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Edward CLUG (Choreograph des Wiener „Peer Gynt“: „Don´t give up on love“

16.01.2018 | Tänzer

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Probenfoto mit Edward Clug und Nina Poláková (Solveig)- Fotocredits: Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Im Gespräch mit Edward Clug: „Don´t give up on love“

Anlässlich der bevorstehenden Ballettpremiere von „Peer Gynt“ erläutert der Choreograf Edward Clug seine Intentionen zum Stück. Die Geschichte über den nordischen Sonderling Peer Gynt hat Henrik Ibsen zunächst in seinem gleichnamigen Versdrama thematisiert, bevor er daraus einige Jahre später auch eine Bühnenfassung machte. Dafür komponierte Edvard Grieg seine Schauspielmusik „Peer Gynt“, aus der er dann seinen beiden „Peer Gynt“-Suiten zusammenstellte. Edward Clug übersetzt mit seiner Choreografie die Geschichte von Peer Gynt in seine ihm eigene zeitgenössische Tanzsprache als Handlungsballett.

Edward Clug erhielt seine Ballettausbildung in Cluj-Napoca. 1991 wurde er als Erster Solotänzer ans Slowenische Nationaltheater in Maribor engagiert, war aber gleichzeitig noch Gastsolist beim Zagreb Ballet. Fünf Jahre später erhielt er die Einladung am Slowenischen Nationaltheater seine erste Choreografie zu kreieren: das Ballett „Babylon“, zwei Jahre später schuf er mit „Tango“ sein erstes abendfüllendes Ballett. 2003 wurde er zum künstlerischen Leiter des Balletts in Maribor ernannt. Mit „Radio & Juliet“ (2005 entstanden) machte er international Furore und seine Compagnie wurde weithin bekannt. Weitere Choreografien folgten. Große Bekanntheit erzielte er auch durch seine Arbeiten für das Stuttgarter Ballett, als Reid Anderson ihn einlud, für seine Truppe zu choreografieren. In dieser Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Ensemble entstanden bislang „Pocket Concerto“ (2009), „Ssss“ (2012), „No Men´s Land“ (2014) sowie zur Festwoche „20 Jahre Reid Anderson“ der Pas de deux „Daydreamers“.

Edward Clug hat bereits zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, darunter u.a. den höchsten slowenischen Kulturpreis, weiters wurde ihm der Preis für die beste zeitgenössische Choreografie beim 18. Internationalen Ballettwettbewerb in Varna verliehen sowie jeweils die Bronze-Medaille beim Internationalen Ballett- und Choreografie-Wettbewerb in Moskau und beim 4. Internationalen Ballettwettbewerb in der zeitgenössischen Kategorie in Nagoya sowie ebendort den Spezialpreis für die beste Choreografie. Außerdem wurde er für „Quatro“ für den russischen Preis „Goldene Maske“ nominiert. Dieses Stück hat er für die Marijinski Startänzer Denis Matvijenko, Leonid Sarafanov, Olesja Novikova und Anastasia Matvijenko kreiert.

Wie kam es dazu, Peer Gynt als Ballett herauszubringen?

Als er ans Slowenische Nationaltheater in Maribor engagiert wurde, tanzte er dort als erstes Stück in Vazlav Orlikowskys „Peer Gynt“, und auch das Theaterstück „Peer Gynt“ war gerade aktuell. Die Thematik beschäftigte ihn über mehrere Jahre, bevor er sich tatsächlich so weit fühlte, die Choreografie anzugehen und umzusetzen. „Es war wie eine kleine Wolke rund um mich“, erzählt er. „Da war dieser Impuls in mir, diese Geschichte auf meine Art und Weise zu erzählen und die klare Botschaft zu vermitteln, aber es hat einige Zeit gedauert bis ich dazu bereit war. Eigentlich dachte ich, dass Handlungsballette im klassischen Sinn ins 20. Jahrhundert gehören, dass diese Zeit vorbei sei und Choreografen wie John Cranko oder John Neumeier hier Großartiges geschaffen haben. Auf der anderen Seite ließ mich der Stoff nicht los und ich wollte unbedingt daraus ein Ballett machen. Reid Anderson ermutigte mich, doch  ein abendfüllendes Ballett herauszubringen, aber damals fühlte ich mich noch nicht bereit dazu und ich benötigte auch Zeit um alles in Ruhe durchzudenken, denn bei Ibsen gibt es mehrere Aspekte wie das reale Dorfleben und die phantastische Welt der Trolle. Peer Gynts Charakter entwickelt sich, indem er vor sich selbst davon läuft. Es ist etwas Anderes, ein Stück in einem Guss von der Dauer einer guten Stunde zu kreieren oder ein mehraktiges Handlungsballett.“ Das Szenario hatte Clug zwei Jahre nach seinem ersten Gedanken an dieses Sujet für sich aufgebaut. Bei seiner intensiven gedanklichen Vorarbeit beschäftigte er sich natürlich auch mit der zu verwendenden Musik. Ursprünglich wollte er keine Komposition von Grieg einsetzen, aber je mehr er sich von Grieg entfernen wollte, umso mehr „verfolgte“ ihn dessen Musik. Um Ibsens Werk konsistent für seine Ballettversion zu machen, kam er schließlich doch auf Grieg zurück, den er gleichsam wieder entdeckt hat. So verwendet er u.a. Musik aus einem Streichquartett oder auch den 3. Satz von einem Klavierkonzert sowie die Peer Gynt-Komposition von 1876. Von der ersten Idee zu „Peer Gynt“ bis zur Uraufführung 2015 in Maribor dauerte es schließlich vier Jahre. Bereits für „Tango“ hat Edward Clug mit dem Kostümbildner Leo Kulaš und dem Bühnenbildner Marko Japelj zusammengearbeitet, die beiden sind nun auch bei „Peer Gynt“ für die Ausstattung verantwortlich. Das Lichtdesign stammt von Tomaž Premzl.

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Peer Gynt: Alice Firenze und Jakob Feyferlik. Fotocredit: Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Für Clug geht es in diesem Stück nicht um ihn als Choreograf, denn dieses Werk unterscheidet sich von seinen früheren und späteren Arbeiten, sondern es ist ihm wichtig mit seiner Interpretation von Ibsen bei diesem einzigartigen Held die aktuelle Bedeutung sichtbar zu machen. Denn auch im 21. Jahrhundert hat uns „Peer Gynt“ noch etwas zu sagen. Der Choreograf erklärt: „Sein Charakter offenbart sich bereits in der ersten Szene – anstatt arbeiten zu gehen, jagt Peer Gynt den großen weißen Hirsch. Seine Botschaft an uns lautet: „Glaube immer an die Liebe, das Leben ist kurz. So oft realisieren wir das erst zu spät, dass wir an so viele verschiedene Orte schauen und damit das Naheliegende, die richtige Person  übersehen. Es ist nie zu spät sich darauf zu besinnen.“

Die Einstudierung dieser Choreografie ist die erste Arbeit von Edward Clug in Wien. Ballettchef Manuel Legris hatte das Ballett 2016 beim Frühlingsfestival in St.Petersburg gesehen und war sofort begeistert. „Er hat mich dann angerufen und gefragt, ob ich dieses Stück in Wien einstudieren will. Ich sagte sofort zu. Es ist eine große Ehre für mich hier sein zu können.

Wie gestaltet sich die Arbeit mit dem Wiener Staatsballett?

„Wir hatten einen intensiven Prozess, wir erarbeiten das Stück mit einigen kurzen Unterbrechungen seit September. Ich habe zwei Besetzungen ausgewählt, beide Casts sind prädestiniert für ihre jeweiligen Rollen, aber doch in ihren Persönlichkeiten sehr unterschiedlich, also habe ich auch unterschiedlich mit ihnen die Partien erarbeitet. Die Tänzer entdecken sich selbst in den jeweiligen Rollen. Jakob Feyferlik wird die Premiere tanzen, die Alternativbesetzung ist Denys Cherevychko. Das sind zwei komplett verschiedene Tänzer, die in ihrer Interpretation durch ihre Bewegungen die Gedanken des Peer Gynt überbringen. Ich bin sehr glücklich und zugleich schon ungeduldig und neugierig, die Premiere mit der Compagnie und dem Publikum zu erleben.“

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Peer Gynt: Jakob Feyferlik, Alice Firenze. Fotocredit: Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

In der Premiere am 21. Jänner und den Reprisen am 22., 24.1. und 1.2. tanzt neben Jakob Feyferlik in der Titelrolle Alice Firenze die Solveig, Andrey Kaydanovskiy verkörpert den Tod, Roman Lazik ist der Hirsch, Ioanna Avraam die Braut Ingrid und Rebecca Horner die Frau in Grün. In den beiden Vorstellungen am 27.1. und 30.1. sind Denys Cherevychko (Peer Gynt), Nina Poláková (Solveig), Eno Peci (Tod), Zsolt Török (Hirsch), Eszter Ledán (Ingrid, die Braut) und Nikisha Fogo (Frau in Grün) zu sehen.

Es singen Chorakademie und Extrachor der Wiener Staatsoper; Pianistin ist Shino Takizawa; es dirigiert Simon Hewett.

Vor der Premiere am Sonntag, 21. Jänner 2018 findet um 18.00 Uhr (Vorstellungsbeginn 18.30 Uhr) eine Werkeinführung mit Choreograph Edward Clug im Gustav Mahler-Saal statt.  Die Werkeinführung kann im Rahmen des Vorstellungsbesuchs kostenlos besucht werden. Restkarten sind an den Bundestheaterkassen sowie online erhältlich.

Was wünscht er dem Publikum im Hinblick auf seinen „Peer Gynt“?

„Sit back, enjoy and let yourself become part of this experience!“

Ira Werbowsky

 

 

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