Eröffnung des Rheingau Musikfestivals am 3. Juli 2021 via 3sat im Kloster Eberbach/ELTVILLE AM RHEIN
Lichtermeer der Harmonien
Das Sinfonieorchester des hessischen Rundfunks eröffnete dieses Benefizkonzert des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier mit Felix Mendelssohn Bartholdys „Hebriden“-Ouvertüre, die ihre Entstehung einer schottischen Reise verdankt. Das bezaubernde Lichterspiel der Harmonien und Motive wurde vom Sinfonieorchester des hessischen Rundfunks unter der Leitung von Andres Orozco-Estrada facettenreich ausgekostet. Ein wogendes Meeresidyll entwickelte sich über der opulenten Akustik wie von selbst. Das Hauptmotiv erinnerte mit Macht an die Fingalshöhle – und auch die bildhaften Themen kamen nicht zu kurz. Augustin Hadelich (Violine) war anschließend der bravouröse Solist im Violinkonzert in d-Moll op. 47 von Jean Sibelius, dessen thematische Vielfalt hier hervorragend herausgearbeitet wurde. Und auch der rhapsodische Kadenzenreichtum kam bei Augustin Hadelichs höchst sensibler Wiedergabe nicht zu kurz. Und das charakteristische Hauptthema des ersten Allegro-moderato-Satzes zeigte großen Klangfarbenreichtum, den auch Andres Orozco-Estrada mit dem Sinfonieorchester des hessischen Rundfunks wirkungsvoll auskostete. Das lyrische zweite Thema wurde von Hadelich ebenfalls mit wunderbarer, sphärenhafter Ebenmäßigkeit vorgetragen. In der frei entwickelten Durchführung triumphierten Orchester, Dirigent und Solist nochmals in eindrucksvoller Weise. Der kadenzfrohe Solopart besaß äusserst virtuose Glanzpunkte. Die elegische Wärme des zweiten Satzes erreichte bei dieser Wiedergabe ebenfalls eine nuancenreiche Intensität. Und der Zauber des Rondo-Finales mit seinen elektrisierenden Rhythmen und der unbeschwerten Solostimme zeigte eine geradezu hymnisch-ekstatische Intensität. Zum Abschluss erklang noch die Sinfonie Nr. 5 in D-Dur op. 107, die so genannte „Reformationssinfonie“, von Felix Mendelssohn Bartholdy. Hier konnte das Sinfonieorchester des hessischen Rundfunks weitere Glanzpunkte setzen. Die beiden geistlichen Melodien dieses im Jahre 1830 entstandenen Werkes kamen bei der transparenten Wiedergabe ausgesprochen klar und leuchtkräftig zum Vorschein. Der Klangzauber dieser zur Dreihundertjahrfeier der Augsburger Konfession geschriebenen Sinfonie entfaltete sich immer wieder machtvoll. Dies galt für den gewaltigen Luther-Choral „Ein‘ feste Burg ist unser Gott“ ebenso wie für das „Dresdener Amen“, dessen liturgische Melodie später von Richard Wagner in seinem „Parsifal“ verwendet wurde. Vor allem die ausgedehnten polyphonen Passagen wurden vom Sinfonieorchester des hessischen Rundfunks unter der Leitung von Andres Orozco Estrada akribisch herausgearbeitet. Einflüsse von Bach und Händel blieben zwar dezent im Hintergrund, waren aber spürbar. Begeisterter Schlussapplaus in der gut besuchten Basilika. In seiner Begrüßungsanspache verbreitete der Bundespräsident Optimismus. Er hoffe auf einen positiven Neuanfang nach der schwierigen Corona-Zeit.
ALEXANDER WALTHER