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„Er hat keine Moral! Moral, das ist, wenn man moralisch ist,…

Tim Theo Tinn‘s Begriffserkundungen: Illusion Wahrhaftigkeit, Authentizität = Moral

30.07.2020 | Feuilleton

„Er hat keine Moral! Moral, das ist, wenn man moralisch ist,…

 Geld, Geld! Wer kein Geld hat – da setz einer seinesgleichen auf die Moral …  wenn wir in Himmel kämen, … wir gemeine Leut, das hat keine Tugend, …  wenn ich ein Herr wär … und könnt vornehm reden, ich wollt schon tugendhaft sein.“ (Büchner, Woyzeck, 1836/37)

Tim Theo Tinn‘s Begriffserkundungen: Illusion Wahrhaftigkeit, Authentizität = Moral


E. Burra (1905-76) John Deth. Gouache 1932, Desillusion, Orgie Vergnügungssüchtiger

Wahrhaftigkeit, Authentizität (=Moral) im Umbruch: als Prinzip im Musentempel der moralischen Anstalten (Schiller, 1784) nicht mehr existent, weder in Strukturen noch im dramatischen Anspruch. Universale Unmoral (Unternehmen, Politik etc.) etabliert sich.

Div. kriminelle Touren aus Politik und Großunternehmen ohne judikative Konsequenzen dürften bekannt sein! Zombie-, Raubtiergesellschaft hält Einzug (s. TTT Anfang Juni 2020), s.a. Kirche mit Inquisition, Kinderschändung, Homophobie. Auch der Imageberater (bisher nur Schlagersänger) der EU – Kommissionspräsidentin setzt eine „Duftmarke“.

Wesentlich ist die Erkenntnis, dass damit eine evolutionäre Prägung der Menschheit untergeht. Moral war keine in der Sozialisation erlernte Fähigkeit, sondern nach aktueller Wissenschaft evolutionär, also angeboren!  

Diese Ethik wird auf der Bühne nivelliert, mündet in Schnick-Schnack-Simplifizierung! So erlebte man gerade in einer Verdiadaption von Schillers „Räubern“ die Unterschlagung aller moralischen Elemente (Sturm-und-Drang, Aufklärung, Freiheitsdrang, Konflikt Verstand + Gefühl, Gesetz + Freiheit). Fabuliert wird blödsinnig frei erfunden die Absenz einer toten Mutter. Hoch- wird zur Subkultur auf Revolverblatt-/Schmieren – Niveau, vom Impulsgeber zum Energievampir.

Damit verrottet Inszenierungskultur und geht konform mit der Besetzung von Chefpositionen. Da TTT’s letztwöchige Schriften sämtlich dieses Thema berühren, nur noch einmal kurz:

Problematisch ist er Einzug von bisherigen Theater-Konsumenten aus div. weltlichen Fremduniversen wie Politik, Wirtschaft, falls Fähigkeiten fehlen, kulturell/kreativen Anforderungen zu genügen.

Die derzeitige pressegehypte Präsidentin der Salzburger Festspiele kann man so beurteilen. Ohne jeden theateradäquaten Unterbau greifen nur die Erfahrungswerte aus Profilierungserfolgen und üblichen (Un-)Tugenden in Wirtschaft und Politik. Zum Niedergang der Qualität in Salzburg seien nur die letztjährige Zauberflöte, Kosky-Operette, Neuenfels – Unsäglichkeiten usw. genannt. (Der jahrzehntelange Genuss exquisiter Fischsuppe lässt selten zum Chefkoch avancieren!)

Mit Beginn der Festspiele scheint sich in diesem Pandemie-Jahr auch eine veritable Blamage abzuzeichnen. Die um 70 % reduzierten Plätze sind offensichtlich nicht verkauft. Rd. 50.000 von ehemals 240.000 Karten fanden bisher Abnehmer – ca. 25.000 Plätze suchen noch. (Recherche-Stand vom 20.7.2020)

Absehbar dürfte dies auch am fehlenden diesjährigen Event Charakter liegen. Gesellschaftliches Highlight (Sehen und gesehen werden!) als Demonstration gesellschaftlicher Stellung findet nicht statt – da war Kunst und Kultur in Salzburg wohl immer schon weniger initial. 

Evolution der Moral: Die Wurzeln der Fairness 
https://www.spektrum.de/magazin/evolution-der-moral/1354593

 „Nicht die Religion, sondern die Evolution hat die Moral erfunden, …  Alles hat ganz einfach begonnen. … auch unser Denkvermögen und Verhalten. Die Vorstellung, dass unsere Moralität nichts mit diesen bescheidenen Anfängen zu tun hat, wurde uns von der Religion eingetrichtert und von der Philosophie übernommen!“

Moral benötigt Wahrhaftigkeit, mehr als Ehrlichkeit, Wahrheit, selten Wirklichkeit!

Wahrhaftig bleiben: Die Kunst, wahrhaftig zu leben!

https://karrierebibel.de/wahrhaftig-bleiben/

„Unwahrhaftigkeit wird auch Pharisäismus genannt. … meint, dass man … anderen gegenüber im Denken, Reden, Verhalten und Tun falsch und heuchlerisch verhält, sich nach der gängigen Meinung und dem, was gerade gefällt oder gut ankommt, richtet und dabei seine eigenen Vorteile sucht.

 Wahrhaftigkeit verbindet sich mit dem Gewissen des Menschen, das ein Kompass für richtig und falsch ist. Auch kann nur der wahrhaftig leben und wirken, der sich umfassend, entsprechend seinem Stand und seinen Möglichkeiten, informiert. Wer wahrhaftig sein und bleiben will, muss auch zuhören und nachdenklich sein und echten Dialog mit seinen Mitmenschen führen sowie sich der Kritik anderer aussetzen.

Wahrhaftigkeit ist in allen menschlichen Beziehungen unabdingbar. …“.

Wie sinnvoll ist Authentizität?

https://www.deutschlandfunkkultur.de/philosoph-wolfgang-engler-wie-sinnvoll-ist-authentizitaet.2159.de.html?dram:article_id=384377

„Wie sind Menschen denn wirklich?… Was sagen Philosophen, Anthropologen, Leute, die sich mit Menschen beschäftigen, dazu: Wie sind Menschen wirklich, was ist ihre Wirklichkeit?…Darf ein weißer, privilegierter Schauspieler einen Schwarzen spielen, einen Flüchtling, einen Obdachlosen?“

Ausführliche philosophische Perspektive:

Das Paradox der Wahrhaftigkeit: Die Rolle des Schauspielers bei Diderot und Brecht

https://www.grin.com/document/135752

 

Sollen Theater und Film als Genussmittel oder Lehrmedien verstanden werden? Welche Verantwortung tragen sie und wie gehen wir mit dieser Verantwortung um.

 

Das Wort „Wahrhaftigkeit“ stammt aus dem Lateinischen „Veracitas“, es benennt die „Charakterdisposition, die bewirkt, daß man Lügen und täuschenden Verhaltensweisen abgeneigt ist“. So könnten wir in diesem Zusammenhang auch den Begriff der Wahrheitsliebe bzw. des Wahrheitsliebenden einführen!“

Tim Theo Tinn 31. Juli 2020

TTT‘s Musiktheaterverständnis ist subjektiv davon geprägt keine Reduktion auf heutige Konsens- Realitäten, Yellow-Press (Revolverpresse) – Wirklichkeiten in Auflösung aller konkreten Umstände in Ort, Zeit und Handlung zuzulassen. Es geht um Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind.

Profil: 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Inszenierung/Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur= Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. (Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden). TTT kann man engagieren.

 

 

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