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ERFURT/ Theater: SINFONIEKONZERT – Zwei Meister auf einen Streich

10.09.2016 | Konzert/Liederabende

Theater Erfurt/1.Sinfoniekonzert am 9. September 2016

 Zwei Meister auf einen Streich

 Was geschieht, wenn zwei Meister-Brüder in einem Konzert zusammen musizieren? Erweist sich Nomen est Omen als richtig? Darauf durften alle Zuhörer im Erfurter Theater gespannt sein und sie sollten von den Meister-Brüdern überzeugt werden. Cornelius Meister am Dirigentenpult und sein Bruder Rudolf Meister am Flügel konnten das Erfurter Publikum begeistern.

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Cornelius Meister. Copyright: Marco Borggreve

 Heute ist es kaum noch vorstellbar, dass aus dem Publikum gezischelt wird wie 1883 in Wien, als die 3. Sinfonie F-Dur op. 90 von Johannes Brahms im Musikverein uraufgeführt wurde. Man fand sie damals altmodisch, ohne zu erkennen, wie viel Neues in diesem Werk steckte.

 Cornelius Meister hat diese 3. Sinfonie verinnerlicht und präsentiert sie, obwohl er gerade um die Dreißig ist, als eine reife Interpretation. Sehr präzis und fokussiert wirken die Bläser unter seinem Dirigat vor allem beim „f’-as’’-f’’-Motiv“. Cornelius Meister gelingt es schon in diesem ersten Satz die präzisierten Orchestergruppen zu einer raumerfüllenden Gesamtpräsenz zu verbinden.

 Im zweiten Satz wirkt natürlich das von den Klarinetten vorgetragene Hauptthema besonders intensiv, ohne die Einbettung in den Gesamtklang zu vernachlässigen.

 Im dritten Satz ist der wunderbare Valse triste zu hören, der auch einmal in dem Hollywood-Film „Lieben Sie Brahms“ mit Ingrid Bergmann eine wichtige Rolle gespielt hat. Sehr schön eingeleitet wird dieses Motiv vom Cellisten Eugen Mantu und von den Hörnern dann übernommen. Die Hornisten-Gruppe zeigt sich an diesem Abend als solistisch- kooperative Säule dieser Aufführung.

Beim vierten Satz vermittelt Cornelius Meister seine ganze jugendlich geballte Energie an das Orchester. Sehr gelungen und wirkungsvoll, wie er dafür sorgt, dass die Tremoli der Streicher virtuos herausgearbeitet werden. Auch der Übergang vom energetischen Finale zum verhallenden Schluss nimmt die Zuhörer mit Staunen gefangen. Es vergeht ein Moment der Stille bis der Jubel losbricht.

 Ein erstes Engagement hat Cornelius Meister nach seinem Studium an das Theater Erfurt geführt, bevor er in Heidelberg als jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands engagiert und anschließend Chefdirigent des ORF-Radio-Symphonieorchesters in Wien wurde. Heute ist er ein international gefragter Dirigent.

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Rudolf Meister. Foto: Musikhochschule Mannheim

 
Mit seinem Bruder Rudolf Meister, Präsident der Musikhochschule Mannheim, setzt er nach der Pause einen neuen musikalischen Impuls. Gemeinsam widmen sie sich dem faszinierenden Klavierjazz von George Gershwin. Auf dem Programm stehen die Second Rhapsody und die Variationen über „I got Rhythm“.

 Rudolf Meister kann sich hier als souveräner Jazz-Pianist zeigen, der enorm gut mit dem Orchester harmoniert. Cornelius Meister vermittelt schwungvoll und präzis die Übergänge. Hier schwingt alles in einem Rhythmus, der mitreißt und in der Flut der Töne mit schwimmen lässt. Sehr gelungen auch die Wechselspiele zwischen den einzelnen Orchestergruppen. Rudolf Meister zieht dabei alle Register seines pianistischen Könnens und überzeugt durch seine Spielfreude und seine virtuose Technik.

 Auf dieses jazzig-spritzige Flair folgt Dauerbeifall.

 Für sein Gastspiel in Erfurt hat Cornelius Meister auch die Feuervogel-Suite von Igor Strawinsky ausgewählt und zwar die Suite-Fassung Nr. 2 für Orchester von 1919. Dieses Orchesterwerk verlangt von Dirigent und Orchester höchste Energie und filigranste-sensitive Spielweise. Beides kann Cornelius Meister an diesem Abend verbinden. Er kann die instrumentale Farbigkeit des Orchesters sehr schön zum Flimmern und Blinkern bringen. Man kann die lautmalerischen Instrumenten-Effekte deutlich wahrnehmen: z.B. den Flügelschlag des Feuervogels, dargestellt durch die Streicher oder die faszinierenden Nuancen der Schlagwerker. Insgesamt vermittelt das Orchester ein außerordentlich differenziertes Klangbild. Die Zuhörer werden mitgerissen von diesem russischen Rausch der expressiven Coloristik. Orchester und Publikum verschmelzen und verschwimmen in diesem mythologischen Experiment märchenwurzelnder Klangfülle. Das Publikum erwacht aus diesem Klangtraum mit anhaltendendem Applaus. Cornelius Meister präsentiert noch einmal die Orchestergruppen, die er so fokussiert zu einer wunderbaren Gesamtleistung geführt hat.

 Meisterhaftes und Meisterschaft sind an diesem Konzertabend ein gelungenes Gesamtprojekt.

 Zum Verständnis des Abends hat übrigens auch die musikalische Einführung von Konzertdramaturgin Ruth Hardt sehr wesentlich beigetragen.

 Insgesamt ein meisterlicher Abend!

 Larissa Gawritschenko und Thomas Janda

 

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