Erfurt: „GIULIETTA E ROMEO“ von Riccardo Zandonai – 11.06.2017
Eine höchst selten aufgeführte Opern-Rarität der besonderen Art bot das Theater Erfurt am nächsten Tag und zwar die Shakespeare-Vertonung „Giulietta e Romeo“ des Mascagni-Schülers Riccardo Zandonai. Konträr zum eigentlichen Libretto widerfuhr der Handlung eine freie Deutung durch Guy Montavon mit Verlegung in zeitliche Abläufe, deren Bedeutung ich als absurd und überflüssig in keiner Weise noch kommentieren möchte.
Sehr geschmackvoll gerieten dagegen die Bühnenausstattung Francesco Calcagnini) sowie optisch höchst ansprechenden zeitgemäßen Kostüme (Frauke Langer).
Nicht nur optisch sondern auch akustisch wichen beide Produktionen voneinander ab. Zandonais Kompostion im Jahre 1922 in Rom uraufgeführt, beinhaltet in keiner Weise die rührselig-melodischen , prädikativen Ohrwürmer – nein diese expressiv-veristischen Klänge elektrisieren, wirken eher wie ein musikalisch-spannender Thriller. Diese Musik noch geprägt von der italienischen Tradition Verdis sowie den nachfolgenden Veristen reicht in ihrem kompositorischen Anspruch über die übliche Elektion jener Zeit weit hinaus, spiegelt Klangwelten einer durchaus eigenständigen musikalischen Sprache wider deren Stärken im sicheren dramatischen Gespür ihrer brillanten Instrumentierung liegen.
Am Pult der beiden orchestralen Fusionen Erfurt und Gotha waltete umsichtig Myron Michailidis und brachte exzellent schwül-parfümiertes Melos mit unglaublicher Dramatik zum Blühen. Exemplarisch breitete der erfahrende Dirigent mit großem Engagement die tragende melodische Linie, die gewaltigen Eruptionen gleich einem vielschichtig gewebten Klangteppich aus. In höchst prägnanter Instrumentierung der beiden bewundernswert akkurat aufspielenden Orchester verlieh Michailidis dieser Extrempartitur schillernd orientalische Farbnuancen und expressive wirkungsvolle Hörekstasen.
Jomanté Slezaité überzeugte als Giulietta mit ihrem durchschlagskräftigen Sopran während höchst dramatischen Momenten gleichwohl neben ihrer blendend-fraulichen Bühnenerscheinung (trotz Brille, einem kurzsichtigen Regie-Einfall?) während vokalreichen Phrasen der lyrischen verinnerlichten Tongebungen. Farbenreich erhielten die wechselnden Stimmungen der Partie vokale Gestalt, gepaart mit leuchtend aufblühenden Sopranhöhen.
In der Partie des expressiv-intensiven Portraits des Romeo konnte Eduard Martynyuk vortrefflich mithalten und entsprach in jeder Hinsicht einer idealen Rollenverkörperung. Der heldisch gefärbte strahlkräftige Tenor ließ bezüglich Leuchtkraft und Standvermögen keinerlei Wünsche offen. Sein imponierendes Material verband mit schönem Legato, gestalterische Nuancen, in einer reichen Palette Zwischentöne und ebenso glanzvolle Höhen.
Von Leidenschaft geprägt gestaltete Siyabulela Ntlale den rachsüchtigen Tebaldo mit einer wunderbar formativen Bariton-Stimme fundierten Wohlklangs, gleichwohl im robusten Forte sowie den weniger expressiven Momenten seiner darstellerisch bestens interpretierten Partie.
Sein schön timbriertes Material setzte Won Whi Choi wiederum wirkungsvoll zu den intensiv wunderschönen tenoralen Erzählungen des Sängers sowie als ein Montecchio ein.
Ihren voll tönendem Mezzo schenkte Margrethe Fredheim der Isabella, sonore Bassfülle Vazgen Gazaryan dem Ausrufer. Gut besetzt ergänzten junge Stimmen des Hauses sowie des Opernstudios die Stichwortgeber des Ensembles. Prächtig disponiert setzte sich wiederum der klangvolle Opernchor in Szene.
Mit großer Begeisterung und Bravorufen bedankte das aufmerksame Publikum die ausgezeichneten Leistungen aller Beteiligten.
Fazit: Bar dieser ungewöhnlich qualitativen Produktion lohnte sich die Reise nach Erfurt in jeglicher Hinsicht.
Gerhard Hoffmann