Bregenz: REKORD -ABSCHLUSS DER 1. SAISON DER NEUEN ÄRA IN BREGENZ – ELISABETH SOBOTKA KOMBINIERT HIRN UND QUOTE
Das Gespräch führte Dr. Peter Dusek im August 2015
Elisabeth Sobotka. Foto: Bregenzer Festspiele
Strahlende Gesichter zur Abschluss-Pressekonferenz der Bregenzer Festspiele 2015. Die Auslastung von See (Turandot) und Haus (Contes d’Hoffmann) war mit 98 Prozent perfekt, die Kritiken weitgehend positiv – auch für die neue Oper von Peter Eötvös „Der goldene Drache“. Und internationale Beachtung fand vor allem die Offenbach-Neudeutung von „Hoffmann’s Erzählungen“ in der anspruchsvollen Regie von Stefan Herheim. Die End-Vierzigerin aus Wien hat jedenfalls das „Lachen“ zur Maßeinheit ausgerufen. Und sie ist auf die tolle TV-Quote der Turandot (mehr als 250.000 !) ebenso stolz wie auf die Mozart-Produktion Cosi fan tutte im alten Kornmarkt-Theater. Elisabeth Sobotka kombiniert offenbar Hirn mit Quote. Doch wer ist Elisabeth Sobotka, die bei Ioan Holender begann und über Berlin und Graz zur idealen Kandidatin für Bregenz avancierte?
D. Wie gut kommen Sie mit Joan Holender aus?
S. Ausgezeichnet! Ich würde ihn fast als Freund bezeichnen! Er war übrigens zu den Premieren in Bregenz!
D. Aber verkörpern sie nicht als Frau einen konträren Führungsstil?
S. Ich glaube nicht, dass es sich um einen Gegensatz „Mann-Frau“ handelt. Führung im alten Sinn war patriarchisch, hierarchisch und von wenig Lachen geprägt. Moderner Führungsstil – und zu dem rechne ich mich auch – setzt auf Teamwork, der Chef hat gute Laune zu verbreiten, Probleme zu lösen und Streitigkeiten zu minimieren. In diesem Sinn habe ich „Unterhaltungskünstler“ zu sein – ich liege da aber voll im Trend!
D. Wollten Sie je etwas anderes als Operndirektor werden?
S. Im Grunde nie. Schon bei Beginn des Studiums – Musikwissenschaft und Theaterwissenschaft war klar, dass ich in der Welt des Musiktheaters landen wollte.
D. Wie kam es zu Ihrer Opernbegeisterung?
S. Es war tatsächlich eine Tosca an der Wiener Staatsoper mit Placido Domingo im Jahr 1980. Der spanische Tenor musste damals die Sternenarie wiederholen. Es ging zu wie bei einem Pop-Konzert.
D. Ihr Markenzeichen ist aber längst das moderne Regietheater, Beispiel Herheim?
S. Ja ich habe mich rasch vom Stimm-Fetischisten zum „Neudeutungs-Fanatiker“ entwickelt. Und ich arbeitete als Student nicht nur bei der Jeunesse Musical, bei den Salzburger Festspielen sondern auch bei Truppen wie der „Neuen Oper Wien“. Bei der Zauberflöte in Steinhof war ich zwei Monate Assistentin von Oliver Tambosi.
D. Und Oliver Tambosi wird die wiederentdeckte Hamlet-Oper von Franco Faccio betreuen. Apropos Team-Treue: mit Stefan Herheim haben Sie in Graz innerhalb von drei Jahren 6 Produktionen herausgebracht. Darf man das auch in Bregenz erwarten?
S. Da muss ich schon um Geduld bitten!
D. Wie würden Sie ihren Charakter skizzieren:
S. Neugierig, begeisterungsfähig, aufgeschlossen, fleißig und beharrlich…
D. Als Sie 2005 bei Holender vorgesprochen haben, fiel der Ausspruch „belastungsfähig“! Sind die Lehrjahre in Wien wichtig?
S. Da übersieht man, dass die Prägejahre für mich vor der Wiener Staatsoper lagen. Ich kam 2002 nach Leipzig zu Udo Zimmermann (den Komponisten der Weißen Rose) – und dort kam ich direkten Kontakt zu Peter Konwitschny und dem Erbe von Ruth Berghaus.
D. Gibt es beim modernen Regietheater Grenzen?
S. Die Neudeutung darf niemals auf Kosten der Musik gegen. Sie darf provozieren, aufrütteln aber letztlich aus einem Ringen um „Werktreue“ entstehen.
D. Nächstes Jahr werden Sie mit einer Wiederentdeckung aufwarten. Sie spielen eine Hamlet-oper des Boito-Freundes Franco Faccio. Er war der Dirigent der Otello-Uraufführung. Wie kamen Sie auf dieses Stück „Amleto“, das nach 130 Jahren wieder gespielt wurde.
S. Da spielt der Zufall mit. Mein Lehrer an der Uni in Wien, Professor Kantor, empfahl mir eine Diplomarbeit über Franco Faccio. Ich nahm das Thema an. Es gab keine Noten, keine Tonbeispiele. Und nun propagiert Ricordi die Oper von Faccio. Da musste ich doch prompt zuschlagen…
D. Ein Porträt der Wienerin Elisabeth Sobotka – die mit dem Kabarettisten übrigens nicht verwandt ist – wäre wohl unvollständig ohne Erwähnung des Sohnes Felix. Er ist ganze 11 Jahre alt, geht in Bregenz zur Schule und freut sich wie die Frau Mama aufs Skifahren im Winter. Der Vater ist Dirigent und zur Zeit Leiter der Oper von Kopenhagen. Michael Boder pendelt nun oft nach Vorarlberg. Und im September fährt Elisabeth Sobotka nach Kopenhagen. Ja und dann gibt es noch die Frau Mama von Elisabeth Sobotka. Sie sorgt durch ihren Einsatz dafür, dass es doch so etwas wie ein Privatleben gibt.
D. Ich danke für das Gespräch!
Peter Dusek