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ERL/ Tiroler Festspiele: DIE VÖGEL von Walter Braunfels. Premiere

am 20.7. (Friedeon Rosèn)

22.07.2019 | Oper

Bildergebnis für erl die vögel
Foto: Xiomara Bender

Tiroler Festspiele: Die Voegel/ Braunfels,  20.7.2019  Premiere

Walter Braunfels‘ Die Voegel nach Aristophanes wurde am Ende des 1.Weltkriegs von Bruno Walter in Muenchen uraufgefuehrt. Mit einer weiteren Oper „Don Gil von den gruenen Hosen“ (UA Knappertsbusch) wurde Braunfels neben Schreker und R.Strauss zum meist aufgefuehrten zeitgenoessischen Komponisten der 20er Jahre. Unter Hitler, der ihn noch 1923 aufgefordert hatte, eine Hymne fuer die NS-Bewegung zu komponieren, wurde er 1933 als Halbjude verboten und ging ins Innere Exil an den Bodensee. Trotz dreier weiterer Opern „Der Traum ein Leben“, „Verkuendigung“ und „Szenen aus dem Leben der Jeanne d’Arc“ verfiel er quasi ueber 60 Jahre einer kuenstlerischen Aechtung, da er nach dem Krieg als Spaetromantiker eingestuft wurde. ‚Die Voegel‘ entstanden unter dem grossen Wagner-Eindruck und mit der musikalischen Foerderung von Felix Mottl. Man hoert besonders im 1.Teil, wo Ratefreund und Hoffegut in die Vogelwelt eindringen, oefter Meistersinger heraus, besonders in den Dialogen der Beiden. Dagegen steht gleich eingangs eine Koloraturszene der Nachtigall, die sich gewaschen hat. Der Koenig der Voegel ist der Wiedehopf, ein ehemaliger Mensch, der seinen Mittagschlaf unterbrechen muss, um die Erdlinge zu empfangen. Diese machen ihm bewusst, dass die Voegel, obwohl aelter als die Goetter und Menschen, letzten Endes aber eine unterdrueckte Gesellschaft sind, von den Menschen gejagt und geschunden, von den Goettern von oben mit Unwettern traktiert. Deshalb sollten sie sich eine feste Stadt bauen und dann den Goettern gleich den Krieg erklaeren. Die Voegel werden zusammen gerufen, finden die Idee gut und realisieren sie auch. Dann folgt der Auftritt des Prometheus wie ein deus ex machina. In einem gewaltigen Monolog erklaert er, dass die Voegel keine Chance gegen die Goetter haben. Wie zum Beweis seiner Rede kommt sofort ein unsaeglicher Sturm auf. Hier zieht Braunfels alle Register seines Koennens. Erst der virtuose Einsatz der Wagnertuben, mit einem Riesenorchester ausser Rannt und Bannt, auch manchmal an den Walkuerenritt erinnernd. Als Hoehepunkt der wuchtigen Einsatz von Windmaschine und Donnerblech. Daran schliessen sich fugierte Choere der Voegel von selten starker Zusammenballung der Stimmen an. Als Herrscher aus dem Off wird Zeus anerkannt, und die Menschen kehren wieder in ihre Welt zurueck. Ratefreund aus eher spiessbuergerlichen Gruenden, Hoffegut nach einem letzten Techtelmechtel mit der Nachtigall, in dem er sich an die ‚romantische Ferne des Klangs‘  (siehe auch Schreker) sehnt.

Die stark acclamierte Inszenierung von Tina Lanik widersteht der ‚Versuchung‘, Vögel mit Schnäbeln darzustellen. Ihre Kostümbildnerin Heidi Hackl creiert fließende verführerisch bunte Kleider, während die Vogelmänner, wenn es darum geht, die Stadt zu bauen, in schwarze strenge Anzüge gezwängt sind, mit teilweise Federn am Kopf, dazu Roboterbrillen tragend. Die Menschen dagegen sind ganz heutig, Ratefreund auch in Janker gekleidet. Der erste Teil findet final fast oratorial statt, an  den Seiten ‚Vogelkabinen‘ mit Nummern darauf. Hinten eine  kleine Bühne auf dem Theater wo sich dann auch die Vögel gedrängt befinden, die frontal vom Wiedehopf indoktriniert werden. Im 2.Teil findet in einem enorm flächigen Bühnenbild (Stefan Hageneier) statt. Es ist eine sich spitz nach hinten verengende Fläche, mit obiger Decken-Entsprechung, die zuerst in rosa Beleuchtung erscheint. An den schrägen Seiten wieder die Vogelkabinen. Hier wird in ansprechender Personenregie zunächst die (Liebes)Annäherung und Nachtigall gezeigt. Dann trübt sich die Szene ein und wird mit schwarzen Müllsäcken bestückt, zwischen denen die Vogelmenschen umher tanzen. Prometheus erscheint in wilder Aufmachung und Schminke mit einem Mädchen auf den Schultern (Isabella Gazheli) und nutzt den gesamten Bühnenraum für seine Vogelbotschaft. Wenn das Donnerwetter losgeht, kommen grelle Taschenlampen zum Einsatz, eine Tänzerin (Anastasiya Maryna) tanzt wild und wirft sich immer wieder zu  Boden. Das Kind Prometheus steht mit hochgewehten Haaren an der Rampe. 

Die Einstudierung der auch heftig bewegten ChoristInnen hat wieder Olga Yanum und die Gesamtleitung  der bewährte, besonders der Moderne 20. Jahrhundert kundige Lothar Zagrosek übernommen, der auch kleinste Details aus der Partitur schlagtechnisch herausarbeitet und damit für einen großen Opernabend einsteht. 

In der Premiere singt Julian Orlishausen baritonal sehr wohlgefällig den Ratefreund, sein Pendant Hoffegut der amerikanische Tenor Marlin Miller, der stimmlich an  Florian Vogt mit seinem trompetenhaft timbrierten Tenor erinnert, der aber in allen Übergängen noch nicht immer optimal durchgebildet erscheint. Einen hervorragenden Part ersingt sich der Prometheus des Thomas Gazheli mit Heldenbariton, der bis in die Höhen sauber geführt ist. Den Wiedehopf gibt James Roser mit trockenem fast resigniertem Bariton. Die Nachtigall übernimmt Bianca Tognocchi mit schönem fast exzessivem Koloraturgesang. In diesem blauen Federkleid kommt sie nicht so duftig flatterhaft herüber, wie sie auch in der Inszenierung eher die Spröde abzugeben hat. Als weitere Vögel komplettieren das exzellente Ensemble Attila Mokus/baritonaler Rabe, Sabina von Walther/Zaunschlüpfer-Sopran, Adam Horvath/Adler mit Baßbariton, Giorgio Valenta (Flamingo), Svetlana Kotina als 1.Mezzo-Drossel und der Sopran Lauren Urquhart als Nachtigall 2.  

Friedeon Rosén

 

 

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