Ab 26. September 2014 in den österreichischen Kinos
EIN SOMMER IN DER PROVENCE
Avis de mistral / Frankreich / 2014
Regie: Rose Bosch
Mit: Jean Reno, Anna Galiena, Chloé Jouannet, Hugo Dessioux, Lukas Pelissier u.a.
Eine Teil-Familie im Zug: Oma fährt mit drei Enkeln (ein männlicher und ein weiblicher Teenager und ein taubstummer kleiner Junge) in die Ferien in die Provence. Auch wenn die familiären Verhältnisse nicht so schaurig üblich-schlecht wären (Papa hat die Familie verlassen, Mama hat einen Ferien-Job in Kanada bekommen und schiebt die Kinder zu den Großeltern ab, von denen sie eigentlich total entfremdet ist), würden die beiden Teenager vermutlich genau so schlecht gelaunt und pappig sein, wie sie sich hier benehmen. Die „heutige Jugend“, kein Vergnügen für alle, die nicht mehr jung sind.
Opa, der auf seinem einsamen Gut in der Provence lebt, tut auch gar nicht so, als ob er sich freute, dass die Gattin da die Enkel anschleppt. Und sagen wir ehrlich, dass die anfänglichen Reibereien und – natürlich! – die schließliche Annäherung der Generationen so gut wie allen Klischees folgt, die man sich nur ausdenken kann: Rose Bosch hat das geschrieben und inszeniert – und dennoch ist ein schöner Film daraus geworden.
Erstens ist es wohltuend, Jean Reno einmal nicht als coolen Verbrecher, sondern als Mann aus dem Volk zu sehen, der nicht nur ein knurriger Opa zu den älteren Kindern, sondern ein liebevoller Spielkamerad für den kleinen Jungen ist (aus dessen Behinderung keinerlei Kitsch gemacht wird – so entzückend der kleine Lukas Pelissier als Theo auch ist). Er ist ein Mann, der in der dörflichen Trink-Runde seinen respektierten Platz hat, selbst wenn er gelegentlich etwas zu viel bechert, ein Mann, der (und das ist berührend) mit seinen geliebten Olivenbäumen spricht und der schließlich auch eine bewegte Vergangenheit ahnen lässt, als seine alten 68er-Freunde auftauchen, mit denen er (und die damals noch über die Maßen flotte Oma) durch die Welt gezogen ist…
Diese Szenen mit den alten Freunden, die völlig aus seinem Leben verschwunden waren und die der Enkel per Facebook aufgestöbert hat, sind übrigens auch nicht sentimental, aber sehr signifikant. Sie zeigen, wie die Oldies, die ihren Lebensstil nie gewechselt haben und noch immer in Leder oder indischen Kleidern auf ihren Motorrädern unterwegs sind, eine (belächelte, aber von ihnen bewusst gewählte) Lebensalternative zu jenen darstellen, die sich ja doch bürgerlich niedergelassen haben…
Die Enkel finden in dem Moment einigen Spaß am Dorfleben, als es interessante Sexualangebote gibt, wobei die Enkelin noch aus den Klauen eines notorischen Playboys (Tom Leeb) befreit werden muss und der Enkel von dessen verführerischer Dorfschönheit-Schwester (Aure Atika) bezaubert ist… das ist dann wieder das übliche Kintopp. Unüblich ist, was Reno, was an seiner Seite Anna Galiena und auch die für ihre Figuren ganz typischen Jungen (Chloé Jouannet und Hugo Dessioux) leisten.
Und so wie Rose Bosch die Landschaft der Provence filmt, dass sie atmet, lebt, ja geradezu glüht… das ist ein Fest der Schönheit, in das sich diese letztlich total harmonisierende Familiengeschichte liebevoll einfügt.
Renate Wagner