffen ist ja bei Wagner gar nichts.

Auch beim der Natur abgelauschten Bühnengeschehen, Wind und Wetter, Blitz und Donner, wie es sich die Götter anmaßen, bestimmen zu dürfen, ließ der Dichterkomponist an Faszinationskraft nichts mangeln. Simon Bailey hat mitjedem Jahr vokal und als Bühnenpersönlichkeit hinzugewonnen. Als gebürtiger Brite ohne den minimalsten heimischen Akzent muss man Baily allein schon bewundern. Und wie  er nach und nach verstehen lernt, dass man mit roher Gewalt allein nicht die Weltherrschaft auf Dauer gewinnen kann, das bringt  er mit nach und nach immer mehr humoreskem Gehaben verständnisvoll auf die Bühne. Sein Bassbariton weist ihn auch als gleichsam helleres Wesen aus, wenn er immer wieder Riesen und Zwerge, den vielen Schlachtjungfrauen und letztlich seiner geliebtesten Tochter, Brünnhilde, auf vom Feuer umwabertem Fels, die Gottheit wegküsst und die Frau „dem glücklichern Manne“  überlässt.

Bleibt noch die Fricka, Bianca Andrew, zu erwähnen – keine sehr dankbare Rolle, aber wohl wissend, was sie singt. Und die sehr lebendigen acht Wotanskinder, angeblich von Erda stammend (die nordische Sage weiß es anders…) amüsieren sich recht wohllautend zu Beginn des 3. Aktes: Ilia Staple, Mojca Bitenc, Nina Tarandek, Karolina Makula, Helene Feldbauer, Anna-Katharina Tonauer, Sarah Mehnert und Marvic Monreal.

Hochprofessionell in jeder Beziehung tönte es aus dem instrumentalen Hintergrund, und die jeweilige Szenengestaltung und das Zusammenleben aller beteiligten Künstler entzog sich nie der Lobpreisung der Zuschauer und begeisterten Zuhörer.
Dass während  des 2. Akts ein Gewitter über dem Festpielhaus und dem gesamten  Inntal  niederprasselte, könnte man ja auch dem großen Musikdramatiker Richard Wagner als guten szenischen Einfall  in die Schuhe schieben…                                                

Sieglinde Pfabigan                                                               

 

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