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EISENSTADT/ Haydnfestival/ Schloss Esterházy: SIMONE KERMES & The Clarinotts & Daniel Heide (Klavier)

13.09.2016 | Konzert/Liederabende

12.09. 2016 : HAYDN FESTIVAL EISENSTADT 2016  – Letztmals im Schloss Esterházy Haydnsaal

Simone Kermes & The Clarinotts & Daniel Heide (Klavier)

Auszeit vom Opernbetrieb bei Haydn, Mahler, Mozart, Schubert

Bildergebnis für haydn festival

 Welche Attribute hat man der deutschen Sopranistin Simone Kermes in den letzten Jahren verpasst:  „The Crazy Queen of Baroque“ ist nur eins von ihnen.

Davon scheint sich Simone Kermes erfolgreich frei zu strampeln, sie will sich (ähnlich wie Elisabeth Kulman!) nicht im heutigen Opernbetrieb, für sie fernab aller Wahrhaftigkeit und nur „auf Zirkus und Spektakel aus“, verschleißen.

Folge ist eine „Auszeit vom Opernalltag“, hin zu Soloabenden oder (wie gerade eben in Eisenstadt) als Teil eines kleinen, „familiären“ Ensembles, das beim Motto „Haydn & Böhmen“ nichts dem künstlerischen Zufall überlassen will. Selber Verantwortung tragen und nicht Rädchen eines oft genug „verlogenen Systems“ zu sein, wie sie nicht müde wird zu betonen.

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Copyright: Andrea Masek

Also: Ein Abend, speziell für das Haydn-Festival konzipiert und nicht einer, wie er in  Tourneen zehn-, zwanzigmal abgespult wird. Apart die Zusammensetzung. Abwechslungsreich der Programmablauf. Drei Klarinetten – „The Clarinotts“, bestehend aus Vater Ernst Ottensamer, seines Zeichens langjähriger Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker und seinen beiden Söhnen Daniel und Andreas Ottensamer. Auch sie Solokarinettisten bei den Wiener bzw. Berliner Philharmonikern. Dieses Trio hat längst Kultstatus erreicht. Als vierter im Bunde der Instrumentalisten : Der aus Weimar stammende Pianist Daniel Heide, einer der besonders gefragten Liedbegleiter seiner Generation.

„Mahler & More“ wurde getitelt. Vokale und instrumentale Vielfalt. Haydn nimmt uns zuerst auf eine Feldparthie“ mit, welche (ist halt Haydn!) drei Bassetthörner in Wahrheit weit mehrals bloß musikalisch „untermalen“, wie das für damalige „Adelsgesellschaften“ wohl vorgesehen war. Das Publikum ist animiert dabei – und appaudiert nach jedem der vier Sätze. Simone Kermes setzt mit vier Haydn-Liedern fort, wobei vor allem die beiden englischen Kanzonetten  („Sailor‘s Song“, mit burschikoser Attacke und The Wanderer“mit schon fast Schubert‘scher Melancholie) gefallen konnten.

Enttäuschend allerdings die Mahler-Lieder (sowohl jene aus „Des Knaben Wunderhorn“ als auch drei Rückert-Lieder). „Ich atmet einen linden Duft“und „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ benötigen doch eine vielfältigere Farbpalette, welche die Stimme der Kermes (an sich schon durchaus gewöhnungsbedürftig) einfach nicht hergibt. Und auch die kindliche Naivität für „Hans und Grete“oder das „Rheinlegendchen“ ist ihr anscheinend nicht gegeben. Das gerät ihr bloß neckisch und somit outriert.

Toll dafür die Arie des Sesto aus dem 1. Akt von Mozarts La Clemenza di Tito, „Parto, parto, ma tu ben mio“, die mit dem Paradestück für die Bassklarinette. Hier brennt der Koloratursopran, angefeuert vom grandiosen Andreas Ottensamer, ein Feuerwerk an Fiorituren ab. Erstmals Jubel nach viel Höflichkeitsapplaus. Schließlich gelingt (auch dank des „Sängers auf Augenhöhe“ an der Klarinette, diesmal Daniel Ottensamer) Schuberts wundersamer „Hirt auf dem Felsen“, DV 965 aus dem Todesjahr 1828 bewegend. Die Stecknadel konnte man fallen hören…

Überhaupt hatten The Clarinotts“großen Anteil am Gesamterfolg des Abends: Wie sie die Piecen Haydns, Dvoraks (Legenden op. 59) und Georg Druschetzkys (1745 – 1819, herrlich übermütige Gebrauchsmusik, hat jemand schon einmal diesen Namen gehört?) servierten: Das festigte einmal mehr den sagenhaften Ruf dieses Kult-Trios. Souverän und seriös Daniel Heide am Piano.

Zu welchen Grabenkämpfen der „Kulturbetrieb“ führen kann, zeigte in den letzten Monaten, sogar Jahren, das unschöne Gezerre um das Bespielen des wunderbaren, akustisch konkurrenzlosen Haydnsaals des Eisenstädter Schlosses Esterházy. Seit 1989 fand hier das  vom Intendanten Dr.WalterReicher zu ungeahnten Höhen und Weltgeltung katapultierte Haydn-Festival statt. Reicher brachte gemeinsam mit dem Gründer der Österreich-Ungarischen Haydn Philharmonie, Adam Fischer, das Wunder zustande, dass diese Festtage in den ersten September-Wochen am Original- und Idealschauplatz für die Musik des Joseph Haydn in kürzester Zeit identitätsstiftend im Burgenland und jenseits des gerade nieder gerissenen Eisernen Vorhanges  wirkten, darüber hinaus  Publikum aus aller Herren Länder (besonders aus Großbritannien) nicht bloß anlockte, sondern für knapp zwei Wochen heimisch werden ließ.

Der „Hausherr“, die „Esterházy-Stiftung“, will just zur selben Zeit eigene Festspiele durchführen, hat nun dem Haydn-Festival den Mietvertrag gekündigt und höchst erfolgreiche Festspiele quasi delogiert. Soweit, so ärgerlich. Walter Reicher klagte aber nicht lange über vergossene Milch, sondern stellte in atemberaubend kurzer Zeit ein Nachfolgefestival auf die Beine. Ab 2017 also das 29. Haydnfestival: HaydnLandTage“ mit dem Motto „Haydn & Paris“, vom 24.8. bis 3.9. 2017, um dem künftigen Festival von „classic.Esterhazy“in Eisenstadt,“Herbstgold“ (6.9.-16.9. 2017), nicht in die Quere zu kommen.

Man spielt von der Universitätskirche Wien über Rohrau bis Kittsee, von Schloss Halbturn bis Fertöd (!), von Frauenkirchen über die Mole West (!) bis Raiding und die Bergkirche in Eisenstadt. Mischa Maisky, Sir Neville Marriner, Piotr Beczala, Renaud Capucon, Erwin Ortner, der Arnold Schoenberg Chor und das Wiener Kammerorchester  werden kommen. Und Adam Fischer geht dem Festival nicht verloren, er kehrt mit dem Danish National Chamber Orchestra wieder.

Das detaillierte Programm ist über www.haydnfestival.at abrufbar – und auch der Festspielfolder liegt bereits auf!

Karl Masek

 

 

 

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