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ERFURT/ Theater: DON PASQUALE von G. Donizetti

Ein Spagat zwischen Trödel-Trampel und Hippie-Held

15.12.2019 | Oper

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Siyabulela Ntlale, Leonor Amaral. Foto: Lutz Edelhoff

Theater Erfurt/ Oper von Gaetano Donizetti „Don Pasquale“ / Vorstellung am 14.12.2019

Ein Spagat zwischen Trödel-Trampel und Hippie-Held

„Ich lache“, schrieb Donizetti an einen der Verwandten, „aber du weißt irgendwie, dass ich ein trauriges Herz habe, das ich unter dem Flitter des Spaßes verstecke.“ Dieser Brief wurde kurz vor Don Pasquale geschrieben, und darin kehrt Donizetti, wie in einigen anderen, zur Dualität seiner Natur zurück. Aber hier ist er besonders voreingenommen und Bitterkeit herrscht vor. Zu dieser Zeit befand sich der Komponist im Zenit des Ruhmes und war gleichzeitig der körperlichen und geistigen Erschöpfung nahe. In dieser hoffnungslosen Atmosphäre schien ein Lächeln unangebracht. Donizetti erlangte jedoch seine Fähigkeit zur Heiterkeit zurück. Er vollendete seine 68zigste Oper und sie wurde eines seiner berühmtesten Werke.

Jetzt hat sich das Theater Erfurt daran gemacht und Samuel Bächli hat sich ein weiteres Mal an Regie und Dirigat in Personalunion gewagt und sich diesmal am „Don Pasquale“ versucht. Zuletzt hatte er „La Calisto“ des Monteverdi-Schülers Francesco Cavalli auf die Erfurter Studio-Bühne gestellt.

Die heitere Opera buffa wird derzeit an vielen Opernhäusern gespielt und man durfte eine besondere Sicht auf diese beliebte Oper erwarten. Wie würde Samuel Bächli an das Stück herangehen?

Zunächst schafft er viele optische Gegensätze. Auf der einen Seite ist da die Welt des Don Pasquale: eine vollgestopfte Bude, die eher dem „Hofmobilien-Depot“ gleicht als einer Wohnung. Die Gegenwelt wird durch besondere Einfachheit der Bühne dargestellt. Hier hat Bühnenbildner Hank Irwin Kittel Kulissen entworfen, die an japanische Zeichnungen erinnern, die nur die Essenz einer Landschaft verkörpern. Diese Bilder befinden sich auf einer bewegbaren Leinwand und wechseln je nach Szene. Vor diesen Hintergründen treten die wahrhaft Liebenden Norina und Ernesto auf. Ihr Outfit ist eindeutig hippiemäßig. Den Neffen Ernesto erkennt man gleich am Batikhemd und den Haaren. Wenn er allerdings seinem liebestollen Onkel gegenübertritt, dann nur mit schnell aufgesetzter Perücke. Gemeinsam mit dem teuflischen Dottore Malateste bildet er ein cleveres Verschwörer-Paar. Ihnen steht ein behäbiger Pasquale gegenüber, der tollpatschig in alle Fallen geht, die der gerissene Doktor ihm stellt. Um einen Ausgleich gegen das Böse herzustellen, hat Regisseur Bächli einen Engel in das Stück eingefügt, der Abhilfe gegen zu viel Hinterlist schaffen soll. Leider versteht man die Engelseingriffe als Zuschauer nicht so richtig. Die Engelsfrau wirkt nicht nur mit ihrem Gewand blass. Auch ihr Auftritt während eines Zwischenspiels mit verschiedenen Instrumenten, sozusagen als Engels-Nummerngirl, findet zwar einige Lacher, bei der Frage nach dem dramaturgischen Zweck bleibt aber eher Stirnrunzeln als Antwort. Mit den Szenewechseln insgesamt schafft der Regisseur Bächli einige Abwechslung auf der Bühne.

Dottore Malatesta dargestellt von Rastislav Lalinský, ist ein überaus agiler Intrigant und Bächlis Regie verpasst ihm gleich mal ein paar Teufelshörnchen. Er flüstert ein und weiß den tapsigen Pasquale zu verführen. Dabei scheut er kein Mittel.

Als Norina, gespielt von Leonor Amaral, Pasquale vorgestellt wird, kann sie ihn gleich für sich einnehmen und im Handumdrehen findet die Hochzeit statt. Direkt anschließend jedoch entpuppt sich die junge Frau als echte Furie und stellt Pasquales ganzes Haus auf den Kopf, gibt sein Geld aus und raubt ihm wirklich den letzten Nerv. Norina (Leonor Amaral) kommt wie ein Alptraum über Don Pasquale. Dieser tumbe Trottel wird opulent von Siyabulela Ntlale dargestellt. Die Rolle ist geradezu maßgeschneidert für ihn. Mit seinem Naturtalent für komische Rollen begeistert er das Publikum. Nur als Schauspieler ist an diesem Abend Julian Freibott zu sehen. Schon zu Beginn der Vorstellung wurde angekündigt, dass er wegen einer Erkältung nicht singen kann und gesanglich von Brett Sprague gedoubelt wird. Den Hippie-Helden verkörpert er aber trotzdem gut und sehr lebendig.

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Julian Freibott, Leonor Amaral. Foto: Lutz Edelhoff

Wie schon bei der Kulisse, so wird auch bei den Kostümen der Kontrast herausgearbeitet und so entledigt sich Norina im Verlauf des Abends ihres Brautkleides und zeigt sich im Hemdchen mit „Stones-Zunge“ bekleidet. Die Kostüme für alle Akteure hat Frauke Langer entworfen.

Nachdem sie ihre wahre Identität enthüllt hat, wird Leonor Amaral auch zu einer echten Furie und tyrannisiert den bedauernswerten Don Pasquale aufs intensivste. Zu Hilfe kommt ihr dabei der Chor, der so angezogen ist, wie der hinterlistige Dottore Malatesta. Diese Szenen sind gut choreographiert und man leidet als Zuschauer mit Pasquale als er mit den von Norina angeforderten Päckchen geradezu überschüttet wird. Und so ist er schließlich verständlicherweise heilfroh, als er sie wieder loswird und seine Zustimmung zu ihrer Heirat mit seinem Neffen gibt. Zu guter Letzt werden einige seiner Möbelstücke in den Orchestergraben geworfen.

Der Dirigent Samuel Bächli führt das Orchester mit schwungvoller Hand und erzeugt einen leichten und heiteren Klang. Die Sänger begleitet er dabei pointiert.

Siyabulela Ntlale als Don Pasquale verkörpert mit seinem stilsicheren Bariton einen köstlichen Hagestolz. Stimmlich war er mühelos präsent und führte mit viel Volumen schöne Bögen.

Rastislav Lalinský hat als Mitglied des Thüringer Opernstudios sein Debüt abgeliefert, als umtriebiger Maletesta sang er sich auch stimmstark in die Herzen der Zuhörer. Leonor Amaral als Norina hat mit ihrem Sopran auch in den Höhen keine Schwierigkeiten und brilliert sowohl als Anmutige wie als Furie. Es ist ganz erstaunlich, wie aus dieser kleinen Person eine so starke und zugleich klangschöne Stimme kommt.

Beide Ernesto-Darsteller harmonieren gut und Brett Sprague beherrscht seine Rolle vom Notenpult am Bühnenrand mit voluminösen Höhen und perfektem Zusammenspiel mit dem Orchester. Man merkte nicht, dass der amerikanischen Tenors Brett Sprague die Rolle vor einigen Jahren gesungen hat. Er wirkte frisch wie bei einer Premiere.

Fazit: Samuel Bächli hat als Regisseur den „Don Pasquale“ werkgerecht auf die Bühne des Erfurter Theaters gebracht, doch der Inszenierung mangelt es an Esprit. Eine neue Sichtweise auf das Stück ist ihm damit leider nicht gelungen. Vielmehr kommen bei seiner Inszenierung die Commedia dell‘ arte-Typen durch, die allerdings im Detail manchmal sehr lustig und unterhaltsam waren. Dafür gab es ordentlich Applaus.

Larissa Gawritschenko und Thomas Janda

 

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