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ERL/ Festspielhaus/Osterfestspiele: PARSIFAL – Parsifal und der Erler Gral!

21.04.2025 | Oper in Österreich

20.4.2025- „Parsifal“- Festspielhaus Erl- Tiroler Osterfestspiele Erl 2025. Parsifal und der Erler Gral!

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Foto: Xiomara Bender

Im restlos ausverkauften Festspielhaus Erl war der, mit großer Sehnsucht erwartete, „Parsifal“ der Tiroler Osterfestspiele Erl 2025, mit Star-Tenor und Intendant Jonas Kaufmann in der Titelrolle, eindrucksvoll und fulminant zu erleben. In der Inszenierung von Philipp M. Krenn erscheint Parsifal, „der reine Tor“, wie in der Geschichte vorgesehen, als ganz normaler, unbedarfter, unschuldiger junger Mann in Alltagskleidung, der schließlich nach vielen Jahren der Wanderschaft mit dem heiligen Speer zurückkehrt und letztendlich zum erlösenden Heilsbringer mutiert. Besonders faszinierend waren die überdimensionalen Videoprojektionen von Thomas Achitz, die konform mit Wagners monumentaler Musik, über die gesamte Breite der Bühne des Festspielhauses projeziert wurden und in Zeitlupe, den Weg Parsifals (Jonas Kaufmann), in diesem besonderen Fall zum und im Festspielhaus Erl, zeigte. Auch Kundry (Irene Roberts) wurde in ähnlicher Art und Weise auf die Leinwand projeziert. Das in weiß gehaltene Bühnenbild (Heike Vollmer) mit weißen, verschiebbaren Wänden sowie in weiß gehaltenen Kostümen (Regine Standfuss), subtil unterstützt vom kunstvoll eingesetzten Licht (Stefan Schlagbauer), erzeugten eine mystisch, sphärische Wirkung, der man sich nicht entziehen konnte und auch nicht wollte. In der von mir besuchten Vorstellung klemmte im zweiten Akt die Hydraulik, sodaß die Blumenmädchen zunächst nicht hochgefahren werden konnten. Jonas Kaufmann betrat plötzlich als Intendant die Bühne und entschuldigte sich, dass diese Unterbrechung jetzt nicht zur Inszenierung gehöre, sondern dass die Blumenmädchen der Tiroler Festspiele feststecken. Klingsor (Georg Nigl) bemerkte etwas scherzhaft: „Mein Zauber hat nicht gewirkt.“ Die Technik konnte jedoch schnell reagieren und das „Problem“ wurde schnellstmöglich behoben. Ein Herr der Technik trat auf die Bühne und gab Asher Fisch schließlich das Zeichen, dass die Aufführung fortgesetzt werden kann. Ich möchte betonen wie hochprofessionell diese Situation gemeistert wurde. Man glaubte zunächst wirklich, dass es zur Inszenierung gehörte. Ein besonderes Lob an alle Beteiligten, dass die Aufführung dann wieder nahtlos weitergeführt werden konnte und an Jonas Kaufmann, dass er vom Intendanten danach wieder bravourös in seine anspruchsvolle Rolle als Parsifal hineinfinden konnte! Grandios war das Ende dieses „Parsifal“. In der Mitte stand, mittlerweile weiß gekleidet, Parsifal (Jonas Kaufmann) mit dem Speer. Hinter ihm öffnete sich der Gral, die Wände wurden hochgefahren und der Chor stand in Alltagskleidung auf der Bühne und verteilte sich während des Schlußchores durch die Gänge des Publikums und stieg singend das Festspielhaus hinauf. Zur selben Zeit wurde das Orchester aus dem Graben hochgefahren, das Licht im Zuschauerraum ging an. Jonas Kaufmann stand alleine als weiße Lichtgestalt auf der Bühne und mit den letzten Takten der Musik befestigte er den Speer auf der Bühne. Sekundenlange Stille. Der Erler Gral war vollendet! Musikalisch war dieser Erler „Parsifal“ ein exzeptioneller Hochgenuß!

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Foto: Xiomara Bender

Das exzellente Orchester der Tiroler Festspiele Erl unter der souveränen, hochmusikalischen und hochkonzentrierten Leitung von Chefdirigent Asher Fisch präsentierte einen immensen Klangreichtum von schier überirdischen Dimensionen, fein differenziert, facettenreich angereichert mit enormen Spannungsbögen bis zu den hochdramatischen musikalischen Ausbrüchen. Ein Wagnerfest par excellence, dass die geniale Musik dieses unvergleichlichen Genies sensationell aufblühen ließ! Jonas Kaufmann war ein überaus präsenter, authentischer und persönlichkeitsstarker Parsifal. Edel gesungen mit exemplarischer Phrasierung, Wortdeutlichkeit, strahlenden Spitzentönen sowie enormer Ausdrucks- und Gestaltungskraft! Irene Roberts paßte als Person und schauspielerisch vorzüglich zu Jonas Kaufmann. Die anspruchsvolle Rolle der Kundry bewältigte sie überzeugend, obwohl ich mir von ihr weitaus mehr Textverständlichkeit gewünscht hätte. Stimmgewaltig mit beeindruckender Rollenidentifikation war, der ewig leidende, in dieser Inszenierung im Rollstuhl sitzende, Amfortas von Michael Nagy. Nur in der Quelle des Heiligen Wassers konnte der Gralskönig etwas Linderung von seinen Schmerzen erfahren, bis er am Ende endlich von Parsifal erlöst wurde. Clive Bayley überzeugte in der Rolle des Titurel mit selbstverständlicher stimmlicher und schauspielerischer Präsenz. Einen hervorragenden Gurnemanz präsentierte Brindley Sherratt. Enorm präsent, ausdrucksstark sowie differenziert im stimmlichen Ausdruck. Ein Glanzpunkt dieser Aufführung war der Klingsor von Georg Nigl! Mit durchschlagskräftiger, modulationsfähiger vokaler Präsenz sowie überragender Intensität in der Rollengestaltung wußte er gekonnt zu fesseln. Homogen und sehr gut ergänzend die Gralsritter: Marius Pallesen und Lukas Enoch Lemcke, die Knappen: Annina Wachter, Maya Gour, Hyunduk Kim, Lukas Siebert sowie die verführerisch singenden Blumenmädchen, die mich inszenatorisch eher an die Walküren in der „Walküre“ erinnerten. Blumenmädchen, erste Gruppe: Annina Wachter, Stefani Krasteva, Zoe Hippius. Blumenmädchen, zweite Gruppe: Evelina Liubonko, Maya Gour, Karis Tucker (die auch die Stimme von Oben sang) und der Statist Wolfgang Pöschl.

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Foto: Xiomara Bender

Ein zutiefst berührender, grandioser „Parsifal“ in Erl, der vollkommen zu Recht und wohlverdient frenetisch bejubelt wurde und die neue Intendanz von Jonas Kaufmann damit Maßstäbe setzte!

Marisa Altmann-Althausen

 

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