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DVD Richard Wagner: DIE WALKÜRE (Salzburg 2017)

12.12.2017 | CD/DVD/BUCH/Apps, dvd

DVD Cover Wagner, Walküre, Thielemann, Salzburg~1

DVD
Richard Wagner:
DIE WALKÜRE
Salzburger Osterfestspiele, April 2017
2 DVDs,
c major

Es gab viel Gerede und es gab viele Zweifel: 50 Jahre nach Karajan, als dieser mit einer szenischen „Walküre“ die Osterfestspiele in Salzburg etablierte, hatte sein „Nachfolger“ (es gab viele dazwischen!) Christian Thielemann die Idee einer „Re-Kreation“: Er wollte diese „Walküre“ in dem rekonstruierten Bühnenbild der ersten Opernproduktion der Osterfestspiele Salzburg von 1967 zeigen, auch eine kleine Verbeugung vor Günther Schneider-Siemssen (1926-2015), der schließlich für die Ästhetik des Karjan’schen Opernschaffens zuständig gewesen ist. Dass Vera Nemirova „inszenieren“ sollte, vernahm man nicht ohne Sorge, aber sie hielt sich zurück – man merkte ihr Walten kaum. Ideal.

Und darum ging es möglicherweise Christian Thielemann. Man kann sich gut vorstellen, dass er Karajans Idee teilte, lieber das Werk an sich auf der Bühne zu sehen als die Interpretation eines Regisseurs, die ja dann – aus seiner Sicht ist das berechtigt –letztlich von der Musik ablenkt, weil die Konzentration eines irritierten Publikums abgezogen wird.

Dazu gibt es hier szenisch keine Gelegenheit. Das Bühnenbild von Schneider-Siemssen hat noch immer den herrlichen „Ring“-Schwung (Autobahn-Auffahrt hat man vor 50 Jahren seinen runden Steg, der sich über die Bühne zieht genannt). Eine mächtige Eiche, ein Fauteuil (an den man sich gar nicht erinnert), ein paar Walküren Flügelhelme (tatsächlich), Fricka im eleganten Abendkleid, enttäuschend am Ende nur der „Feuerzauber“, von paar von Menschen getragene Fackeln, wo Wagners Musik doch einen Feuersturm verheißt.

Solcherart war alles minimalistisch genug, um nicht aufzufallen und sich der „Monumentalität“ nicht entgegen zu stellen: Archaiisch wirkte das, was Schneider-Siemssen als Raum kreierte, allemale, darin lässt sich prächtig Wagner spielen, einfach aus der Psychologie der Figuren heraus. Und, wie gesagt, keine Ablenkung von der Musik, es sei denn durch die Persönlichkeit der Sänger.

Und diese trumpften auf, alle. Peter Seiffert war – und das ist nicht als Beleidigung gemeint – der einzige, der ein wenig das „Oldie“-Gefühl vermittelte, einfach weil die anderen so viel jünger und lebendiger wirkten. Er kann einen Siegmund noch immer singen, hohe Töne so lange aushalten, wie es eben geht, nur manchmal klingt das Angestrengte dann nicht schön. Seine Schwester hingegen war in Gestalt von Anja Harteros uneingeschränkte Pracht – die schöne Frau, die von Leidenschaft getrieben wird, deren Sopran bei Wagner so wunderbar erblüht. Dagegen stand Georg Zeppenfeld dünn und böse, aber stimmgewaltig, als Hunding.

Ja, so stellt man sich idealerweise eine Brünnhilde vor, wie Anja Kampe, die so blond, strahlend, jugendlich auf die Bühne stürmte und zuerst in Vitalij Kowaljow einen langhaarigen und ähnlich jugendlichen Wotan-Vater hatte: Götter auf dem Höhepunkt ihrer Macht und ihrer Lust. Es hat immer gewundert, dass Kowaljow nach seinem Wotan 2011 an der Scala nicht als „der“ Wotan heute entdeckt wurde – Thielemann holte ihn, und da ist die sehr bassige Stimme, fast belcantesk, die stupende Erscheinung, die Wandlung zum Gott, der in sich zusammen fällt, wenn er nicht nur Sohn Siegmund, sondern auch Tochter Brünnhilde opfern muss… Seine Gatten störte ihn da weniger, so flott und energisch und elegant Christa Mayer als Fricka auch agierte.

Und Anja Kampe ist die Brünnhilde „vor“ der ganz Hochdramatischen, keine Schmetterstimme, sondern noch eine jugendliche, und das steht dieser Göttertochter wunderbar. Schade, dass man zu Ostern 2018 auf eine ganz normale Tosca zurückfällt, statt den „Ring“ weiterzuführen. Karajan hat ihn ja letztendlich auch ganz geschmiedet.

Thielemann und die Dresdener Staatskapelle konnten – weil kein Regiekonzept drei Viertel des Raums der Feuilleton-Besprechungen eingenommen hat – als die unangefochtenen Helden dieser „Walküre“ hervorgehen. Da konnte man dem Text zuhören, der Musik in feinste Verästelungen nachgehen, aber auch ihren Sturm, ihre Kraft empfinden. Wagner regierte, vielmehr Thielemann mit ihm (wie einst Karajan mit ihm), und so „retro“ dieses Ereignis auch sein mochte – ein Ereignis ist es allemale, wunderbar, es auf zwei Scheiben zuhause zu haben.

Renate Wagner

 

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